Die Weltnaturkonferenz – Convention on Biological Diversity (CBD)
Ergebnisse der UN-Weltnaturkonferenz: Es gibt zwar neue Schutzmaßnahmen, die COP scheitert jedoch an den Finanzfragen.
- Ein Artikel von Miryam Nadkarni
- Hintergrund
Am Samstag endete die Weltnaturkonferenz der Vereinten Nationen in Cali, Kolumbien – mit gemischten Ergebnissen. Es gibt Lichtblicke, aber auch Rückschläge.
Die gute Nachricht zuerst: Die Bedeutung indigener Gemeinschaften für den internationalen Naturschutz wurde gestärkt. Sie sollen nun bei Umweltfragen verstärkt Gehör finden und ihr Wissen aktiv einbringen können. Außerdem wurden besonders ökologisch wertvolle und artenreiche Meeresgebiete offiziell anerkannt. Diese Gebiete sollen besser kartiert werden, um so die Gründung neuer Meeresschutzgebiete oder die Verbesserung bestehender Gebiete voranzutreiben. In Zukunft wird es somit einfacher, besonders schützenswerte Zonen in nationalen und internationalen Gewässern klar zu identifizieren und vor industrieller Fischerei und Bauvorhaben zu schützen. Diese Entscheidung könnte auch zur Schaffung neuer Schutzgebiete im Rahmen des internationalen Hochseeschutzabkommens beitragen, das im nächsten Jahr in Nizza beschlossen werden soll.
Die schlechten Nachrichten betreffen die Finanzierung des Naturschutzes: Eine vielversprechende Idee war die Einrichtung eines „Cali-Fonds“. In diesen Fonds sollten Unternehmen einzahlen, die genetische Daten als Digital Sequence Information (DSI) nutzen, um Produkte herzustellen. Ein Beispiel: Nutzt ein Pharmakonzern wie Bayer die genetischen Daten von Pflanzen zur Entwicklung neuer Medikamente, müsste er das Herkunftsland dieser Pflanzendaten dafür finanziell entlohnen. Diese Art von Gewinnbeteiligung würde den Herkunftsländern einen Anreiz geben, ihre Natur besser zu schützen. Der „Cali-Fonds“ wurde zwar ins Leben gerufen, allerdings bleibt es den Konzernen freigestellt, ob sie in ihn einzahlen.
Ein weiterer Fonds, der sogenannte Biodiversitätsfonds, sollte ärmeren Ländern des Globalen Südens finanzielle Unterstützung für Naturschutzmaßnahmen bieten, finanziert durch wohlhabendere Industriestaaten. Damit könnten artenreiche Naturgebiete, wie etwa der für uns alle wichtige Amazonas-Regenwald, besser geschützt werden. Doch zur großen Enttäuschung der Länder des Globalen Südens blockierten die Europäische Union und andere Industriestaaten erneut die Schaffung dieses globalen Biodiversitätsfonds.
Geplant war auch die Entwicklung einer Strategie, die einzelnen Staaten ermöglichen soll, schrittweise Subventionen an umweltschädliche Unternehmen abzubauen und die freiwerdenden Mittel in ökologische und soziale Projekte zu investieren. Doch auch diese Strategie wurde auf der Konferenz nicht fertiggestellt.
„Die Blockade des Biodiversitätsfonds durch die EU am Ende der Konferenz hat die Kluft zwischen Industriestaaten und Ländern des Globalen Südens weiter vertieft“, sagt Jannes Stoppel, Politikexperte von Greenpeace. „Die Konferenz, die zunächst vielversprechend begann, endete auf einer bitteren Note zunehmenden Misstrauens. Es ist ein völlig falsches Signal, dass Unternehmen wie Bayer weiterhin nur freiwillig und mit minimalen Beiträgen für die Nutzung genetischer Informationen an artenreiche Herkunftsländer zahlen sollen. Die aktuelle und künftige Bundesregierung muss ihrer Finanzierungsverantwortung gerecht werden, um Vertrauen zurückzugewinnen und konkrete Schritte für eine ambitionierte und rechtlich bindende Umsetzung des Weltnaturabkommens einzuleiten.”
Was ist die Weltnaturkonferenz (CBD)?
Täglich sterben rund 150 Tier- und Pflanzenarten, Millionen sind bedroht. Um dieses Massenaussterben in den Griff zu bekommen, beraten die UN-Vertragsstaaten auch dieses Jahr auf der Weltnaturkonferenz (CBD) in Cali, Kolumbien darüber, wie wir die Natur besser schützen können. Sie ist die 16. Weltnaturkonferenz. Die Weltgemeinschaft hat bereits 1992 auf der UN-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung das ‘UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD)’ beschlossen. Diese Weltnaturkonferenz ist ein internationales und völkerrechtlich verbindliches Abkommen. Alle Mitgliedsstaaten des Übereinkommens haben sich damals verpflichtet:
- die biologische Vielfalt in ihren eigenen Ländern zu schützen,
- geeignete Maßnahmen zum Schutz und zur Nutzung der Biodiversität in Entwicklungsländern zu unterstützen,
- sowie den Zugang zu genetischen Ressourcen und deren Nutzung gerecht zu regeln.
Es gibt insgesamt 196 Vertragsstaaten, die das Übereinkommen über die biologische Vielfalt unterzeichnet und ratifiziert haben. Sie treffen sich normalerweise alle zwei Jahre zur Weltnaturkonferenz. Diese Treffen heißen “COP”, das steht für “Conference of the Parties” und ist das höchste beschlussfassende Gremium des Übereinkommens. Hier tauschen sich die Vertragsstaaten aus und beschließen neue Ziele und Maßnahmen, um die Artenkrise zu stoppen.
Die "Konferenz der Tiere" und andere Aktionen zur Weltnaturkonferenz
Wie setzt Deutschland die Beschlüsse der Weltnaturkonferenzen bisher um?
Deutschland ist seit dem Inkrafttreten der UNCBD Konvention Vertragsstaat. Dennoch hat die Bundesregierung erst 2007, also 15 Jahre später, die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt beschlossen. In dieser Strategie hat die Bundesregierung unter anderem festgelegt, bis 2020 fünf Prozent der Waldfläche einer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Doch dieses – von vornherein sehr niedrig gesteckte Ziel – hat Deutschland weit verfehlt.
Die Bundesregierung sollte bis zur COP16 eigentlich einen neuen Plan für die nationale Biodiversitätsstrategie erarbeiten, wie sie das 30x30-Ziel umsetzen kann. Doch in den letzten Jahren ist zu wenig passiert, deswegen reiste Deutschland zunächst mit leeren Händen zur Konferenz. Nach Beginn der Konferenz hat die Bundesregierung dann spontan einen Entwurf für eine Strategie vorgelegt, der jedoch zu wenig rechtlich verbindliche Maßnahmen enthält, um die Natur wirklich gut zu schützen. Von den 196 Vertragsstaaten hatten nur 25 im Vorfeld eine Nationale Biodiversitätsstrategie entwickelt.
Grundsätzlich hinkt Deutschland laut einer Studie der Universität Bologna im europäischen Vergleich bei der Ausweisung strenger Naturschutzgebiete deutlich hinterher. Die Bundesrepublik belegt unter den 27 EU-Staaten den drittletzten Platz. Mit 0,6 Prozent ausgewiesener Schutzfläche in Deutschland schneiden nur Belgien (0,1 Prozent) und Dänemark (0,2 Prozent) schlechter ab.
Greenpeace hat Ende 2021 berechnet, was für die Wälder in Deutschland eigentlich nötig wäre. Hierzu wurden die besonders bedrohten und daher besonders schützenswerten Wälder in Deutschland analysiert. Die Wälder, die demnach besonders schutzbedürftig sind, bilden ca. 15% der deutschen Waldfläche ab.
Warum brauchen wir Artenvielfalt überhaupt?
Mit jeder Art, die ausstirbt, schädigen wir auch uns selbst. Wir brauchen sie alle, nicht nur die besonders niedlichen. Wir brauchen Pflanzen als Lebensgrundlage und Nahrung und Insekten, um Pflanzen zu bestäuben. Stirbt eine Art aus, kann das dramatische und unvorhersehbare Konsequenzen auf das gesamte Nahrungsnetz haben. Die Vielfalt von Lebensräumen und Arten ist auch wichtig für die menschliche Entwicklung: So sind Tiere und Pflanzen seit jeher eine Inspiration für Technik und Kunst und eine Fundgrube für die Entwicklung von Medikamenten.
Eine intakte Natur ist unsere Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise: Gesunde Wälder und Meere nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf und produzieren Sauerstoff. Diese Ökosysteme können diese Aufgaben nur erfüllen, wenn sie gesund sind: Kahlgeschlagene Wälder, trockengelegte Moore und sich durch die Klimakrise erwärmende und versauernde Meere können weniger oder gar kein klimaschädliches CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und speichern.
Für die Meeresflächen in Deutschland fordern wir, dass mindestens die Hälfte der bereits bestehenden Natura-2000-Schutzgebiete (die etwa 30 Prozent der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone umfassen) unter strengen Schutz gestellt und damit vor jeglicher industrieller Nutzung geschützt werden sollten, also auch etwa 15 Prozent.
Beispiele für erfolgreiche Naturschutzmaßnahmen
Der Bestand einiger Vogelarten ist laut dem aktuellen “Faktencheck Artenvielfalt” wieder etwas gewachsen. Wissenschaftler:innen schätzen, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass wieder mehr Totholz im Wald gelassen wird, ein wichtiger Lebensraum für Insekten.
Die Kegelrobbe galt in Deutschland als nahezu ausgerottet. Gründe waren neben der Jagd auch der erhebliche Lebensraumverlust und Störungen durch Schiffsfahrt, Küstenbebauung und Tourismus. Die Einrichtung von Schutzgebieten entlang der Küsten, in denen Kegelrobben leben und sich ungestört fortpflanzen, hat dazu beigetragen, den Druck auf ihre Population zu verringern. Mittlerweile gibt es wieder über 2.000 Tiere.
Greenpeace-Forderungen zur Weltnaturkonferenz
Bisher gab’s vor allem viel Gerede, aber es wurden kaum effektive Maßnahmen entwickelt, um den Naturschutz wirklich zu stärken. Wenn es so weitergeht, werden wir das 30x30 Ziel weit verfehlen. Damit das nicht passiert, sollte Folgendes passieren:
- Natur- und klimaschädliche Subventionen abschaffen!
Wenn wir Natur- und klimaschädliche Subventionen abschaffen, können wir das Geld in den internationalen und nationalen Naturschutz stecken.
- Finanzierung von Naturschutz garantieren!
Deutschland muss weiterhin die zugesicherten 1,5 Mrd. Euro für den Naturschutz im globalen Süden zur Verfügung stellen.
- Zerstörte Natur wiederherstellen!
Mindestens 30 Prozent der trockengelegten Moore, künstlich angelegte Nadelwälder und begradigte Flüsse müssen in ihren natürlichen Zustand zurückversetzt werden. Dafür muss Deutschland das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur in nationales Recht umsetzen und beispielsweise ein starkes Bundeswaldgesetz schaffen.
- Naturschutz über wirtschaftliche Interessen stellen!
Der Schutz unserer Umwelt und Artenvielfalt muss über wirtschaftlichen Interessen stehen. Das heißt: Industrien, wie die konventionelle Fischerei oder Forstwirtschaft, sollen nicht länger die Natur in effektiven Schutzgebieten ausbeuten dürfen. Konkret bedeutet das für Deutschland: Wir müssen mindestens 15 % Wald- und Meeresflächen strikt vor industrieller Nutzung schützen.