Eigentlich ist durch die EU und das internationale Protokoll über die biologische Sicherheit eindeutig festgelegt, was Gentechnik ist. Kurz gefasst fallen unter den Begriff alle Techniken, die etwas erlauben, das in der Züchtung auf natürlichem Wege nicht möglich ist.
Doch die Biotechnologie-Industrie ist bemüht, neue gentechnische Methoden durch dieses Raster fallen zu lassen und schärferen Gentechnik-Regulierungen zu entgehen. Auf gentechnische Methoden will sie nämlich auf keinen Fall verzichten. Umweltverbände in Deutschland haben sich daher heute positioniert und fordern die konsequente Bewertung neuer Verfahren als Gentechnik.
Gemeinsam mit anderen Verbänden hat auch Greenpeace eine Position zu neuen gentechnischen Züchtungsmethoden veröffentlicht. Darin fordern die Organisationen,
- vorläufig auf die Einführung der neuen Technologien zu verzichten,
- die neuen umstrittenen Züchtungsverfahren als Gentechnik zu bewerten, entsprechend auf ihre Risiken zu überprüfen und zu kennzeichnen,
- die unkontrollierte Ausbreitung von Organismen, die mit den neuen Methoden verändert worden sind, zu verhindern,
- zu verhindern, dass im Zuge des geplanten Freihandelsabkommens TTIP die Technologien ungeprüft und unerkannt auf den Markt gelangen.
Eine repräsentative Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag von Greenpeace zeigt: Die Mehrheit der Verbraucher und Händler, die Industrie und auch die Landwirte lehnen Gentechnik in der deutschen Landwirtschaft ab. Weil sie als Risikotechnologie gilt, wird Gentechnik im Labor, auf dem Acker und in Lebens- und Futtermitteln schärfer reguliert als konventionelle Methoden und Zuchtergebnisse.
Ein Überblick über die verschiedenen Züchtungsarten
Klassische Pflanzenzüchtung |
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Verfahren |
Älteste Form der Züchtung, führte zu den heute bekannten Sorten. |
Ergebnis |
Klassische Kreuzung und Auslese von Pflanzen mit gewünschten Eigenschaften über genetische Analyse |
Position von Greenpeace |
Die klassische Züchtung nutzt natürliche Mechanismen, daher bestehen keine Bedenken. |
Präzisionszüchtung/ Smart Breeding/ Markergestützte Selektion (MAS) |
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Verfahren |
Kreuzung und Selektion (Auslese) von Pflanzen |
Ergebnis |
Erhebliche Beschleunigung der Züchtung, Erfolge bei zahlreichen Sorten, die Resistenzen gegen Krankheiten, Schädlinge, Trockenheit oder Versalzung entwickelten. |
Position von Greenpeace |
Als moderne Biotechnologie unterstützt. |
Züchtung mithilfe von Gentechnik |
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Verfahren |
Einbau von genetischem Material in das Genom der Pflanze, häufig über Artengrenzen hinweg und mit Schrotschussverfahren (d.h., der Einbau erfolgt zufällig und kann daher ungewollte Nebenwirkungen haben). |
Ergebnis |
Bislang wurden grundsätzlich zwei Ausprägungen erreicht: Pflanzen, die gegen Herbizide resistent sind, sowie solche, die eigene Gifte zur Abwehr von Insekten produzieren. |
Position von Greenpeace |
Als riskante und unkontrollierbare Technologie abgelehnt: Der Anbau von Gen-Pflanzen gefährdet die Artenvielfalt, führt zu erhöhtem Einsatz von Pestiziden und bedroht die ökologische und Gentechnik freie Landwirtschaft. |
„Neue Gentechnik“ |
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Verfahren |
Gezieltere Manipulation der Genetik: Sogenannte „Gen-Scheren“ oder „Oligonukleotide“ sollen an definierten Stellen im Erbgut ansetzen, punktuell verändern oder genau schneiden, um Gene auszuschalten oder Gensequenzen einzubauen. |
Ergebnis |
Aktuell sind beispielsweise herbizidtolerante Gen-Pflanzen mit einem zusätzlichen Gen ausgestattet. In Zukunft könnte eine kleine Veränderung (Punktmutation) ausreichen, um die Pflanzen tolerant zu machen. |
Position von Greenpeace |
Auch diese Verfahren zählen zur Gentechnik, haben dieselben Risiken und müssen entsprechend reguliert werden. |
Gentechnik-Experte Dr. Dirk Zimmermann von Greenpeace schätzt das Potenzial der „neuen Gentechnik“ gering ein: „Die großen Ziele der Gentechnik wie etwa die Entwicklung stresstoleranter Pflanzen werden auch die neuen Methoden nicht erreichen können. Dazu sind diese Merkmale viel zu komplex. Hier haben konventionelle Methoden wie die Markergestützte Selektion bewiesen, dass sie der Gentechnik in jeder Hinsicht hoch überlegen sind.“
Eine Kennzeichnung der Pflanzen, die mit den neuen Züchtungsmethoden entstanden sind, ist enorm wichtig. Später lässt sich die Genmanipulation selbst im Labor nicht immer zweifelsfrei nachweisen. Dr. Dirk Zimmermann: „Auch Zucker oder Öl aus Gen-Pflanzen muss als gentechnisch verändert gekennzeichnet und behandelt werden, obwohl der Nachweis der Genmanipulierung auf molekularer Ebene nicht möglich ist. Die Risiken der neuen Techniken sind mindestens die gleichen wie bei der klassischen Gentechnik“, so Zimmermann. „Die Regulierung ist zwingend erforderlich.“
(Stand: November 2014)