
Atomausstieg am 31.12. und keinen Tag später
Schreiben Sie den Grünen!- Ein Artikel von Gianna Martini
- Meinung
Ich will, dass deutsche Atomkraftwerke am 31.12. vom Netz gehen. Und keinen Tag später. Denn Atomkraft ist gefährlich - und hilft uns in der derzeitigen Gasmangellage nicht weiter.
Am 31. Dezember hatte ich vor zu feiern – das ist nicht so überraschend, denken Sie jetzt. Ich möchte um Mitternacht aber nicht nur ein neues Jahr begrüßen; ich will auch der Atomkraft in Deutschland endlich auf Nimmerwiedersehen sagen. Das deutsche Atomausstiegsgesetz sieht vor, dass ab 1. Januar 2023 kein Kraftwerk zwischen Flensburg und Garmisch mehr gefährlichen Atomstrom produziert. Dass dieser mühsam erkämpfte Erfolg der Umweltschutzbewegung nun infrage gestellt wird, ist nicht bloß schlecht für meine Partylaune; es ist unverantwortbar gefährlich für unser Land, und das alles für ein verschwindend geringes Mehr an Energie.
Vielleicht haben die Befürworter:innen der Atomkraft, etwa in der bayerischen Landesregierung, die katastrophalen Unfälle in Tschornobyl und Fukushima vergessen. Ich nicht. Ich schaue mit täglich wachsender Sorge auf das größte Atomkraftwerk Europas, Saporischschja in der Ukraine; jeder unverzeihliche Raketeneinschlag auf dem Kraftwerksgelände erinnert daran, dass Atomenergie verheerende Zerstörungskräfte freisetzen kann.
Wir können froh sein, dass wir die AKW in Deutschland endlich loswerden. Damit es auch wirklich so kommt, bitte ich Sie um Ihre Hilfe – lassen Sie die politischen Entscheidungsträger:innen wissen, dass die Bevölkerung dieses Risiko nicht für einige wenige Terawattstunden weiterhin tragen will. Insbesondere die Grünen müssen in der Ampel-Koalition klar Stellung beziehen – auf unserer Mitmach-Plattform Greenwire haben wir Tipps, wie Sie von der Politik gehört werden.
Insbesondere die bayerische Landesregierung macht Stimmung für einen Streckbetrieb der letzten drei deutschen Atomkraftwerke, die noch am Netz sind. Dass der nicht viel bringt, steckt bereits im Wort: Der verbliebene Kernbrennstoff ist nahezu aufgebraucht, durch Rationierung lässt sich damit noch einige Wochen Energie erzeugen. Allerdings nur länger, kaum mehr: Bliebe der Reaktor Isar 2 bei Landshut am Netz (der einzige, der realistisch gesehen überhaupt noch etwas zur Versorgung beitragen kann), ließe sich damit gerade mal ein Prozent der gesamtdeutschen Stromproduktion erzeugen.
Dem gegenüber stehen große Risiken: Alle zehn Jahre werden die deutschen Atomkraftwerke einer periodischen Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Normalerweise. Das ist aber seit 2009 nicht geschehen; wegen des ohnehin angekündigten Atomausstiegs laufen die Meiler seit drei Jahren mit einer Sondergenehmigung. Das ist ein bisschen wie bei einem Auto, das jahrelang ohne Zulassung fährt, weil der Gesetzgeber ein Auge zudrückt.
Aber es geht hier eben nicht um einen altersschwachen Benziner. Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie, bei der Fehler und Unfälle zur Katastrophe führen. Wir haben diese Unfälle erlebt, und wir müssen alles dafür tun, dass sie sich nicht wiederholen. Das geht nur, indem wir die Anlagen abschalten – und zwar am 31. Dezember. Diese Feier lassen wir uns nicht verderben.