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Greenpeace-Aktivisten ersetzen Douglasien durch Buchensetzlinge im April 2012
Bente Stachowske / Greenpeace

Die Douglasie - Retterin in der Not?

Am 12. April 2012 bauten Greenpeace-Aktivisten rund 2.000 Douglasien-Setzlinge aus einem europäischen Schutzgebiet im Spessart vor dem bayerischen Forstministerium auf. Sie protestierten damit gegen die Umwandlung der letzten alten Buchenwälder in Industrieforste. Seitdem wird heiß diskutiert: Ist der Anbau der Douglasie vor dem Hintergrund des Klimawandels zu rechtfertigen?

Bayerns Forstminister ist davon überzeugt. Ein gewisser Anteil an standörtlich passenden Mischbaumarten wie der Douglasie sei sogar sinnvoll und notwendig, um die Wälder widerstandsfähiger gegen Klimaveränderungen zu machen, sagt Brunner. Hierzu einige Fakten:

Bayern 2100 - Ein Klimaszenario

Geht man vom günstigsten Szenario des Klimawandels (B1) aus, dann wird die Temperatur zum Ende des Jahrhunderts um rund 2 Grad ansteigen. Die Niederschläge im Winter werden zunehmen, die Sommer trockener werden.[1] Es wird häufiger zu Dürreperioden kommen, die unser Klima mitprägen.

Douglasien in Deutschland: klimatisch stark eingeschränkt

Die Douglasie (pseudotsuga menziesii) stammt aus dem Westen Nordamerikas. Sie besiedelt ein riesiges Gebiet und kommt dort auf vielen verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen klimatischen Einflüssen vor. Die Douglasien haben sich in ihren Herkunftsgebieten Nordamerikas an die jeweiligen Standortsbedingungen angepasst und genetisch ausdifferenziert.[2]

Die bei uns angebauten Douglasien sind klimatisch betrachtet daher sehr eingeschränkt. Sie brauchen eine lange Vegetationszeit, vertragen keine starke Hitze oder Dürre und ertragen lediglich milde, frostarme Winter.[3] Nur sehr wenige Regionen in Bayern bringen die speziellen klimatischen Voraussetzungen für den Anbau dieser Douglasien mit.[4]

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Dort, wo es jetzt warm und trocken ist, ist die Wasserversorgung für die Douglasie knapp. Mit dem einhergehenden Klimawandel wird die Douglasie in diesen Regionen noch mehr Probleme bekommen. In den kühleren Höhenlagen mit kurzen Vegetationsperioden könnten sich durch den Klimawandel die Bedingungen für die Douglasie etwas verbessern. Pflanzt man die Douglasie allerdings jetzt in diese Regionen, so wird sie aufgrund der kurzen Vegetationsperiode und der Spätfröste stark zu kämpfen haben.

Unmöglicher Spagat

Aufgrund dieser Erkenntnisse müssten die hiesigen Douglasien einen Spagat bewältigen: Baut man sie heute auf Standorten mit für sie guten Wuchsbedingungen an, wird sie an diesen Standorten unter den Folgen des Klimawandels in Trockenstress geraten. Baut man sie dort an, wo sie sich zukünftig wohlfühlen könnte, wird sie zurzeit noch unter zu kurzen Vegetationsperioden und Spätfrösten leiden.

Nach Veröffentlichungen von Kölling, (Abteilungsleiter im Bereich Standortkunde, Baumartenwahl und Wälder im Klimawandel der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und einer der führenden Wissenschaftler in diesem Bereich) ist der erfolgreiche Anbau von Gastbaumarten schon unter Normalbedingungen schwierig.[6] Warum also sollte man durch den Anbau von Gastbaumarten und dem Hintergrund des rasanten Klimawandels ein zusätzliches Risiko eingehen, wenn die heimischen Baumarten wie die Buche sowohl an die heutigen als auch die erwarteten künftigen Klimabedingungen in Bayern angepasst sind?

Die Buche ist in Bayern zu Hause

Die Rotbuche hat eine sehr breite Klimahülle.[7] Sie zeigt, wo sich die Buche ohne forstliches Zutun durchsetzen kann. Bayern liegt derzeit mitten in der Klimahülle der Buche. Unter den jetzigen klimatischen Bedingungen würde die Buche in Bayern natürlicherweise fast überall vorkommen - auch im Spessart.

Bayern ist ein Buchenland. Geht man von einem moderaten Klimawandel (B1-Szenario) aus, stellt man fest: Bayern wird ein Buchenland bleiben. Auch im Spessart wird sich die Buche unter geänderten klimatischen Bedingungen nach wie vor wohl fühlen.

Klimastabile Wälder bauen?

Vor dem Hintergrund des Klimawandels brauchen wir in Bayern also keine Douglasien in den letzten alten Buchenwäldern. Der Anbau der Douglasie in einem FFH-Gebiet im Spessart, das dem Schutz der bodensauren Buchenwälder dient, ist also nicht, wie Herr Brunner meint, vor dem Hintergrund des Klimawandels zu rechtfertigen.

Wir können dem Klimawandel nicht mit Versuchen begegnen, unsere Wälder klimastabiler zu machen. Stabile Wälder sind in der Regel diejenigen, die die Natur im Laufe der Evolution durch ausgereifte Anpassungsprozesse hervorgebracht hat. Menschliche Eingriffe und das Einbringen von Gastbaumarten, die diese Evolution nicht mit durchlaufen haben, stellen ein Risiko für die Stabilität der Wälder dar. In Punkto Klimawandel müssen wir vor allem eins tun: Emissionen von Treibhausgasen drastisch einsparen!

(Autorin: Sandra Hieke, Diplom-Forstwissenschaftlerin und Waldexpertin für Greenpeace)

Quellen:
[1] Spekat, A.; Enke, W.; Kreienkamp, F.: Neuentwicklung von regional hoch aufgelösten Wetterlagen für Deutschland und Bereitstellung regionaler Klimaszenarios auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit dem Regionalisierungsmodell WETTREG auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit ECHAM5/MPI-OM T63L31 2010 bis 2100 für die SRESSzenarios B1, A1B und A2, UBA, 2007
[2] Fischer, Die Eignung der Douglasie im Hinblick auf den Klimawandel, LWF Wissen 59, 2008
[3] Kölling, Die Douglasie im Klimawandel: Gegenwärtige und zukünftige Anbaubedingungen in Bayern, LWF Wissen 59
[4] Douglasienanbau-Eignungskarte nach Foerst, 1980
[5] Kölling, Die Douglasie im Klimawandel: Gegenwärtige und zukünftige Anbaubedingungen in Bayern, LWF Wissen 59
[6] Kölling, s.o.
[7] Kölling, Zimmermann, Walentowski, Klimawandel: Was geschieht mit Buche und Fichte, AFZ-Der Wald, 11/2007

  • Douglasien für den bayerischen Forstminister im April 2012

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