EU-Parlament stimmt für TTIP
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Es ist ein deutliches Zeichen: Die Abstimmung der EU-Parlamentarier über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA fiel mit 447 zu 229 Stimmen klar zu Gunsten der Verhandlungen aus.
Die Resolution hat keine juristisch bindenden Folgen. Allerdings muss das Europäische Parlament am Ende der Verhandlungen über den fertigen Vertragstext abstimmen. Die EU-Kommission ist daher angehalten, die Wünsche des Parlaments bei den Verhandlungen zu berücksichtigen.
Eigentlich sollte die Resolution schon am 10. Juni verabschiedet werden. EU-Parlamentspräsident Schulz (SPD) hatte sie jedoch aus formalen Gründen verschoben. Grund war das umstrittene Schiedsverfahren ISDS (Investor State Dispute Settlement), das es privaten Unternehmen erlaubt, gegen Staaten zu klagen, wenn sie ihre Investitionen durch Gesetze gefährdet sehen. Diese Klagen werden vor privaten Schiedsgerichten geheim verhandelt, ohne die Möglichkeit auf Revision, vorbei an der nationalstaatlichen Gerichtsbarkeit.
Paralleljustiz für Konzerne
Die nun verabschiedete Resolution enthält einen Kompromissvorschlag zu ISDS, der aber im Kern die gleichen Probleme aufweist. Zwar ist nun von einem permanenten Gerichtshof, offiziell ernannten Richtern, Wahrung der nationalen Rechte, Gleichberechtigung inländischer und ausländischer Unternehmen, öffentlichen Verhandlungen und Revisionsmöglichkeiten die Rede. Hinter diesen schönen Worten verbirgt sich aber nach wie vor die Schaffung einer Paralleljustiz im Interesse der Konzerne.
Fraglich ist vor allem, wie diese Ziele umgesetzt werden sollen und können. Es ist beispielsweise schwer vorstellbar, wie die Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Unternehmen aussehen soll. Bei absoluter Gleichberechtigung könnten inländische Unternehmen vor dem neu geschaffenen Gerichtshof genauso klagen wie ausländische oder sich wie bisher an die nationalen Gerichte wenden.
„Die Schaffung eines TTIP-Sondergerichtshofs für Konzernklagen ist überflüssig und diskriminierend“ sagt Matthias Flieder, Greenpeace-Experte für TTIP. „Im Fall von entwickelten Rechtssystemen wie denen der USA und der EU ist die Schaffung neuer Rechtssysteme der falsche Weg. Ein internationaler Handelsgerichtshof ergibt nur Sinn, wenn er auf einem völkerrechtlichen Vertrag aufbaut, wenn alle Staaten daran beteiligt sind und wenn er nicht nur Unternehmen das Recht gibt, Staaten zu verklagen, sondern auch ermöglicht, dass Unternehmen verklagt werden können.“
Hintertür CETA
Die private Streitschlichtung ISDS findet sich aber noch in einem anderen Vertragswerk. In dem Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada, das bereits ausgehandelt ist, sind private Schiedsgerichte nach wie vor vorgesehen. Sollte CETA in Kraft treten, hätten Unternehmen in den USA die Möglichkeit, über Tochterfirmen in Kanada die privaten Schiedsgerichte zu nutzen, die in der Resolution nun gestrichen wurden. CETA könnte die Hintertür für die US-Wirtschaft in Bezug auf ISDS werden.
Greenpeace fordert den sofortigen Stopp der TTIP-Verhandlungen. CETA darf nicht ratifiziert werden. Über 2,3 Millionen Menschen in Europa fordern genau das Gleiche.
Die Europäische Kommission ist jetzt aufgefordert, die Resolution des Parlaments in den TTIP-Verhandlungen zu berücksichtigen. Inwieweit sie das tut, liegt in ihrem Ermessen. Da die Verhandlungen nach wie vor geheim stattfinden, wird die Öffentlichkeit nichts davon erfahren.
Doch selbst wenn die Kommission die Forderungen in den Verhandlungen vorbringen sollte, ist nicht davon auszugehen, dass ISDS aus dem Vertragstext verschwinden wird. Die US-amerikanischen Unterhändler und Vertreter der US-Wirtschaft haben sich bisher noch immer für ISDS und gegen eine neue permanente Gerichtsbarkeit ausgesprochen.