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Braunkohlekraftwerk Niederaussem nahe Köln
Ludolf Dahmen / Greenpeace

Wie geht es weiter mit dem Klimaschutz, wenn die Kohleabgabe kippt?

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Die Kohleindustrie freut sich zu früh über das drohende Aus der Klimaabgabe. Mit der Alternative würde sie ein paar ruhigere Jahre gewinnen. Nur, um danach umso tiefer zu fallen.

Nur mit Mühe kann Michael Vassiliadis seine Freude unterdrücken. Mit den jüngsten Ankündigungen von Wirtschaftsminister Gabriel zu einer Alternative für die verhasste Klimaabgabe sei nun „der Weg frei für eine tragfähige Lösung, die weder die Beschäftigten noch Unternehmen und Regionen überfordert“, frohlockt der Chef der Bergbaugewerkschaft IG BCE. Weit unverhohlener pflichtet ihm Stanislaw Tillich, Ministerpräsident im Braunkohleland Sachsen bei: Die Klimaabgabe fallen zu lassen sei eine „kluge Entscheidung“. Da lässt sich auch der schwedische Kohlekonzern Vattenfall nicht lange bitten: „Wir haben immer gesagt, dass wir die Initiative der IG BCE unterstützen“, stimmt Hubertus Altmann, Vorstand der Vattenfall-Kraftwerkssparte ein.

Der Jubel der Kohlekumpel verwundert nicht. Mit dem Modell, das ausgerechnet die Bergbaugewerkschaft und das Kohleland NRW mitschreiben durften, käme die Branche weit billiger davon, als mit Gabriels ursprünglicher Idee eines Klimabeitrags der ältesten und schmutzigsten Kohlekraftwerke. 22 Millionen Tonnen CO2 hätten damit bis zum Jahr 2020 zusätzlich eingespart werden sollen. Vassiliadis‘ „tragfähige Lösung“ ist da weniger streng: Sie begnügt sich mit etwas mehr als 12 Millionen Tonnen. Die sollen von Kohlekraftwerken geleistet werden, die in eine Art alimentierten Ruhestand („Kapazitätsreserve“) gesetzt werden. Der Rest soll durch einen energischen Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und eine Abwrackprämie für private Heizungen zusammenkommen. Die einzig belastbare Information dazu, wer das bezahlt: nicht die Kraftwerksbetreiber.

 

Zahlen müssen Stromkunden statt Kraftwerksbetreiber

Vielleicht kommt es tatsächlich so, wenn am kommenden Mittwoch das Kabinett den seit Monaten währenden Kohlestreit entscheidet. Doch ein Grund zur Freude wäre das für niemanden. Nicht für Angela Merkel, die sich gerade erst auf Schloss Elmau als Klimakanzlerin feiern ließ – und dann ihren Wirtschaftsminister im Kohlestreit ignorierte. Nicht für den Klimaschutz, denn es ist völlig ungewiss, ob Deutschlands Ziel der ganzen langwierigen Übung – 40 Prozent weniger CO2 bis zum Jahr 2020 – tatsächlich erreicht wird. Auch nicht für die Stromkunden, denn sie würden zahlen müssen, wovor sich die Kraftwerksbetreiber drücken.

Aber auch nicht für die Kohlelobby. Denn obwohl sich gerade alles auf das Jahr 2020 konzentriert: Der Klimaschutz endet nicht in diesem Jahr. Er wird weitergehen und weiter Fahrt aufnehmen. Bis 2030 soll der Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 55 Prozent sinken, bis 2040 um mindestens 70 Prozent, bis 2050 um bis zu 95 Prozent. Anders ausdrückt: Wer den CO2-Ausstoß jetzt weniger stark senkt, muss danach umso schneller runter.

Noch liegen keine verbindlichen Reduktionspfade für einzelne Sektoren vor. Aber überträgt man das Langfristziel von 95 Prozent auf die Energiewirtschaft, dann müssen deren Emissionen von 377 Millionen Tonnen CO2 (2013) bis Mitte des Jahrhunderts um 354 Millionen schrumpfen. Was verglichen mit der bisherigen Wegstrecke einem Sturzflug gleichkommt: In den 23 Jahren seit 1990 wurden gerade mal kärgliche 81 Millionen Tonnen eingespart.

Man muss keinen Pilotenschein haben, um zu ahnen, dass ein gleichmäßiger Sinkflug besser abläuft als ein schwer kontrollierbarer Absturz. Auf einen solchen würde die Kohlebranche mit ihrem Pyrrhussieg zusteuern. 

  • Greenpeace-Aktivistin mit Merkel-Maske protestiert vorm Kanzleramt in Berlin für Klimaschutz

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