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Billigfleisch im Regal
©Bodo Marks/Greenpeace

Greenpeace-Studie: Abgaben für Klimaschutz und Tierwohl

Wer Billigfleisch konsumiert, zahlt nicht den Preis für die Umweltschäden. Abgaben auf Fleisch könnten diese Fehlsteuerung korrigieren, belegt eine neue Studie. 

Fleisch ist billig. So billig, dass wir in Deutschland zu viel davon essen – rund 60 Kilogramm im Schnitt pro Jahr. Dabei steigt bei hohem Fleischkonsum das Risiko, Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erleiden. Die Emissionen aus der Produktion von Fleisch tragen wesentlich zur Erhitzung des Klimas bei. Und damit Fleisch so billig angeboten werden kann, müssen Tiere massenhaft leiden. Sie werden auf engstem Raum gehalten, dazu wird hierzulande geltendes Tierschutzrecht immer wieder ausgesetzt – so werden etwa Jahr für Jahr hunderttausenden Schweinen die Schwänze abgeschnitten, damit sie sich die in der Enge der Ställe nicht abbeißen. Dabei ist das eigentlich eine gesetzlich verbotene Tierquälerei.

So kann es nicht weitergehen. Der Preis, den Umwelt und Tiere für das Billigfleisch zahlen, ist viel zu hoch. Und die meisten Tierhalter sind ebenfalls Opfer dieses Systems. Der Wettbewerbs- und Preisdruck ist so hoch, dass auch mit der fragwürdigen Intensivtierhaltung für sie oftmals nur wenig oder nichts zu verdienen ist. Besonders kleine und mittlere Betriebe halten dem Druck nicht stand. Tausende Landwirtinnen und Landwirte mussten in den vergangenen Jahren ihre Höfe aufgegeben.

Klöckner drückt sich vor der Verantwortung

Was also ist zu tun? Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) schiebt die Verantwortung gerne ab. Zur Internationalen Grünen Woche, der großen Agrarmesse, die am 17. Januar in Berlin startet, spielt sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern den Schwarzen Peter zu: „Du entscheidest!“ lautet die Aufforderung der neuen Kampagne ihres Ministeriums. Doch Klöckner fällt kaum mehr dazu ein, als öffentlich die mangelnde Bereitschaft der Bundesbürger zu beklagen, Geld für gutes Essen auszugeben und das Preisdumping der Supermärkte als „unanständig“ zu bezeichnen.

Die zuständige Ministerin trägt aber nicht dazu bei, dass Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf sicher sein können, nur Produkte im Angebot zu finden, die nach geltendem Recht erzeugt wurden. Stattdessen hat sie die erneute Verlängerung von Übergangsfristen für illegale Praktiken bei der Haltung durchgesetzt. Sie lehnt es auch ab, mit einer verbindlichen und staatlich kontrollierten Haltungskennzeichnung im Supermarkt Transparenz zu schaffen, damit beim Kauf klar zu erkennen ist, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten wurden, von denen die Fleischprodukte stammen.

Abgabe für Fleisch: Umweltschäden und Tierleid teurer machen

Und schon gar nicht kommt es der Ministerin in den Sinn, das augenscheinliche Versagen des Marktes zu korrigieren, auf dem die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Entscheidungen treffen sollen. Denn die Preise für Fleisch und Milchprodukte bilden nicht die wahren und vollständigen Kosten ab, die bei der Produktion entstehen – also etwa die Schäden für die Klimakrise, zu denen die Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung beitragen. Oder die Folgen der hohen Nitratbelastung durch Überdüngung, die Grundwasser, Flüsse und Seen belastet und schließlich die Gewinnung gesunden Trinkwassers erschwert. Dafür kommen die Fleischkonsumenten bislang nicht auf. Im Kühlregal und an der Fleischtheke werden vielmehr falsche Preissignale gesetzt. Das Ergebnis: Die Zeche für die Kosten der umwelt- und klimaschädlichen Erzeugung zahlen andere. Die Dumpingpreise fürs Billigfleisch sorgen für anhaltend hohe Nachfrage im Inland, immer mehr Fleisch aus Deutschland wird zudem exportiert.

Mit einer Abgabe auf Fleisch ließe sich diese Fehlsteuerung korrigieren, zeigt eine Studie, die Greenpeace heute vorstellt. Man könnte etwa damit anfangen, die Subvention für Fleisch und Milchprodukte im Mehrwertsteuersystem zu beenden. Dazu müsste der bislang geltende ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent auf den Regelsteuersatz von 19 Prozent angehoben werden. Denkbar wäre auch eine emissionsabhängige Abgabe, die besonders klimaschädliche Haltungsformen höher besteuert. Dann müssten Verbraucherinnen und Verbraucher, die auf einen klimaschonenden Konsum achten und sich für pflanzliche Produkte entscheiden, beim Einkauf im Supermarkt weniger zahlen als regelmäßige Fleischesser. 

Die quälerische Tierhaltung schnell beenden

Schließlich ließen sich mit einer zweckgebundenden Tierwohlabgabe die finanziellen Mittel einsammeln, die nötig wären, um die quälerische Tierhaltung schnell zu beenden. Dazu müssen die landwirtschaftlichen Betriebe aus der Intensivtierhaltung aussteigen und in den Um- und Neubau von Ställen investieren. Das können aber vor allem kleine und mittlere Betriebe aus eigener Kraft kaum stemmen. Die Zweckbindung der Tierwohlabgabe garantiert, dass das Geld der Verbraucherinnen und Verbraucher auch wirklich gezielt dazu genutzt wird, Tierhalter zu fördern, die weniger Tiere unter besseren Bedingungen halten. Zusätzlich sollten mit einem Teil des Geldes mehr staatliche Kontrollen vor Ort finanziert werden, damit das Einhalten der Tierschutzregeln auch wirklich gesichert ist.

Im Auftrag von Greenpeace hat die Berliner Denkfabrik Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) verschiedene fiskalische Instrumente analysiert: die Angleichung des Mehrwertsteuersatzes für Fleisch und Milchprodukte, eine emissionsabhängigen Steuer von 180 € je Tonne CO2 sowie eine Tierwohlabgabe in Höhe von rund 50 Cent je Kilogramm Fleisch und 1,5 Cent je Liter Milch. Dabei wurden die Wirkungen auf Preise, Nachfrage, Klima, Umwelt und Tierwohl sowie rechtliche und administrative Fragen bewertet.

Steuern auf pflanzliche Lebensmittel senken

Das Ergebnis der Analyse hat Greenpeace heute im Vorfeld der Grünen Woche in Berlin vorgelegt: Danach ist der schnelle Ausstieg aus der Tierhaltung mit einer Tierwohlabgabe von maximal 50 Cent pro Kilogramm Fleisch finanzierbar. Wenn die   Mehrwertsteuer angeglichen wird, um die klima- und umweltschädliche Subventionierung von Fleisch und Milchprodukte zu beenden, können Steuern auf pflanzliche Lebensmittel sinken und so Verbraucher und Verbraucherinnen unterm Strich sogar entlastet werden. Bei allen vom FÖS untersuchten Varianten bleibt die Belastung für Verbraucherinnen und Verbraucher überschaubar. Sie liegt stets unter 10 Euro im Monat und ist vor allem abhängig vom Fleischkonsum. „Wer Fleisch kauft, muss auch die Kosten der Erzeugung für Umwelt und Klima tragen.  Derzeit ist das nicht der Fall.“, sagt Hofstetter. „Wir fordern die Bundesregierung auf, mit Hilfe des Steuersystems endlich die richtigen Signale für die Agrarwende zu setzen.“

Die   von   Greenpeace vorgeschlagene Steuerreform bietet den Verbraucherinnen und Verbrauchern klare Orientierung: Höhere Steuern und Abgaben auf tierische Erzeugnisse würden Fleisch verteuern und die Nachfrage sinken lassen. Steuersenkungen könnten den Verbrauch pflanzlicher Produkte erschwinglicher   machen. Die Kombination von Tierwohlabgabe und Umsatzsteuerreform würde den Ausstoß von Klimagasen aus der Landwirtschaft um rund 8,8 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr senken - das entspricht den Emissionen von etwa 3,5 Millionen Pkws. „Die Bundesregierung muss jetzt dringend Verantwortung übernehmen und mit Steuern und Abgaben Anreize für Verbraucher schaffen, den übermäßigen Konsum klima- und umweltschädlicher Lebensmittel zu beenden und Tierhalter beim Umstieg auf eine artgerechte Haltung unterstützten“.

Dem Bund würde eine Tierwohlabgabe jährlich rund 4 Mrd. Euro zur Verfügung stellen.  Damit könnten der Abbau des Tierbestands und tiergerechte Haltungsformen in  landwirtschaftlichen Betrieben flächendeckend gefördert werden. „Wenn wir als Gesellschaft ein schnelles Ende der quälerischen Tierhaltung wollen, müssen wir  Landwirte, die  in  mehr  Tierwohl  investieren wollen, mit öffentlichen Mitteln unterstützen“, sagt Hofstetter.

Zur Studie: Tierwohl fördern, Klima schützen

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