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Corinna Hölzel (rechts) überreicht Renate Künast, Landwirtschaftsministerin, den aktualisierten Einkaufsratgeber "Essen ohne Gentechnik"
© Paul Langrock / Greenpeace

Gentechnikfreie Zone auf der Grünen Woche

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Seit Freitag ist die Grüne Woche in Berlin für Verbraucher geöffnet. Auch Greenpeace ist mit einem Stand vertreten. Corinna Hölzel (rechts), Konsumexpertin bei Greenpeace, überreicht Renate Künast, Landwirtschaftsministerin, den aktualisierten Einkaufsratgeber "Essen ohne Gentechnik". Ein Interview mit Corinna Hölzel über ein wichtiges Thema der Messe: Gentechnik im Tierfutter. 

Greenpeace Online:Warum ist Greenpeace auf der Grünen Woche dabei?

Hölzel:Ein Thema der Grünen Woche ist die Gentechnik und ich denke, dass wir dazu etwas zu sagen haben. Dort sind die Leute der Futtermittelhersteller vertreten, die Vertreter des Bauernverbandes und die Industrieverbände. Da dürfen wir nicht fehlen. Wir treffen dort aber auch viele Verbraucher und natürlich eine große Zahl von Landwirten.

Für die Landwirte ist das Thema Gentechnik besonders interessant. Oftmals bekommen sie nur ziemlich einseitige Informationen von ihren Futtermittelherstellern oder Molkereien. Die sagen oftmals, gentechnikfreie Fütterung sei nicht machbar. Wir stehen auf der Grünen Woche, um den Bauern zu sagen: Es ist möglich.

Greenpeace Online: Und wie geschieht das?

Hölzel: Wir gehen nicht nur mit unserer Aussage hausieren, sondern haben auch eine Futtermittelliste. Wir haben in der letzten Zeit telefonisch alle großen Futtermittelhersteller und -händler in Deutschland antelefoniert. Immerhin 88 von ihnen bieten gentechnikfreies Futter an, also ungekennzeichnetes Futter.

Wir haben sie in vier Regionen aufgeteilt - Nord, Süd, Ost, West -, so dass ein Landwirt sofort erkennt, wo die nächste Bezugsquelle ist. Das ist sehr gut angekommen. Die waren am ersten Tag vergriffen, wir mussten noch einen Schwung nachkopieren.

Greenpeace Online: Auch die Verbraucherminsterin hat Infomaterial erhalten?

Hölzel: Frau Künast war gestern am Stand. Sie hat sich den Stand angesehen und wir haben ihr den Einkaufsratgeber übergeben. Auch den Aufkleber wollte sie haben. Den fand sie ganz schick. Ich habe eine Viertelstunde lang mit ihr über die Kennzeichnung und die Gesetzgebung auch europaweit gesprochen. Es war ein sehr gutes Gespräch.

Greenpeace Online: Unterscheidet sich die diesjährige Messe von den vorherigen?

Hölzel: Interessant ist, dass viele Bauern zu unserem Stand gekommen sind. Die waren bestimmt auch in den letzten Jahren auf der Grünen Woche, aber dieses Jahr waren sie auch bei uns. Das war neu. Damit verbunden ist eine gewisse Herausforderung - wegen der konkreten Hinweise, die man ihnen geben muss.

Vertreter der Gentechnikfirma Syngenta waren auch am Stand. Es gibt viele wirklich ganz lange und ganz intensive Gespräche. Das ist anders als sonst.

Greenpeace Online: Was wird den Verbrauchern geboten?

Hölzel: Wir haben zwei Regale aufgebaut - ein grünes und ein rotes. Im grünen sind Produkte von Tieren, die gentechnikfrei gefüttert wurden. Und bei den Produkten im roten Regal haben uns die Hersteller das eben nicht zugesagt.

Wir verteilen die 6. Auflage des Ratgebers Essen ohne Gentechnik mit Schwerpunkt Molkereiprodukte. Er ist umfangreicher geworden und informativer für die Verbraucher. Wir haben jetzt 1,8 Millionen Exemplare verteilt.

Am Stand liegt unsere Unterschriftenliste aus. Damit können Verbraucher sich unserer Forderung nach EU-weiter Kennzeichnung tierischer Produkte anschließen. Zurzeit erkennen wir ja zum Beispiel an der Milchverpackung nicht, ob die Kühe Gen-Futter gefressen haben.

Dann haben wir noch zwei Kühlschrankkostüme in denen Greenpeacer stecken: Die ersten sprechenden Kühlschränke, die gentechnikfrei sind - und auch noch auf der Messe herumlaufen. Sie haben Arme und Hände und können winken. Das kommt besonders gut bei Kindern an.

Unsere ehrenamtlichen Helfer vom Team50plus gehen mit der Liste auch über die Messe. Wer unterschreibt, bekommt einen Aufkleber Gentechnikfreie Zone für den Kühlschrank mit. Damit kann er sich fotografieren lassen, sogar gleich auf der Messe. Wir haben da einen Kühlschrank stehen. Ausgewählte Bilder präsentieren wir später im Internet.

Greenpeace Online: Mit wem haben es die Verbraucher an unserem Stand zu tun?

Hölzel: Die Standbetreuung macht das Team50plus. Das sind ehrenamtlich tätige Leute, die zum Teil extra Urlaub genommen haben, um dabeisein zu können. Sie leisten wirklich schwere Arbeit - zehn Stunden täglich am Stand stehen und reden ohne Ende über anspruchsvolle Sachen.

Darauf haben sie sich aber ausführlich vorbereitet. Und sie haben den Vorteil, dass sie das nicht zum ersten Mal machen. Das ist ein eingeschworenes Messeteam. Besonders überzeugend sind sie auch wegen ihrer Lebenserfahrung. Wenn sie die Atomkraft als Beispiel zitieren, dann glaubt ihnen das jeder: Als es damals um Atomkraft ging, da haben uns auch alle erzählt, die sei sicher und wir beherrschten alles. Und dann - was haben wir jetzt?

Greenpeace Online: Wird Greenpeace auch nächstes Jahr wieder auf der Grünen Woche sein?

Hölzel: Ja! Solange das Thema Gentechnik nicht vom Tisch ist, steht Greenpeace auf der Grünen Woche. 

 

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