
Die Wahrheit hinter dem Bärenmarke-Idyll
Mitmachen: Bärenmarke eine Protestmail schicken- Ein Artikel von Nina Klöckner
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Die Molkerei Hochwald wirbt mit besonders hoher Qualität und verkauft unter dem Label Bärenmarke Milch von Kühen aus den schlechtesten Haltungsformen – das ärgert auch ihren berühmten Werbeträger. In einem Video packt er aus. Ehrenamtliche von Greenpeace protestieren vor Supermärkten und auch Sie können aktiv werden. Am 6. Dezember haben Greenpeace-Aktive tauschende Protest-Postkarten zur Zentrale der Molkerei Hochwald gebracht.
Er war ein Star, das kann man so sagen. Schon ganz früh stieg er in die Filmbranche ein und machte dort Kinowerbung. Die Firma Steiff produzierte für seine jungen Fans eine Plüschversion von ihm. Und spätestens, als er Ende der sechziger Jahre als eine der ersten Werbefiguren im Farbfernsehen auftrat, kannte ihn so ziemlich jede:r in Deutschland: den Bären der Bärenmarke.
In einer Umfrage des Deutschen Werbemuseums wurde er im Jahr 2006 zur beliebtesten Werbefigur gewählt. Für viele Deutsche ist der Milch-Bär Teil ihrer Kindheit, der verlässlich mit seiner silbernen Milchkanne auf grünen Alpenwiesen stand und die märchenhafte Vorstellung von gesunder Milch von glücklichen Kühen in die deutschen Wohnzimmer kippte.
Und das soll jetzt alles vorbei sein? Schluss? Ende? Eines ist jedenfalls klar: Der Bär will nicht mehr. Er steigt aus. Denn inzwischen hat er herausgefunden, dass die Realität mit den polierten Werbebildern nichts zu tun hat, für die er so lange Modell gestanden hat.
Greenpeace nimmt Bärenmarke aufs Korn
Mit einer Werbeparodie zeigt Greenpeace, was wirklich hinter dem Bärenmarke-Idyll steckt.
In dem Video sucht der Bärenmarke-Bär auf grünen Wiesen vergeblich nach seinen alten Freunden und muss am Ende feststellen, dass die Kühe ihr kurzes Leben nur noch in Ställen verbringen. Die Erkenntnis, selbst jahrelang Teil des Systems gewesen zu sein, führt beim Bären zu einem radikalen Schritt. In einem zweiten Videoclip outet er sich als Whistleblower, der die Illusion des Bärenmarke-Images zerstört.
Auf baerenmarke-papers.de stellt Greenpeace eine Recherche zur Verfügung, die sich mit den Geschäftspraktiken der Bärenmarke-Molkerei Hochwald beschäftigt. Sie zeigt, wie sehr Image und Realität auseinanderklaffen.
Bärenmarke: teure Milch, billige Produktion
So verkauft die Molkerei Hochwald, zu der Bärenmarke gehört, unter diesem Label Milch zu extrem hohen Preisen und wirbt mit besonders hoher Qualität. Doch anders als bei Bio- oder Weidemilch achtet die Molkerei weder besonders aufs Tierwohl noch zahlt sie faire Preise an die Milcherzeuger:innen. Die Kühe der Betriebe, die Milch für Bärenmarke liefern, bekommen zumeist gar keine Weide zu sehen. Sie verbringen ihr kurzes Leben fast ausschließlich im Stall, ohne viel Auslauf auf wenigen Quadratmetern, teilweise in Anbindehaltung. Das ergab eine Greenpeace-Abfrage bei Molkereien.
„Bei Bärenmarke handelt es sich um ein gewöhnliches Produkt von Tieren in der schlechtesten Haltungsform“, sagt Lasse van Aken, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. „Damit Werbemärchen wahr werden, muss Bärenmarke ihre Milchprodukte auf Weidehaltung umstellen. Davon profitieren Kühe, Artenvielfalt und Klima.”
Proteste gegen das Täuschungsmanöver
>>> Sie können mitmachen – auf unterschiedliche Weise:
- Bärenmarke eine Mail schicken: Fordern Sie Weidehaltung für Bärenmarke-Kühe von Geschäftsführer Detlef Latka.
- Kostenloses Aktionspaket bestellen: Neben einem Tattoo-Bogen mit drei Motiven erhalten Sie eine Unterschriftenliste für mehr Weidehaltung. Die bis Ende Dezember an uns zurückgeschickten gesammelten Unterschriften werden an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) übergeben.
Auch der Bär ist aktiv – auf Instagram etwa ist zu sehen, wie er ein Kletter- und Schlauchboottraining absolviert oder als Aktivist im Supermarkt unterwegs ist.
Am 6. Dezember 2023 haben Greenpeace-Aktive bereits tausende Protest-Postkarten zur Zentrale der Molkerei Hochwald in Thalfang gebracht. Stellvertretend für die Verbraucher:innen übergab das Bärenmarke-Maskottchen knapp 14.000 Postkarten und mehr als 8.000 E-Mails an die Hochwald Foods GmbH. Als Nikolaus verkleidet trug der Bär die Forderungen an die Verantwortlichen der Molkerei vor. Die Geschäftsführung der Molkerei hat sich bisher nicht zu den Forderungen von Greenpeace und Verbraucher:innen geäußert und noch keine Maßnahmen angekündigt. Machen wir also weiter!
Das Logo mit dem Bären ist eine Mogelmarke
Denn bislang geht die Hochwald Foods GmbH einen anderen Weg. Mithilfe eines hohen Marketingbudgets preist sie die Bärenmarke inzwischen als das „Beste der Milch“ an. Zielgruppe sind vor allem Familien, die ihre Kinder gesund ernähren möchten. Und der niedliche Bär sitzt praktisch mit am Frühstückstisch. Dabei ist die Frischmilch von Bärenmarke keineswegs qualitativ besonders hochwertig, sondern Milch aus industrieller Tierhaltung und Erzeugung. Sie ist weitgehend identisch mit Billigmilch vom Discounter und kommt aus demselben Werk, nur in einer anderen Verpackung. Das hat eine Analyse von Greenpeace gezeigt. Je mehr Gras eine Kuh frisst, desto höher ist der Omega-3-Fettsäure-Gehalt ihrer Milch. Bei dem Test schnitt Bärenmarke nicht besser ab als die niedrigpreisigen Eigenmarken der Supermarktketten.
“Die Bärenmarke-Milch kostet fast doppelt so viel wie das Discounterprodukt, obwohl es den Kühen im Stall nicht gut geht und die Landwirt:innen schlecht bezahlt werden”, so van Aken. “Das Logo mit dem Bären ist also nicht mehr als eine Mogelmarke.”
Greenpeace fordert deshalb von Hochwald,
- dass die Molkerei sämtliche Produkte von Bärenmarke auf Milch von Kühen umstellt, die mindestens nach Pro-Weideland-Standards gehalten werden.
- dass die Molkerei transparent macht, wie die Kühe für ihre Milch gehalten werden.
- dass alle Bärenmarke-Milchprodukte ab sofort mit der Haltungsform gekennzeichnet werden.
(Der Artikel wurde am 27. September erstveröffentlicht und anschließend aktualisiert.)