Jetzt spenden
Feld in Frankreich mit alter Weizensorte
Emile Loreaux / Greenpeace

Öko kann die Welt ernähren

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Ökologische Landwirtschaft schont die Umwelt und erzeugt hochwertige Lebensmittel. Doch werden wir davon satt? Eine aktuelle Studie zeigt: ja. Öko kann mehr als bislang gedacht.

Können ökologisch erzeugte Lebensmittel die stetig wachsende Weltbevölkerung ernähren? Das ist seit Jahren umstritten: Die im Vergleich mit konventioneller Landwirtschaft erzielten Erträge galten lange als zu niedrig. Ein Forscherteam der US-Universitäten in Berkeley und Tallahassee kommt jetzt zu einem überraschenden Ergebnis: Die Unterschiede zwischen Bio und konventionell sind weit geringer als gedacht – und in einigen Bereichen gar nicht vorhanden.

Die Forscher werteten für ihre Arbeit die Ergebnisse von 115 Studien aus, die sich mit den Erträgen von biologisch und konventionell wirtschaftenden Landwirten beschäftigen. 38 Länder wurden berücksichtigt, über 50 Pflanzenkulturen untersucht. Die wesentlichen Ergebnisse sind:

  • Die Unterschiede zwischen konventionellem und ökologischem Landbau verschwinden fast, wenn ökologisch wirtschaftende Betriebe auf vielfältige Anbausysteme setzen. Beispiele hierfür sind der parallele Anbau verschiedener Kulturarten auf einem Feld, das sogenannte „multi-cropping“, oder Systeme mit umfangreichen Fruchtwechseln, auch Rotationen genannt.
  • Andernfalls fallen die Erträge im ökologischen Landbau zwar tatsächlich niedriger aus als im konventionellen – aber nur um etwa 19 Prozent. Frühere Studien hatten dies weitaus dramatischer dargestellt.
  • Bei Hülsenfrüchten wie Bohnen oder Linsen werden längst vergleichbar hohe Erträge erzielt, die größten Unterschiede gibt es bei Getreide und Hackfrüchten wie etwa Zuckerrüben oder Kartoffeln.
  • Die hohen Erträge im konventionellen Anbau sind zuletzt auch das Ergebnis einseitiger Forschungs- und Entwicklungsarbeit.

Konventioneller Anbau im Fokus von Entwicklungsarbeit

Denn in den vergangenen Jahrzehnten richtete sich die Forschung darauf aus, Sorten für konventionelle Systeme zu entwickeln. Diese Pflanzen sind an den Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln angepasst. Dringend benötigte Eigenschaften für die ökologische Landwirtschaft fehlen ihnen hingegen; sie wurden bei der Züchtung der modernen Sorten weniger berücksichtigt. Im Vergleich schneiden solche Hochleistungssorten unter biologischen Anbaubedingungen dann selbstverständlich schlechter ab.

Insbesondere bei Getreide besteht Aufholbedarf für die ökologische Landwirtschaft. Hier muss in Züchtungsprogramme für den ökologischen Landbau investiert werden. Gleiches gilt für die Forschung, die sich dem Management von Pflanzen unter ökologischen Anbaubedingungen widmet. Die Ertragsunterschiede zwischen Bio und konventionell werden zunehmend geringer ausfallen – wie schnell dies gehen wird, hängt maßgeblich von öffentlichen wie privaten Investitionen in Forschung und Entwicklung ab.

Vorteil für die Vielfalt

Die Vielfalt im ökologischen Anbau wirkt sich nicht nur positiv auf den Ertrag aus, sie hat auch ökologische und ökonomische Vorteile: Sie macht den Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz und Kunstdünger erst möglich. Die Artenvielfalt profitiert, Gewässer werden weniger belastet und die Böden nicht übernutzt. Vielfältige Systeme sind stabiler und damit auch für die Herausforderungen des Klimawandels besser gewappnet als einseitige Kulturen oder Betriebe. Sie puffern nicht nur schwankende und extreme Umweltbedingungen besser ab, für den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb reduziert sich das Risiko des Ertragsausfalls einer einzelnen Kultur. Jahre mit niedrigen Marktpreisen oder anderen widrigen Absatzbedingungen können besser ausgeglichen werden, wenn der Betrieb sich auf mehrere Standbeine stützt und nicht etwa nur auf die Produktion einer einzelnen Sonderkultur setzt.

Das Problem der Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit ausreichend hochwertigen und sicheren Lebensmitteln kann indes nicht nur am Ertragsniveau der Landwirtschaft festgemacht werden. Schon heute handelt es sich bei Hunger mehr um ein Gerechtigkeits- und Verteilungsproblem. Hilfsorganisationen und Institutionen wie die UN sind sich auch hier längst einig: Der Schlüssel liegt in der Etablierung von ökologisch und sozial nachhaltigen, an agrarökologischen Prinzipien ausgerichteten Anbausystemen.

Das Rotbunte Husumer Schwein - drei Ferkel im Schnee

Schweine, die im Matsch wühlen, Obst ohne Pestizide, Blumen am Ackerrand. Kurzum: eine bessere Landwirtschaft. Das geht nicht? Doch, hier ist die Anleitung – für ganz Deutschland.

mehr erfahren
Datum

Mehr zum Thema

Traktor mit Schild auf der Straße: "Ampel-Irrsinn nicht auf dem Rücken der Bauern".
  • 29.02.2024

Trecker rollen durchs Land – nicht nur in Deutschland. Die Politik reagiert auf die Proteste und streicht Umweltschutzauflagen. Interview zu den Demos und einer Umverteilung von Geldern.

mehr erfahren
Treckerdemo, ein Trecker schert aus - auf der Frontschaufel ein Schild: Wir denken in Generationen für unsere Kinder!
  • 10.01.2024

Interview mit Landwirt und Agrarblogger Bernhard Barkmann über die Demonstrationen der Bäuer:innen, die Gefahr von rechts und fehlende Zukunftsvisionen für den Sektor.

mehr erfahren
Björn Scherhorn klettert über ein Gatter im Laufstall mit Kühen
  • 30.07.2023

Landwirt Björn Scherhorn wollte schon aufgeben. Doch dann hat er neu angefangen. Seitdem geht es allen besser: den Kühen, dem Boden, der Umwelt und ihm und seiner Familie.

mehr erfahren
Protest Against Food in Fuel in Berlin
  • 28.02.2023

Die größten Agrarkonzerne der Welt haben seit 2020 mehr Milliardengewinne gemacht als es bräuchte, um die Grundbedürfnisse der Ärmsten der Welt zu decken.

mehr erfahren
Martin Kaiser vor einem Kalb im Stall
  • 18.01.2023

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser spricht im Interview vor der Wir-haben-es-satt-Demo über die Bedeutung einer klimagerechten Agrarwende.

mehr erfahren
Cem Özdemir
  • 07.12.2022

Nach einem Jahr Landwirtschaftsministerium unter grüner Leitung ziehen wir Bilanz - hat die Agrarpolitik unter Cem Özdemir Fortschritte in punkto Tierwohl, Anbau, und Klimaschutz gemacht?

mehr erfahren