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Atlantic cod in North and Baltic Sea Protected Areas
© Axel Heimken / Greenpeace

Fischereiquoten in der Ostsee: Rettungsschirm oder Gefahr für das Ökosystem?

Fischfangquoten sollen helfen, das Gleichgewicht im Meer zu bewahren, doch politischer Druck und wirtschaftliche Interessen führen zu überhöhten Quoten – mit fatalen Folgen für das fragile Ökosystem. 

Die Ostsee steht vor einer ökologischen Krise. Fischfangquoten sollen eigentlich helfen, das Gleichgewicht im Meer zu bewahren – doch die Realität sieht oft anders aus. Politischer Druck und wirtschaftliche Interessen führen regelmäßig zu überhöhten Quoten, mit fatalen Folgen für das fragile Ökosystem. Besonders bedroht sind Dorsch und Hering, die einst als Lebensader der Ostsee galten. Was bedeuten die Fangquoten wirklich, und welche Fischarten sind am stärksten betroffen? Ein Blick auf die drängendsten Probleme – und die Verantwortung, die wir jetzt übernehmen müssen.

Was sind Fischfangquoten in der Ostsee?

Fangquoten, auch bekannt als Total Allowable Catches (TACs), bestimmen, wie viel Fisch bestimmter Arten in einem festgelegten Zeitraum und Gebiet, wie zum Beispiel der westlichen Ostsee, gefangen werden darf. Diese Quoten legt die Europäische Union jährlich beispielsweise für die westliche Ostsee fest. Sie sind entscheidend, um den Kollaps der Fischbestände zu verhindern.

Indem sie den Fischfang begrenzen, sollen Fangquoten nicht nur die Bestände selbst, sondern auch das gesamte Nahrungsnetz im Meer schützen. Leider sind die Quoten häufig nicht ausreichend, um die Bestände nachhaltig zu sichern. Der politische Druck durch die Fischereiindustrie führt oft dazu, dass  Politik höhere Quoten festlegt, als von der Wissenschaft empfohlen. Die Ostsee befindet sich  in einem sehr schlechten Zustand, gleichzeitig  sind viele Arten abhängig voneinander. Eine Überfischung bestimmter Fischarten, wie des Dorsches, kann daher gravierende Auswirkungen auf das ganze Ökosystem haben. 

Fischfangquoten 2026: Kein Umdenken in Sicht

Am 28. Oktober 2025 hat der EU-Rat für Landwirtschaft und Fischerei in Luxemburg die Fangquoten für die Ostsee für das Jahr 2026 beschlossen. Trotz alarmierender wissenschaftlicher Befunde entschied der Rat, dass die Ausnahmeregelung für den Fang von Hering in der westlichen Ostsee bestehen bleibt. Auch der Beifang von Dorsch und Hering bleibt weiterhin erlaubt – obwohl beide Bestände als kollabiert gelten. Für Greenpeace-Meeresexpertin Daniela von Schaper ist das ein schwerwiegender Fehler. 

MY Arctic Sunrise (DSM) Open Boat in Hamburg
Die EU-Agrarminister:innen ignorieren den Ernst der Lage. Jahrzehnte wurde die Ostsee massiv überfischt. Die Bestände von Dorsch und Hering sind kollabiert. Vollständige Fangverbote sind dringend notwendig, denn Fisch in den Meeren wird nicht wie im Supermarkt abends wieder aufgefüllt. Bundesagrarminister Alois Rainer darf der Fischerei nicht länger etwas vorgaukeln, sondern muss neue Perspektiven schaffen und sich umgehend für wirksame Schutzmaßnahmen einsetzen. Dazu gehören der Ausschluss der Fischerei aus Meeresschutzgebieten und Maßnahmen zur Wiederherstellung zerstörter Lebensräume.
Daniela von Schaper

Meeresexpertin bei Greenpeace

MY Arctic Sunrise (DSM) Open Boat in Hamburg
Zitat
Die EU-Agrarminister:innen ignorieren den Ernst der Lage. Jahrzehnte wurde die Ostsee massiv überfischt. Die Bestände von Dorsch und Hering sind kollabiert. Vollständige Fangverbote sind dringend notwendig, denn Fisch in den Meeren wird nicht wie im Supermarkt abends wieder aufgefüllt.
Bundesagrarminister Alois Rainer darf der Fischerei nicht länger etwas vorgaukeln, sondern muss neue Perspektiven schaffen und sich umgehend für wirksame Schutzmaßnahmen einsetzen. Dazu gehören der Ausschluss der Fischerei aus Meeresschutzgebieten und Maßnahmen zur Wiederherstellung zerstörter Lebensräume.
Zitatinhaber, Vorname Nachname
Daniela von Schaper
Position des Zitatinhabers
Meeresexpertin bei Greenpeace
Kreisförmiges Bild
An

Diese Entscheidung zeigt erneut, dass wirtschaftliche Interessen Vorrang vor wissenschaftlichen Erkenntnissen haben. Ohne ein radikales Umdenken droht die Ostsee endgültig zu kippen.

Warum Fischfangquoten allein nicht reichen

Fangquoten sind ein wichtiges Instrument, um Fischbestände zu regulieren – doch sie können nur wirken, wenn sie sich streng an wissenschaftliche Empfehlungen halten. Solange politische Kompromisse Vorrang haben, bleibt der Schutz unzureichend.
Die EU und ihre Mitgliedsstaaten müssen endlich das Vorsorgeprinzip ernst nehmen: Fangverbote für bedrohte Bestände, wirksame Meeresschutzgebiete und eine klare Reduktion des Fischereidrucks sind unabdingbar.  Nur so kann sich die Ostsee langfristig erholen.

Welche Fische sind in der Ostsee betroffen?

In der Ostsee stehen vor allem Dorsch, Hering, Lachs und Scholle im Zentrum der Diskussion um die Fangquoten. Besonders besorgniserregend ist die Situation des westlichen Dorschbestands und des Herings. Beide Arten haben in den vergangenen Jahren massive Bestandsrückgänge erlitten durch Überfischung, Umweltveränderungen (beispielsweise eine erhöhte Wassertemperatur und Nährstoffzufuhr sowie sauerstoffarme Bereiche) und den allgemeinen schlechten Zustand des Ökosystems.

Illustration Hering
Hering – Der Silberstreif im Meer

Der Hering ist das Herz der Ostsee, ein wahres Gemeinschaftstier. Er bildet riesige, schimmernde Schwärme, die sich wie ein einzelner Organismus bewegen – ein faszinierendes Schauspiel. Der Hering ist nicht nur für Menschen ein wertvoller Fisch, sondern auch für zahlreiche Meeresbewohner. Doch sein Überleben hängt von unserer Bereitschaft ab, ihn nachhaltig zu schützen. Denn nicht nur die Überfischung setzt dem Hering zu, auch er leidet unter der Erhitzung der Meere. Denn er ist ein Wanderfisch, der weite Strecken zurücklegt, um zu seiner Nahrung zu gelangen. Seine Wanderungen sind saisonal und richten sich nach der Verfügbarkeit von Plankton, der Hauptnahrungsquelle des Herings. Im Frühjahr und Sommer zieht er oft in küstennahe Gewässer, wo das Plankton besonders reichlich vorhanden ist. Im Herbst und Winter wandert er wieder in tiefere, kühlere Regionen ab. Durch die Erwärmung des Meere, beginnen Heringe ihre Reise nun schon früher in die küstennahen Gewässer  nur leider wartet hier noch keine Nahrung auf ihn und die Tiere verhungern.

Illustration einer Scholle
Scholle – Die Meisterin der Tarnung

Die Scholle, mit ihrem abgeflachten Körper und den beiden Augen auf einer Seite, ist eine wahre Meisterin der Tarnung. Sie lebt dicht am Meeresboden und passt sich geschickt dem Sand oder den Steinen an, um unsichtbar zu bleiben. Trotz ihrer auffälligen orangefarbenen Punkte kann sie sich mit ihrem flachen, asymmetrischen Körper perfekt an den sandigen Untergrund anpassen und ist dann kaum zu sehen. Als bodennahe Jägerin bringt sie Ruhe in das hektische Treiben der Ostsee. Doch auch sie ist auf unsere Rücksichtnahme angewiesen, damit ihre Population nicht abnimmt.

Illustration Dorsch
Dorsch – König der Tiefe

Der Dorsch ist ein heimlicher Herrscher der Ostsee. Mit seinem markanten Bartfaden unter dem Kinn streift er gemächlich über den Meeresboden, stets auf der Suche nach Beute. Doch er kann auch blitzschnell zuschlagen, wenn die Gelegenheit günstig ist. Als Raubfisch spielt er eine zentrale Rolle im Ökosystem, aber sein Thron wackelt: Überfischung und Umweltveränderungen haben den Dorschbestand drastisch schrumpfen lassen. Ohne klare Schutzmaßnahmen könnten wir bald einen der großen „Könige“ der Ostsee verlieren.

 

Fazit: Die Zeit zum Handeln ist jetzt

Die Ostsee braucht mehr als schlecht getroffene Entscheidungen über Quoten – sie braucht konsequenten Schutz.
Solange die EU-Minister:innen wissenschaftliche Empfehlungen ignorieren und Fangquoten politisch aufweichen, wird sich das Ökosystem nicht erholen. Nur vollständige Fangverbote für kollabierte Bestände, fischereifreie Schutzgebiete und die Wiederherstellung zerstörter Lebensräume können die Ostsee retten – damit aus einem sterbenden Meer wieder ein lebendiges Ökosystem wird.

Korallenriff in Papua
© Paul Hilton / Greenpeace

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