Greenpeace-Recherche zur Stiftung Familienunternehmen (SFU)
- Ein Artikel von Katharina Heider
- Recherche
Wie sähe es aus, wenn einige der reichsten Familien Deutschlands möglichst unauffällig Einfluss auf die Politik nähmen, um höhere Steuern auf ihr Vermögen und strengere Klimavorgaben für ihre Unternehmen zu verhindern? Die Stiftung Familienunternehmen (SFU) zeigt es uns. Wir haben monatelangen recherchiert und können belegen: Die einflussreiche Lobbyorganisation, die oft als Sprachrohr des Mittelstands wahrgenommen wird, handelt im Auftrag zahlreicher Milliardär:innen und Großkonzerne. Sie setzt sich gegen eine Vermögenssteuer sowie Klima- und Umweltschutzvorgaben für Unternehmen ein.
Wer steckt hinter dem Netzwerk der Stiftung?
Hinter die Kulissen einer verschlossenen Organisation wie der Stiftung Familienunternehmen zu blicken, ist nicht trivial. Insbesondere die Liste der Förderer:innen ist ein streng gehütetes Geheimnis der SFU. Um mehr zu erfahren, haben wir monatelang recherchiert, systematisch öffentliche Quellen ausgewertet, mit Insider:innen gesprochen und interne Dokumente gesichtet. Unsere Recherchen geben einen umfassenderen Einblick in das Netzwerk, die Methoden und Ziele der SFU.
Wir konnten erstmals große Teile des Netzwerks der Stiftung offenlegen. 258 Unternehmen und die dahinterstehenden Familiendynastien konnten wir dem Netzwerk zuordnen - und veröffentlichen nun die gesamte Liste.
Beleg aus internen Unterlagen: Die Stiftung Familienunternehmen definiert ihren Fokus explizit auf 'Große Familienunternehmen (über 50 Mio. € Umsatz)'
98 Prozent der von uns identifizierten Unternehmen haben einen Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro – weit über der gängigen Definition für den Mittelstand. Zum Netzwerk der SFU gehören zahlreiche Großkonzerne wie Lidl, Kaufland, Henkel und Bertelsmann.
Dass so viele Großunternehmen dazugehören, ist kein Zufall, sondern erklärter Fokus der Stiftung. Interne Dokumente, die Greenpeace vorliegen, belegen: Die Stiftung fokussiert sich explizit auf Großunternehmen mit einem Umsatz von über 50 Millionen Euro. Wer beim Namen Stiftung Familienunternehmen also an die Millionen kleinen und mittelständischen Betriebe in Deutschland denkt, irrt.
Mehr als die Hälfte der Familien, die wir als Teil des SFU-Netzwerkes zuordnen konnten, besitzt ein Vermögen von mehr als 400 Millionen Euro. Ein Drittel hat ein Milliardenvermögen. Darüber hinaus konnten wir die reichsten Deutschen dem Netzwerk der Stiftung Familienunternehmen zuordnen: Dieter Schwarz, sowie die BMW-Erb:innen Susanne Klatten und Stefan Quandt.
Die vollständige Liste der dem SFU-Netzwerk zugeordneten Unternehmen und der dahinter stehenden Familiendynastien, finden Sie in unserem Datenportal.
Wessen Interessen vertritt die Stiftung wirklich?
Unsere Recherche legt offen, wie die Stiftung im Auftrag von Großunternehmen und Superreichen gezielte Lobby- und Kampagnenarbeit betreibt, um ihre Partikularinteressen durchzusetzen. Im Fokus stehen dabei das Verhindern einer Vermögenssteuer, die Abschaffung der Erbschaftssteuer und das Ausbremsen von Klima- und Umweltschutz.
67 Prozent der von uns zugeordneten Unternehmen gehören Wirtschaftszweigen an, die laut Einschätzung von Greenpeace Finanzexperten besonders klima- und umweltschädlich sind. Insbesondere das emissionsintensive verarbeitende Gewerbe ist überrepräsentiert. Dies erklärt, warum die SFU gegen Klimaschutzmaßnahmen agiert.
Greenpeace
Mit Hilfe von Journalistenschulen: raus aus dem "Medienschatten der großen DAX-Konzerne"
Um ihre Agenda voranzutreiben, versucht die Stiftung, den öffentlichen Diskurs langfristig zu beeinflussen. Neben der Veröffentlichung von Auftragsstudien, die teils auf selektiven Daten basieren, arbeitet die SFU gezielt mit Journalistenschulen zusammen. Interne Dokumente, die uns vorliegen, belegen das Ziel dieser Kooperationen: Der journalistische Nachwuchs soll frühzeitig für die „besonderen Belange“ der Stiftungsklientel „sensibilisiert“ werden. Den Erfolg dieser Strategie feiert die Stiftung intern selbst. So heißt es in einem uns vorliegenden Privatdruck, “einige Familienunternehmen, insbesondere die größeren” seien in den letzten Jahren aus dem „Medienschatten der großen Dax-Konzerne herausgetreten“. Als weiteren Beleg für die gelungene Einflussnahme wird dort festgehalten, dass "der Begriff Familienunternehmen als solcher immer häufiger den Begriff Mittelstand ersetzt".
Beleg aus internen Unterlagen: Trophäensammlung mit Doppelseite zur langfristigen strategischen Framing-Arbeit mit Journalistenschulen. Da auszubildende Journalisten kein Gegenstand unserer Recherchen sind, haben wir die Gesichter hier unkenntlich gemacht.
Der Club der Superreichen: Recherche Stiftung Familienunternehmen
Anzahl Seiten: 38
Dateigröße: 5.51 MB
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