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Paul Lovis Wagner / Greenpeace

UN-Atomwaffenverbotsvertrag tritt heute in Kraft

Heute ist ein guter Tag für den Weltfrieden: Der neue Atomwaffenverbotsvertrag tritt in Kraft. Er verbietet Entwicklung, Produktion, Besitz, Lagerung und Einsatz von Atombomben. 122 Staaten haben sich 2017 in der Vollversammlung der Vereinten Nationen auf diesen Meilenstein in der Abrüstungspolitik geeinigt. Aber Deutschland ist nicht dabei. Wie kann das sein, da doch Bundesaußenminister Heiko Maas gerade erst selbst zu atomarer Abrüstung aufgerufen und vor einer Aufrüstungsspirale gewarnt hat? Zitat: „Wenn wir weiterhin nur dasitzen und zugucken, wird das fatale Folgen haben.“

Die Wahrheit ist: Deutschland guckt nicht nur zu – es macht aktiv mit bei der Aufrüstung. Nach wie vor sind im rheinland-pfälzischen Büchel 20 US-Atombomben stationiert. Im Ernstfall wird Deutschland auch nicht nur „dasitzen“, sondern diese Bomben selbst in deutschen Flugzeugen an ihr Ziel bringen und von deutschen Piloten abwerfen lassen. Zudem soll das Trägersystem demnächst modernisiert werden, dafür will die Bundesregierung sogar für mindestens 7,7 Milliarden Euro neue Kampfflugzeuge kaufen. Abrüstung durch neue Kampfjets? Doch genau diese sogenannte nukleare Teilhabe innerhalb der Nato will Maas für Deutschland unbedingt erhalten.

Die Gefahr ist akuter als viele wissen

Im Ernstfall wird das tatsächlich „fatale Folgen“ haben: Durch die Stationierung der US-Bomben wird Deutschland zum Angriffsziel eines atomaren Erstschlages. Die Gefahr ist akuter als viele wissen. Experten schätzen die Wahrscheinlichkeit eines Atomangriffs heute wieder als ebenso hoch ein wie zu Zeiten des Kalten Krieges und höher: Die Doomsday Clock, die Atomkriegsuhr, steht seit einem Jahr symbolisch auf 100 Sekunden vor Zwölf. Denn neue, lenkbare Atombomben vermitteln die Illusion, man könne Tod und Zerstörung im Zielgebiet begrenzen. Dadurch sinkt die Schwelle, sie tatsächlich einzusetzen. Nicht umsonst forderte auch in den USA Ex-Pentagon-Chef William Perry, die Entscheidung darüber generell nicht mehr allein dem Präsidenten zu überlassen.

Der Atomwaffenverbotsvertrag setzt da international ein wichtiges Zeichen für eine atomwaffenfreie Welt, auch wenn die Atomwaffen besitzenden Staaten ihn bisher nicht unterzeichnet haben. Er ist zwar völkerrechtlich nur für die Unterzeichner bindend. Aber die Erfahrung mit den vergleichbaren Bio- und Chemiewaffenkonventionen zeigt, dass auch die Nicht-Unterzeichnerstaaten und vor allem Banken und Firmen aus allen Staaten die Regelungen beachten. Denn die Finanzinstitute orientieren sich mit ihren Investitionen an den ethischen Leitlinien des Völkerrechts und klammern so nukleare Waffen aus ihren Geschäften aus. Die politische und wirtschaftliche Nicht-Beteiligung an Atomwaffen wird quasi zum weltweiten Standard. Und in Deutschland?

Kooperation, nicht Drohung ist das Gebot der Stunde

Die Abschreckungslogik der deutschen Politik ist historisch überholt und der Glaube, mit modernen Bomben ließe sich künftig ein begrenzter Atomkrieg führen, hoch riskant. Nicht Drohung, sondern Kooperation und Verständigung garantieren Sicherheit und Frieden. Deshalb muss die deutsche Regierung dem Aufruf ihres Außenministers zur Abrüstung nun Taten folgen lassen: Deutschland muss die nukleare Teilhabe beenden und den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen. Politisch wäre beides möglich, ohne den Ausschluss aus der Nato zu riskieren. Zahlreiche Nato-Staaten haben mittlerweile die Stationierung von Atombomben ausgeschlossen. Dennoch haben sie weiterhin volles Mitspracherecht. Nur die Niederlande, Belgien, Italien und die Türkei lassen die Stationierung überhaupt noch zu. Und Deutschland? Als eines der wenigen Länder weltweit nehmen wir hier eine aggressive Sonderrolle ein.

Der Abzug der US-Atombomben würde auch dem Willen der deutschen Bevölkerung entsprechen: 84 Prozent sprachen sich 2020 in einer repräsentativen Umfrage dafür aus. 92 Prozent möchten, dass Deutschland den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet. Die Menschen wollen keine Atombomben auf deutschem Boden. Der morgen in Kraft tretende Atomwaffenverbotsvertrag bietet der zukünftigen Bundesregierung die Chance, endlich danach zu handeln: gegen die Aufrüstungsspirale und ihre fatalen Folgen – für Entspannung und echte Sicherheit.

Text: Christoph von Lieven, Greenpeace-Sprecher für atomare Abrüstungzuerst veröffentlicht in der TAZ

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