Jetzt spenden
Greenpeace-Aktivist bei Projektion auf Kohlekraftwerk in Polen
Bente Stachowske / Greenpeace

Bericht internationaler NGOs: Wie europäische Versicherer polnische Kohleenergie unterstützen

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Unternehmen wie die Allianz investieren seit einer Weile nicht mehr in Kohle. So weit, so gut. Doch in Polen versichern die Konzerne weiterhin den Ausbau von Braunkohleprojekten.

Wasser predigen und Wein trinken – so sieht die Strategie europäischer Versicherungsunternehmen beim Thema Kohleausstieg aus. Ein aktuelles Papier internationaler Nichtregierungsorganisationen, darunter auch Greenpeace, zeigt, dass beispielsweise der deutsche Versicherungskonzern Allianz gigantische Braunkohleprojekte in Polen unterstützt. Und das obwohl die Allianz zuhause in Deutschland als Vorreiter in Sachen Divestment gilt – also dem Abzug von Investitionen ins schmutzige Kohlegeschäft.

 

2015, kurz vor der Pariser Klimakonferenz, setzte der Versicherer damit Maßstäbe für die ganze Branche: Nach Recherchen von „Unfriend Coal“ haben sich bisher 15 führende Versicherungsunternehmen aus dem Kohlegeschäft zurückgezogen, beziehungsweise planen den Schritt. Dadurch wurden bereits 20 Milliarden Dollar an Investitionen abgezogen. Durch die Hintertür ermöglicht die Allianz aber weiterhin den Ausbau von Kohleenergie. Und sie ist damit nicht allein.

 

Auch die Münchener Rück stellt sich als Klimaschützer dar, ist aber Teil eines Konsortiums, das etwa den Kraftwerksneubau Opole bei Kattowitz mitfinanziert – das nach Fertigstellung größte Kohlekraftwerk Europas. Nicht direkt, denn das widerspricht in vielen Fällen den eigenen Richtlinien. Dadurch, dass die beteiligten Unternehmen – darunter auch Allianz und Generali – die für ein Projekt dieser Größenordnung unverzichtbaren Versicherungspolicen ausstellen, ermöglichen sie es allerdings erst: ohne finanzielle Sicherheit kein Ausbau. Konsequent ist das nicht. Eher dreist.

 

Underwriting: Versicherungspolicen für Klimakiller

Seit 2013 haben europäische Versicherungsunternehmen, die nicht aus Polen stammen, die dortige Kohleindustrie bei mindestens 21 Projekten unterstützt. Underwriting nennt sich der Vorgang im Versicherungswesen: Das Unternehmen schätzt Versicherungsrisiken ein und regelt, dass das Projekt für beide Seiten tragbar ist, für den Versicherten günstig, für den Versicherer profitabel. Nur vier der 15 Firmen, die sich zum Divestment verpflichtet haben, haben auch begonnen, das Underwriting einzustellen: AXA, SCOR, Swiss Re und Zurich.

Die Unternehmen, die das nicht tun, unterlaufen nicht nur teils die eigenen Absichten, sondern vor allem die internationalen Bemühungen, den Klimawandel einzudämmen. Kohlenstoffdioxid, das in großer Menge durch Kohlekraftwerke in die Atmosphäre gelangt, ist Hauptverursacher der Erderhitzung. Eine wachsende Anzahl europäischer Staaten plant darum, bis 2030 ganz aus der Kohle auszusteigen. Nicht so Polen: Inländische Unternehmen planen in den kommenden Jahren weitere Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von mehr als zehn Gigawatt, einschließlich Kapazitäten von 3,2 Gigawatt, die bereits im Bau befindlich sind. Des Weiteren sind neue Tagebaue in Planung, aus denen rund 3,2 Milliarden Tonnen Braunkohle gebaggert werden sollen.

Die Beteiligung deutscher Versicherungsunternehmen wird umso absurder, wenn man die Gesundheitsfolgen der polnischen Energiepolitik betrachtet. Deutschland hat außerhalb Polens die höchste Zahl an Todesfällen, die im Zusammenhang mit der Feinstaubbelastung durch polnische Kohlekraftwerke stehen: 620. Die zweithöchste Zahl hat Italien, Sitz des Versicherers Generali: Dort sind es 430. Allianz und Generali, deren Geschäft zum großen Teil aus Kranken- und Lebensversicherungen besteht, finanzieren somit eine Energiewirtschaft, die Erkrankungen und sogar den Tod der Menschen in Kauf nimmt, die sie gegen eben solche Risiken versichern – schizophren.

Kohle ist ein Auslaufmodell, auch in Polen

Überhaupt: Dass mit der Kohle noch ein gutes Geschäft zu machen sei, ist ein Irrglaube; der Trend zu Erneuerbaren Energien ist unumkehrbar. Das spürt selbst Polen am eigenen Leib. Trotz Subventionierung durch die Regierung wird geschätzt, dass 80 Prozent der polnischen Kohletagebaue keinen Gewinn abwerfen. Die gesamte Tagebauindustrie des Landes hat 2015 mehr als eine Milliarde Euro Verlust gemacht.

Wie passend, dass die 24. UN-Klimakonferenz im Dezember im polnischen Kattowitz stattfindet, das zu den 50 Städten mit der stärksten Luftverschmutzung in Europa gehört. Delegierte aus fast 200 Ländern werden hier zusammenkommen, um den Blick der Welt auf das osteuropäische Land zu lenken – und darauf, welche Rolle Unternehmen, Versicherer und Finanzdienstleister beim nach wie vor steigenden Kohleverbrauch Polens spielen, im Land und außerhalb.

Online-Mitmachaktion

https://act.greenpeace.de/eu-verbot-fossile-energien

Neue fossile Energieprojekte in Europa verbieten

Wir alle müssen jetzt den klimatischen und ökologischen Notstand als die existenzielle Krise behandeln, die er ist. Unser Leben hängt davon ab. Deshalb fordern wir die EU-Institutionen dazu auf: Stoppt neue Öl- und Gasprojekte!

Jetzt unterzeichnen
0%
vom Ziel erreicht
0
haben mitgemacht
0%
Protesters holding yellow banner that says "defend the climate - not fussil fuels"

Mehr zum Thema

Anlage für grünen Wasserstoff

Grüner Wasserstoff: nicht zum Heizen

Wasserstoff aus erneuerbarer Energie ist kein Allheilmittel in der Klimakrise – sondern eine knappe Ressource, die gezielt eingesetzt werden muss. Beim Heizen ist er nicht sinnvoll, so eine Studie.

mehr erfahren über Grüner Wasserstoff: nicht zum Heizen
Ein Schaufelradbagger steht in einer Tagebaugrube.

Wer zahlt für die Rekultivierung?

Die Leag trennt Gewinne von Braunkohle-Altlasten – ein Milliardenrisiko für Steuerzahlende, bestätigt eine Analyse von Greenpeace. Umweltverbände klagen darum gegen die Umstrukturierung des Konzerns.

mehr erfahren über Wer zahlt für die Rekultivierung?
Mira Jäger schaut aus dem Fenster, links im Bild eine Wärmepumpe

Ratgeber Wärmepumpe

Wärmepumpen sind die umweltfreundlichen Heizungen der Zukunft: Sie funktionieren ohne Öl oder Gas, und bei der Nutzung entsteht kein CO2. Ein Erfahrungsbericht.

mehr erfahren über Ratgeber Wärmepumpe
Windpark bei Altentreptow in Mecklenburg-Vorpommern

Windkraft

Windkraft – zweitliebste Energieform in Deutschland. Sie spielt beim grundlegenden Umbau der deutschen Energieversorgung sowohl an Land als auch auf dem Meer eine herausragende Rolle.

mehr erfahren über Windkraft
Licht fällt aus einem Dachfenster

Wärmewende

Auch Gebäudewärme muss schnell klimaneutral erzeugt werden, wollen wir die Klimaziele schaffen und unabhängig vom Import fossiler Energien werden. Eine Wärmewende muss her, und Greenpeace sagt, wie.

mehr erfahren über Wärmewende
Windpark at Haarberg

Wie viele Windräder gibt es in Bayern?

Bayern ist bei der Windenergie weiter Schlusslicht. Warum es so wenig Windkraft in Bayern gibt, weshalb und wo sie sinnvoll ist und wie Greenpeace Bayern Söder und Aiwanger auf die Finger schaut.

mehr erfahren über Wie viele Windräder gibt es in Bayern?