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Mit riesigen Brokkoli- und Tomaten-Attrappen demonstrieren Umweltschützer und Landwirte heute vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München. Anlass ist eine öffentliche Anhörung, in der es um Patente auf Brokkoli und Tomaten geht – Präzedenzfall für sogenannte Biopiraterie. Die Demonstranten fordern Justizminister Heiko Maas (SPD) auf, die Patentierung von Saatgut, Früchten und Pflanzen zu verbieten.
„Die Politik muss den Ausverkauf unserer Lebensgrundlagen stoppen“, fordert Christoph Then, Patentexperte für Greenpeace. „Das EPA wird nur von seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen geleitet.“ Da es sich aus Patentvergaben finanziert, erhalten immer mehr Firmen Patente auf Tier- und Pflanzensorten. So verdiente das Amt laut seinem Jahresbericht im vergangenen Jahr 1,5 Milliarden Euro. „Das EPA muss komplett reorganisiert werden“, so Then.
Wem gehören Schrumpel-Tomate und Super-Brokkoli?
Patente auf Pflanzen und Tiere stehen seit vielen Jahren in der Kritik. Nach Recherchen des Bündnisses “Keine Patente auf Saatgut!” liegen dem EPA mehr als 7500 Patentanmeldungen auf Pflanzen und etwa 5000 auf Tiere vor; rund 2400 Pflanzen- und 1400 Tier-Patente hat das Amt bereits erteilt. In den Anträgen müssen lediglich die genetischen Merkmale einer Sorte beschrieben werden - auch jene, die ganz natürlich durch Kreuzung und Selektion entstehen. Diverse Firmen erhielten so im vergangenen Jahr Patente: Beispielsweise auf eine durch Züchtung besonders robuste Paprika-Sorte und auf Sojabohnen, die sich an verschiedene Klimazonen anpassen können.
In der heutigen Anhörung geht es erneut um die „Schrumpel-Tomate“. Deren Wassergehalt verringerte sich durch konventionelle Züchtungsmethoden derart, dass sie bei langer Lagerung zwar schrumpelt, aber nicht fault. Der umstrittene Brokkoli zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an gesunden Inhaltsstoffen aus. Das Patent auf diese Sorte wurde im Jahr 2002 erteilt und gehört inzwischen dem US-Agrar-Großunternehmen Monsanto. Dieses vermarktet das Gemüse unter der Marke „beneforte“ als „Super Brokkoli“ unter anderem in den englischen Supermärkten von Marks&Spencer.
Bundesregierung drückt sich vor Biopatent-Regulierung
„Die Reichweite vieler Patente erstreckt sich auf die gesamte Kette der Lebensmittelerzeugung - vom Acker bis zum Verbraucher“, sagt Christoph Then. „Sie behindert notwendige Innovationen für neue Sorten mit höherer Schädlings-Resistenz oder besserer Dürre-Toleranz. Hier handelt es sich um einen Missbrauch des Patentrechts. Er zielt darauf ab, die Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung zu erlangen.“
Vor dem EPA fordern die Demonstranten: Freiheit für Tomate und Brokkoli, für Verbraucher und Landwirte! Bereits im März dieses Jahres appellierten mehrere Verbände an Justizminister Maas, Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung vollständig vom Patentschutz auszuklammern. Bisher ohne jede Reaktion. Dabei hat die amtierende Bundesregierung im Koalitionsvertrag sogar eine europaweite Initiative gegen Patente auf Pflanzen und Tiere beschlossen. Das Zögern der Politik nützen Monsanto und Co für immer neue Patentanträge.
Greenpeace fordert:
- Eine komplette Überarbeitung der europäischen Patentgesetze mit dem Ziel, Patente auf Tiere und ihre Gene ebenso zu verbieten wie Patente auf Pflanzen und Saatgut.
- Der Zugang zu den genetischen Ressourcen muss für Züchter und Landwirte sicher gestellt, die Monopolisierung von Saatgut und Tieren gestoppt werden.
- Das Wettbewerbsrecht in Europa muss im Bereich der Landwirtschaft verschärft werden, um Kartellbildungen wirksam bekämpfen zu können.
Mehr zum internationalen Protest gegen das Broccoli-Patent finden Sie auf www.no-patents-on-seeds.org.
