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Rainbow Warrior mit Greenpeace-Schlauchboot (RHIB)
© Marten van Dijl / Greenpeace

Umweltschutz in Russland “unerwünscht”

Reaktion von Greenpeace International

Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation hat Greenpeace zu einer “unerwünschten Organisation” erklärt. Die Arbeit von Greenpeace gefährde durch Einmischung in Russlands Angelegenheiten die nationale Sicherheit und sei eine Bedrohung für die russische Föderation. Greenpeace habe versucht, sich in die inneren Angelegenheiten des Staates einzumischen und betreibe antirussische Propaganda, indem sie Sanktionen gegen Russland fordere.

Damit werden alle weiteren Greenpeace-Aktivitäten in Russland quasi verboten und der russische Ableger sieht sich gezwungen, seine harte Arbeit in Sachen Umweltschutz nach 30 Jahren umgehend einzustellen. Eine Entscheidung, die von Greenpeace International stark verurteilt wird.

Diese fehlgeleitete Entscheidung deutet darauf hin, dass es “unerwünscht” ist, in Russland die Natur zu schützen. Doch was ist denn dann wünschenswert? Klimaschädigende und gesundheitsschädliche Aktivitäten, Ölkatastrophen, die Entsorgung giftiger Abfälle in saubere Gewässer, das Einatmen giftiger Abgase, die Verbrennung von Kohle, die Produktion von Bergen an Plastikmüll, die Abholzung geschützter Wälder, das Missachten von Waldbränden und das Fehlen jeglicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise?

Es ist offensichtlich, dass Greenpeace International – und letztlich auch Greenpeace Russland – als unerwünscht erklärt werden, weil wir nicht zulassen, dass Pläne, die eine Bedrohung für die Natur darstellen, in die Tat umgesetzt werden. Jedes Mal, wenn wir Widerstand geleistet haben, waren wir starkem Druck seitens derjenigen ausgesetzt, die die Natur lediglich als kommerzielle Einnahmequelle betrachten. Folglich wird Naturschutz heute fälschlicherweise als Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Interessen Russlands dargestellt.

Wer Greenpeace Russland derart darstellt, hat offensichtlich keine Ahnung, was Greenpeace Russland seit 30 Jahren tut. Hier sind einige Beispiele: 

Auf Initiative von Greenpeace Russland wurden die Urwälder der Komi 1995 als erste Stätte in Russland unter den Schutz der UNESCO gestellt. Greenpeace Russland hat nicht nur dazu beigetragen, dass diese Gebiete den prestigeträchtigen internationalen Status des Weltkulturerbes erhielten, sondern auch mehr als zehn Versuche verhindert in diesen Gebieten Gold abzubauen. In den letzten 30 Jahren wurden dank unserer Arbeit weitere russische Gebiete in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen, z. B. die Vulkane von Kamtschatka oder der Baikalsee. Gemeinsam mit ehrenamtlichen Helfer:innen pflanzt und schützt Greenpeace Wälder in Nationalparks und bekämpft Waldbrände in Naturschutzgebieten im Ural, in Sibirien und im Fernen Osten.

Seit mehr als zwanzig Jahren setzt sich Greenpeace Russland unermüdlich für den Schutz des Baikalsees ein, bekämpft Wilderer, die Jagd auf die Baikalrobbe machen, und unterstützt die Schließung der Baikal-Zellstoff- und Papierfabrik, die das Wasser des Baikalsees jahrzehntelang vergiftete. Gemeinsam mit Greenpeace gelang es einigen engagierten Russen, den Standort einer Ölpipeline zu verlegen, die nur 800 Meter vom Seeufer entfernt verlegt werden sollte. In letzter Zeit hat sich Greenpeace mit der Plastikverschmutzung des Baikalsees und der Verseuchung seiner Gewässer mit gefährlichen Chemikalien befasst und sich für ein Verbot der Massenabholzung in Ufernähe eingesetzt.

Seit vielen Jahren kämpft Greenpeace Russland gegen die gefährliche Verschmutzung der Umwelt mit Dioxinen und anderen Chemikalien und verhindert die Einfuhr gefährlicher Abfälle aus anderen Ländern. Gemeinsam mit ehrenamtlichen Helfer:innen haben Greenpeace-Patrouillen zahlreiche Ölverschmutzungen im Norden Russlands und in Sibirien aufgespürt und beseitigt. Mit Hilfe von Greenpeace wurde Norilsk Nickel gezwungen, für die riesige Ölpest in Norilsk im Jahr 2020 eine Geldstrafe in Höhe von rund zwei Milliarden Dollar zu zahlen.

Greenpeace Russland war die erste Organisation, die auf die Probleme bei der Mülltrennung und -verarbeitung in Russland aufmerksam machte. Nach jahrelanger Arbeit, dem Kampf gegen den Bau von Sondermüllverbrennungsanlagen, Expertengutachten und Protesten wurde die Mülltrennung zur alltäglichen Routine. Um den Menschen zu helfen, einen nachhaltigen Lebensstil zu führen, haben Greenpeace und Hunderte von Freiwilligen aus dem ganzen Land eine einzigartige Übersichtskarte zur Abfallentsorgung erstellt. Diese Karte zeigt rund 30.000 Abfallsammelstellen in 64 Städten und wird ständig aktualisiert.

Greenpeace-Expert:innen untersuchten die Küsten russischer Seen, Flüsse und Meere, führten ein landesweites öffentliches Umweltgutachten über die Verschmutzung der Küsten durch und stellten auf dieser Grundlage eine Forderung zur Einschränkung von Einweg-Plastikverpackungen auf. Ein entsprechendes Verbot wird voraussichtlich im Jahr 2025 in Kraft treten.

Gemeinsam mit führenden Fachleuten haben wir umfangreiche Forschungsarbeiten durchgeführt und konkrete Lösungen entwickelt, um die Klimaneutralität durch die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft, eine Abfallverringerung, den Schutz der Wälder, die Vorbeugung von Bränden, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und eine höhere Energieeffizienz zu erreichen.

Greenpeace und andere Umweltorganisationen in Russland trugen dazu bei, die öffentliche Debatte über die Klimakrise im Land und Maßnahmen zu ihrer Lösung zu initiieren. Unsere Sachverständigen untersuchten Standorte für erneuerbare Energien in Russland, unterbreiteten den regionalen Behörden öffentliche Vorschläge, die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen in ihre Pläne zur Anpassung an den Klimawandel aufzunehmen, und erhielten in vielen Regionen offizielle Unterstützung dafür.

Dank Greenpeace und seinen Unterstützern wurde ein Verbot des Verbrennens von Gras eingeführt; 25 Gruppen von freiwilligen Waldbrandbekämpfern wurden im ganzen Land gegründet, und nun arbeitet eine ganze Bewegung hochqualifizierter Freiwilliger seit mehr als einem Jahrzehnt mit Greenpeace zusammen, um Wälder und Torfmoore vor Bränden zu schützen.

Dies sind nur einige der Erfolge, die Greenpeace in den letzten 30 Jahren beim Schutz der Natur in Russland verzeichnen konnte. Die Organisation hat sich immer auf ihre Unterstützer verlassen – die Bewohner:innen des Landes. Mehr als eine Million Menschen haben Petitionen unterzeichnet, Informationen auf Karten eingetragen, Wälder gepflanzt, Brände gelöscht und bei der Forschung geholfen. Zehntausende einfacher russischer Bürger:innen haben uns finanziell unterstützt, so dass Greenpeace ohne staatliche, parteipolitische oder unternehmerische Mittel existieren konnte. Wenn Greenpeace wegen ihrer kritischen Haltung zu Umweltfragen mit einem Verbot belegt wird, verliert Russland einen seiner führenden Experten für Umweltprobleme und -lösungen, und die Menschen, die sich für den Schutz der Natur eingesetzt haben, verlieren nun einen starken Verbündeten. Angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise ist das Ende der Greenpeace-Aktivitäten in Russland ein absurder, unverantwortlicher und destruktiver Schritt.