Jetzt spenden
Kletterer an Amazon-Logistikzentrum
Daniel Müller / Greenpeace

Demo zum „Amazon Prime Day“ gegen Warenzerstörung

Mit einer eigenen Paketlieferung protestieren Greenpeace-Aktivist:innen vor dem „Prime Day“ auf einem Amazon-Logistikzentrum gegen die sinnlose Zerstörung neuwertiger Waren.

Es gäbe ausreichend Anlässe, Amazon aufs Dach zu steigen: Zum Beispiel wegen der dort herrschenden Arbeitsbedingungen oder aus steuerrechtlichen Gründen. Die Greenpeace-Aktivist:innen, die heute auf einem Logistikzentrum in der Nähe Hamburgs Stellung bezogen haben, protestieren gegen die alltägliche, sinnlose Vernichtung von Neuwaren durch den Onlinehändler. Der Versandriese kriegt darum selbst eine Paketsendung von den Umweltschützern: Aus Lieferkartons haben sie fast 30 Meter lang die Worte „Für die Tonne“ gebaut. Denn genau dort landen etliche Pakete, die bei Nichtgefallen an Amazon zurückgeschickt werden.

Das trübt die Feiertagsstimmung beim Unternehmen: Amazon wappnet sich derzeit für den „Prime Day“ – in Wahrheit sogar zwei Tage, in denen der weltgrößte Onlinehändler rund um den Erdball mit Kampfpreisen um neue Mitglieder für sein Prime-Abonnement buhlt. Gesichtscreme, Turnschuhe, Bluetooth-Lautsprecher – alles so günstig, dass man’s auch kaufen soll, wenn man es gar nicht braucht. Im letzten Jahr haben sich während des Events 89 Millionen Besucher auf der Website angemeldet, rund 100 Millionen Produkte wurden verkauft. Wenn der Kaufrausch zum Kater wird, geht vieles davon postwendend wieder zurück.

Tausende für die Tonne

Und dann oftmals in die Zerstörung. Recherchen von ZDF Frontal mit der Wirtschaftswoche ergaben im vergangenen Jahr, dass Entsorgungs-Teams von Amazon im großen Stil Retouren vernichten. Eine Mitarbeiterin gab an, dass sie pro Tag Waren im Wert von etwa 23.000 Euro schredderte. Das ist nicht nur aus moralischer Sicht empörend, es ist auch ein Umweltproblem. Denn all diese Sachen werden mit endlichen Ressourcen unter hohem Energieaufwand produziert, dann zum Teil über die halbe Welt transportiert. Das ist ein absurd hoher CO2-Fußabdruck für Konsumprodukte, die nie benutzt werden.

Amazon weigert sich bislang, das Ausmaß der Zerstörung mit Zahlen zu Rücksendungen und vernichteter Ware offen zu legen. „Amazon darf das schmutzige Geheimnis zerstörter Retouren und Lagerbestände nicht länger verheimlichen“, sagt Viola Wohlgemuth, Greenpeace-Expertin für Konsum. „Die Kund:innen haben ein Anrecht darauf zu erfahren, wie viele der zurückgesendeten Produkte voll funktionstüchtig zerstört werden.“ 

Ladenhüter werden zum Problem

Warum macht Amazon so etwas Widersinniges? Zum einen hat das mit dem deutschen Steuerrecht zu tun, bei dem es mitunter sogar billiger ist, Waren zu zerstören als sie zu verschenken. Zum anderen liegt das an Marketplace, der Amazon-Verkaufsplattform für externe Händler. Amazon übernimmt für diese Anbieter Logistik und Lagerung. Bei Ladenhütern wird das zum Problem, denn der Lagerplatz wird nach und nach teurer. Amazon bietet zwar die Rücksendung an, doch die ist für den externen Anbieter weit kostspieliger als die Vernichtung, die das Unternehmen praktischerweise gleich mit anbietet. Und so landet viel Lagerware ebenfalls im Schredder.

Nach deutscher Gesetzgebung ist dieser Irrsinn sogar rechtens. Jedenfalls bislang. Im Januar überreichte Greenpeace dem Bundesumweltministerium 145.000 Unterschriften für ein echtes Ressourcenschutzgesetz. Das würde es nicht nur Onlinehändlern, sondern auch Supermärkten oder Bekleidungsketten verbieten, neuwertige Ware zu vernichten. Derzeit wird allerdings bloß die Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetz diskutiert – letztlich ein Appell an die Eigenverantwortung der Konzerne. Zu wenig, findet Viola Wohlgemuth: „Lediglich auf Selbstverpflichtungen der Unternehmen setzen ist realitätsfremdes Wunschdenken. Ressourcenschutz ist Klimaschutz und sollte von Bundesumweltministerin Schulze endlich ernst genommen werden.“

Vogel über Müllberg

Mehr zum Thema

Portrait of Moritz Jaeger-Roschko

“Kreislaufwirtschaft ist viel mehr als Recycling”

Kreislaufwirtschaft klingt nachhaltig. Doch was ist das? Das und wieso der kluge Gedanke der Kreislaufwirtschaft in Deutschland irreführend genutzt wird, erklärt Moritz Jäger-Roschko im Interview.

mehr erfahren über “Kreislaufwirtschaft ist viel mehr als Recycling”
 Passant:innen betrachten Kleiderstatue aus Textilmüll vor dem Brandenburger Tor

Fast Fashion – billig gekauft, teuer bezahlt

Fast Fashion zerstört Umwelt und Ressourcen – nachhaltige Alternativen sind der Weg aus der Wegwerfmode. Black Week und Black Friday heizen den zerstörerischen Konsum nochmal mehr an. Ein Greenpeace-Rechtsgutachten zeigt: Anti-Fast-Fashion-Gesetz auch in Deutschland möglich.

mehr erfahren über Fast Fashion – billig gekauft, teuer bezahlt
Studioaufnahme: Textilien von Shein auf einem Haufen

Schäm dich, Shein

Schnell, billig, rücksichtslos – das ist das Geschäftsmodell des Fast Fashion-Konzerns Shein. Greenpeace hat nach drei Jahren erneut Produkte ins Labor geschickt – mit beunruhigenden Ergebnissen.

mehr erfahren über Schäm dich, Shein
Kleidung auf einem Bügel mit einem Recycling-Schild

9 einfache Tipps für Slow Fashion

Fast Fashion hat sich längst als eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit etabliert. Aus der Fast Fashion-Falle auszubrechen, ist nicht schwer - zeigen unsere Tipps.

mehr erfahren über 9 einfache Tipps für Slow Fashion
Großes Banner "End Fast Fashion" liegt am Strand in Ghana zwischen Textilmüll.

Fast Fashion versus grüne Mode: Fragen und Antworten

Fast Fashion, also schnelle Mode, was ist das? Wer steckt dahinter und warum ist sie problematisch? Hier gibt es Antworten – auch zu den Alternativen.

mehr erfahren über Fast Fashion versus grüne Mode: Fragen und Antworten
Alte Kleider können einfach wiederverwertet werden.

Upcycling: Was heißt das eigentlich?

Aus gebrauchten Materialien werden wieder schöne, nützliche Dinge: Upcycling ist eine tolle Möglichkeit, Überkonsum etwas Nachhaltiges entgegenzusetzen.

mehr erfahren über Upcycling: Was heißt das eigentlich?