Jetzt spenden
Über 7500 Menschen aus fast 30 Ländern demonstrieren in der Lausitz gegen weitere Braunkohletagebaue und für eine echte Energiewende.
Gordon Welters / Greenpeace

Vattenfall: „Positive Entwicklung nicht in Sicht“ für Lausitzer Braunkohle

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Die Mitteilung ging Donnerstag Abend an einen kleinen regionalen Presseverteiler. Online war sie zunächst nicht zu finden. Dabei enthielt sie durchaus Brisantes. „Vattenfall fährt aktive Umsiedlungsvorbereitung für Nochten 2 zurück“, war die Meldung überschrieben.

Nochten 2, das ist einer von mehreren neuen Braunkohletagebauen, die der schwedische Energiekonzern in der Lausitz plant und für den 1700 Menschen umgesiedelt werden sollen. Diese Menschen können nun also offiziell wieder hoffen, in ihren Häusern bleiben zu können. Doch das war nicht die Nachricht. Schon bald nachdem Vattenfall im vergangenen Jahr bekannt gegeben hatte, sein Braunkohlegeschäft in Ostdeutschland verkaufen zu wollen, war der Umsiedlungsprozess offiziell auf Eis gelegt worden.

„Perspektive für Braunkohle dramatisch verschlechtert“

Nein, die eigentliche Nachricht fand sich in der Begründung: In den vergangenen Monaten hätten „sich die Perspektiven für die Lausitzer Braunkohle dramatisch verschlechtert“, teilt der Konzern mit und schiebt hinterher: „Eine positive Entwicklung ist derzeit nicht in Sicht.“

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Hier warnt also ein Verkäufer vor den schlechten Aussichten des von ihm zum Verkauf gestellten Geschäfts. Eine Strategie zur Preissteigerung sieht anders aus.

Vermutlich aber ist es nur die Realität der fortschreitenden Energiewende, die inzwischen auch Teile der Politik zu überholen scheint. Denn während aus den Kohleländern Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen scharf auf Sigmar Gabriels Klimaabgabe auf die besonders schmutzigen alten Braunkohlekraftwerke geschossen wird, könnte der Ausbau der Erneuerbaren erledigen, was Kohlekumpel in Politik, Gewerkschaften und Konzernen zu verhindern suchen: den schrittweisen Ausstieg aus eben dieser Kohle.

Menschen in der Lausitz atmen auf

In der Lausitz lässt das die Stimmung steigen. Thomas Burchard, seit Jahren aktiv im Kohlewiderstand, hat „dann doch mal ein Bier aufgemacht“, sagt er. Und Günter Jurischka aus dem von der Abbaggerung bedrohten Proschim klingt noch beschwingter als sonst, wenn er sagt, dass gerade viele mit breitem Lächeln durchs Dorf laufen würden.  

Als Greenpeace und andere Kohlegegner vor nicht einmal einem Jahr zur großen Anti-Kohle-Kette in der Lausitz aufgerufen hatten, sah das noch anders aus. Die Stimmung war gut, aber die Hoffnung gedämpft. Gerade im sächsischen Nochten waren die Planungen da schon so weit fortgeschritten, dass kaum jemand glaubte, das Vorhaben sei noch zu verhindern. Doch heute nun schrieb sogar die Deutsche Presseagentur „Ausbau der Grube Nochten in Sachsen wird unwahrscheinlicher“.

Gesichert ist das zwar noch lange nicht, aber ein Stück wahrscheinlicher geworden. Das gibt insgesamt 3000 Menschen in der Lausitz Hoffnung, ihre Heimat doch nicht an einen der gigantischen Schaufelradbagger zu verlieren. Es lässt die ganze Region hoffen, dass der überfällige Strukturwandel jetzt endlich mit der nötigen Planungssicherheit begonnen werden kann. Und es lässt Klimaschützer hoffen, dass in der Lausitz endlich umgesetzt wird, was Klimawissenschaftler immer lauter fordern: Kohle muss im Boden bleiben.

  • 23. August 2014: Die Menschenkette gegen Kohle und Tagebau hat sich über die Neiße hinweg geschlossen

    Grenzenloser Protest

    Überspringe die Bildergalerie
  • Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten bei der Menschenkette über die polnisch-deutsche Grenze hinweg im August 2014

    Geballte Power

    Überspringe die Bildergalerie
  • Braunkohle-Tagebaugebiet bei Jänschwalde

    Tote Erde

    Überspringe die Bildergalerie
  • 10. Dezember 2008: Greenpeace-Aktivisten protestieren im Braunkohletagebau direkt vor einem der gigantischen Schaufelradbagger

    Vors Rad gekommen

    Überspringe die Bildergalerie
  • Horno, ein sorbisches Dorf in der Lausitz, musste 2004 dem Braunkohle-Tagebau Jänschwalde Nord weichen

    Horno gibt es nicht mehr

    Überspringe die Bildergalerie
  • 13. Oktober 2010: Verfallendes Haus in Haidemühl, Die Dorfbewohner wurden umgesiedelt.

    Die Abrissbirne wartet

    Überspringe die Bildergalerie
  • Wüste statt Landschaft - der Vattenfall-Tagebau Jänschwalde

    Naturpark Vattenfall

    Überspringe die Bildergalerie
  • Für einen Tagebau der Firma MIBRAG wurde 2007 eine Kirche umgesiedelt: die Emmaus-Kirche auf dem Weg von Heuersdorf nach Borna in Sachsen, 820 Tonnen auf Rädern.

    Nicht nur Häuser ...

    Überspringe die Bildergalerie
  • Mai 2014: Mehr als 350 Umweltschützer aus Polen, Tschechien und Deutschland bilden einen Kreis um die Ortschaft Proschim

    Schützt Proschim!

    Überspringe die Bildergalerie
  • Die Geschäftspolitik des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall hat schwedische Aktivisten auf die Transportgleise des brandenburgischen Tagebaus Welzow-Süd gelockt. Vattenfall ruft die Polizei.

    Protest auf dem Gleis

    Überspringe die Bildergalerie
  • 20. Dezember 2013: 40 Greenpeace-Aktivisten aus 15 Ländern protestieren gegen die Umsiedlung der Proschimer, deren Ort einem neuen Tagebau weichen soll

    Lausitz international

    Überspringe die Bildergalerie
  • Teilnehmer der Anti-Kohle-Menschenkette in der Lausitz vor dem Kohlekraftwerk Jänschwalde

    Juchu, wir bleiben hier!

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie
Datum

Mehr zum Thema

Wind Turbine Counter Against Slow Energy Transition in Bavaria
  • 14.09.2023

Bayern ist bundesweit Schlusslicht bei der Windenergie - obwohl die Regierung jährlich neue Rekorde für den Ausbau von Windrädern verspricht. Ein Greenpeace-Tracker zeigt nun den “Fortschritt”.

mehr erfahren
Aktive protestieren mit Windrädern gegen zu wenig Windkraftausbau in Bayern
  • 29.08.2023

Klimaneutralität bis 2040 – das hat sich die bayerische Landesregierung auf die Fahne geschrieben. Passiert ist bisher viel zu wenig, deshalb hijacken Greenpeace-Aktive ihre Fahne jetzt.

mehr erfahren
Flutwohnung Berlin, zerstörter Küchenschrank
  • 19.07.2023

Während die Politik lang und breit über Klimaschutz debattiert, zeigen Greenpeace-Aktive mit einer Flut-Installation, was Klimakrise in Deutschland bedeutet. Erst in Berlin, und nun in Hamburg.

mehr erfahren
Renewable Energy Farm in Germany
  • 05.07.2023

Die Energiewende könnte Bayern günstigen und klimafreundlichen Strom bringen und den Wirtschaftsstandort sichern. Doch seit Jahren arbeitet die Staatsregierung gegen den Ausbau der Windkraft.

mehr erfahren
Windpark bei Altentreptow in Mecklenburg-Vorpommern
  • 04.04.2023

Windkraft – zweitliebste Energieform in Deutschland. Sie spielt beim grundlegenden Umbau der deutschen Energieversorgung sowohl an Land als auch auf dem Meer eine herausragende Rolle.

mehr erfahren
Licht fällt aus einem Dachfenster
  • 23.02.2023

Auch Gebäudewärme muss schnell klimaneutral erzeugt werden, wollen wir die Klimaziele schaffen und unabhängig vom Import fossiler Energien werden. Eine Wärmewende muss her, und Greenpeace sagt, wie.

mehr erfahren