Schadstoffe in Outdoormarken
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Ob China, Arktis oder Südafrika - und vermutlich auch bei Ihnen zu Hause: PFC-Chemikalien lassen sich weltweit nachweisen. Sie gelangen in Hausstaub, Trinkwasser und Blut, weil sie in großen Mengen in der Textilproduktion eingesetzt werden. Greenpeace wollte wissen, wie viel davon in unserer Outdoor-Kleidung steckt und hat Jacken und Handschuhe ins Labor geschickt. Und zwar in zwei Jahren hintereinander: 2012 und 2013. Hier die Ergebnisse:
Test 2013
In allen 17 Produkten wiesen zwei unabhängige Labore per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) und andere Schadstoffe nach. An neun der 17 Proben hat Greenpeace erstmals testen lassen, ob die Giftstoffe aus den Textilien auch an die Luft abgegeben werden. Auch das ist der Fall.
"Es kann nicht sein, dass die Outdoor-Branche in Katalogen mit unberührter Natur wirbt, während in den Fabriken gefährliche Chemikalien eingesetzt werden", kritisiert Chemieexperte Manfred Santen von Greenpeace. Das ist vor allem ein Problem in den Produktionsländern, aber auch bei uns sind diese Stoffe zu finden. Hinzu kommt, dass Fluorverbindungen in der Umwelt kaum abgebaut werden können.
"Es ist ein Unding, dass keine Überwachung der flüchtigen PFC stattfindet", so Santen. "Den Firmen - aber auch dem Gesetzgeber - ist bekannt, dass bei der Herstellung von wasserabweisenden Textilien überwiegend leichter flüchtige polyfluorierte Chemikalien eingesetzt werden. Doch es gibt keine Messungen. Nur wenige Labore sind überhaupt in der Lage, diese Untersuchungen durchzuführen."
Handschuh von Mammut überschreitet gesetzlichen PFOS-Grenzwert
Neben den Ausgasungstests untersuchten die Labore auch das Material selber. Handschuhe der Marke Mammut enthielten illegale Konzentrationen der gesundheitsschädlichen Perfluorsulfonsäure (PFOS): Der Wert überschreitet den gesetzlichen Grenzwert von einem Mikrogramm pro Quadratmeter um das Neunfache. Jacken von Schöffel, Jack Wolfskin und Mammut enthielten bedenkliche Konzentrationen der giftigen Perfluoroktansäure (PFOA). Hohe Werte weiterer PFC wie Fluortelomeralkohole (FTOH) wurden in fast allen Jacken festgestellt. Spitzenreiter sind die Jacken von Adidas, Jack Wolfskin, The North Face und Salewa. Bedenklich sind auch einige Test-Ergebnisse anderer Schadstoffe, wie der hormonell wirksamen Weichmacher (Phthalate) oder Nonylphenole.
PFC lassen Wasser und Schmutz von Outdoor-Kleidung abperlen und finden sich auch in den innen liegenden wasserdichten Membranen (zum Beispiel Gore-Tex). Einige PFC können das Immunsystem und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und zu Schilddrüsenerkrankungen führen. Alternativen zu dieser schadstoffbelasteten Outdoor-Kleidung sind bereits auf dem Markt. Dazu zählen Jacken mit PFC-freien Membranen oder Imprägnierungen aus Polyester und Polyurethan. Auch diese Jacken sind winddicht, atmungsaktiv und halten einem Wolkenbruch stand. „Vor dem Kauf sollten Verbraucher prüfen, ob sie eine Jacke für den Gipfelsturm oder den Spaziergang benötigen", rät Santen. "Die schadstofffreien Jacken genügen fast immer.“
Greenpeace fordert die Outdoor-Industrie auf, konkrete Ausstiegsziele für PFC festzulegen und fluorfreie Alternativen weiter zu entwickeln. Im Rahmen der EU-Chemikaliengesetzgebung gehören alle PFC auf den Prüfstand. Seit dem Start der Detox-Kampagne von Greenpeace im Jahr 2011 haben sich 17 große Textilmarken verpflichtet, bis zum Jahr 2020 auf gefährliche Chemikalien zu verzichten.
Test 2012
16 wetterfeste Jacken hatte das UBA getestet. Die Ergebnisse forderte Greenpeace nach dem Umweltinformationsgesetz an. Kaum wurde bekannt, das Greenpeace Interesse an der Schadstoff-Prüfung hat, ließen die Outdoor-Marken Schöffel, The North Face und Vaude sowie die Firma HKM Textil Testergebnisse schwärzen. Sicher ist: In allen Jacken wurden die gesundheitsschädliche Perfluoroctansäure (PFOA) und weitere per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) festgestellt. Nach Greenpeace-Recherchen befinden sich unter den zurückgehaltenen Daten auffällig hohe Werte.
"Die Unternehmen machen den Schadstoffgehalt ihrer Produkte zum Betriebsgeheimnis", sagt Manfred Santen, Chemie-Experte von Greenpeace. "Dabei geht es um gefährliche Chemikalien, die sich global verbreiten und Mensch und Umwelt bedrohen. Wir fordern die Firmen zur Offenlegung des gesamten Prüfberichtes auf."
Greenpeace veröffentlicht heute die Textil-Untersuchung des UBA. Die Dessauer Behörde analysierte zwischen August 2011 und März 2012 Jacken von 13 Herstellern aus den Bereichen Supermarkt (Tchibo, Aldi Süd), Fast Fashion (H&M, C&A), Outdoor (Bergans, Campagnolo, Jack Wolfskin, Mountain Equipment, Schöffel, The North Face, Vaude, Patagonia) und Arbeitskleidung (HKM) auf Fluorchemie. In Jacken von Bergans, Jack Wolfskin und Patagonia wurde PFOA in kritischen Konzentrationen festgestellt. In Proben von Campagnolo, C&A, Jack Wolfskin und Tchibo wurden sogar Spuren der EU-weit verbotenen Perfluorsulfonsäure (PFOS) gefunden.
Mit Gift zum Gipfel - Outdoor-Kleidung steckt voller Fluorchemie
Gemeinsam mit dem UBA fordert Greenpeace, dass PFOA aufgrund seiner schädlichen Eigenschaften ähnlich streng wie PFOS reguliert werden soll. Bereits im vergangenen Jahr hatte Greenpeace Outdoor-Kleidung getestet und krebserregende sowie hormonell wirksame PFC gefunden. Diese Stoffe sind bereits weltweit verbreitet und können in Blut und Muttermilch nachgewiesen werden.
Bisher setzt die Outdoor-Branche, die mit Bildern gesunder Sportler in unversehrter Natur wirbt, häufig gefährliche Chemikalien für Membranen und Imprägnierungen wetterfester Sportmode ein. Dies zeigt sich auch in den neuen Kollektionen auf der gestern eröffneten weltgrößten Messe für Sportmode (ISPO) in München. Trotz des bekannten Einsatzes von gefährlicher Textilchemie ist Vaude einer von 20 Anwärtern für die Corporate Social Responsibility-Auszeichnung der Bundesregierung.
"Textilchemie aus Outdoor-Jacken findet sich bereits überall in der Natur", sagt Santen. "Verbraucher sollten prüfen, ob sie eine Regenjacke für den Gipfelsturm oder einen Spaziergang benötigen. Es gibt fluorfreie Alternativen. Auch diese Kleidung ist winddicht, atmungsaktiv und hält einem Wolkenbruch stand."
Einige Textilhersteller zeigen längst, dass es ohne PFC geht. Levi´s, Zara, Marks & Spencer, Victoria´s Secret, H&M und G-Star haben sich gegenüber Greenpeace verpflichtet, auf alle PFC bis spätestens zum Jahr 2016 zu verzichten. Greenpeace fordert auch von den Outdoor-Marken einen PFC-Verzicht. Mit der Kampagne Detox überzeugte Greenpeace bereits 15 große Textilhersteller, Risiko-Chemikalien durch umweltfreundliche Alternativen zu ersetzen.