Jetzt spenden
Diesel-Tankstutzen
Ulrich Baatz / Greenpeace

Studie zeigt: KFZ-Hersteller manipulieren auch bei Kraftstoffverbrauch

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind, aber zurzeit hängt der Haussegen schief. Die Abgasmanipulationen bei VW verunsichern die Verbraucher schwer, dabei ist der Wolfsburger Konzern bei Weitem nicht der einzige Autohersteller, der seine Kunden täuscht. Das belegt eine neue Studie der Umweltorganisation Transport & Environment, die Modelle verschiedener Marken in der Europäischen Union untersucht und ebenso massive wie unerklärbare Unterschiede zwischen offiziell angegebenem und tatsächlichem Kraftstoffverbrauch gefunden hat.

Schlimmer noch: Die Lücke klafft von Jahr zu Jahr weiter auseinander. Anhand von Zahlen des International Council On Clean Transportation (ICCT) errechneten die Verfasser der Studie: 2001 lagen die Ergebnisse aus dem Labor und der alltagsnahen Fahrpraxis acht Prozent auseinander, 2012 waren es 31 Prozent, 2014 stellte T&E 40 Prozent fest. Bei diesem Trend läge die Kluft 2020 bei 50 Prozent. Wenn nicht umgehend gegengesteuert wird.

Die unehrlichsten offiziellen Angaben macht Mercedes beim Verbrauch; Modelle der A-, C- und E-Klasse schlucken im Alltagstest rund die Hälfte mehr an Kraftstoff als der Stuttgarter Autobauer in seinen Hochglanzbroschüren angibt. Ähnlich schlecht schneiden die 5er Klasse von BMW und der Peugeot 308 ab. In der Praxis könne niemand sein Fahrzeug so sparsam durch den Straßenverkehr steuern, wie Hersteller werben, so T&E.

Manipulationen sind gang und gäbe

Ein Hinweis, dass auch andere Hersteller die von VW eingesetzten sogenannten „Defeat Devices“ verwenden, die Testsituationen erkennen, sei das nicht, betont die Studie. Allerdings nutzt die Autoindustrie schamlos sämtliche Schlupflöcher, um ihre Ergebnisse zu beschönigen.

Den Verbraucher kosten die Täuschungen durchschnittlich etwa 450 Euro zusätzlich im Jahr, verglichen mit den Angaben der Hersteller. Ein Rechenbeispiel: Ein Liter Super kostet derzeit rund 1,30 Euro. Verbraucht das Auto allerdings 50% mehr als versprochen, muss der Autofahrer mehr tanken, um die vom Hersteller in Aussicht gestellte Leistung zu bekommen. Auf seine Ausgaben umgelegt, kostet ihn der Liter Benzin auf einmal 1,95 Euro.

Bis 2030 würden die Kraftfahrer in der EU bei anhaltendem Trend eine Billion Euro zusätzlich für Kraftstoff ausgeben. Die Europäische Union müsste sechs Milliarden Barrel Öl zusätzlich importieren, um diesen Bedarf zu decken. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Energiewende: Die verfälschten Testergebnisse unterschlagen anderthalb Milliarden Tonnen CO2, die beim tatsächlichen Verbrauch in die Atmosphäre gelangen.

Das Vertrauen ist erschüttert, und das zu Recht. Autofahrer wollen sparsame Fahrzeuge – aber was nützt es, wenn die Verbrauchsangaben der Industrie bloße Behauptung sind? Wie die jüngsten Erkenntnisse zeigen, haben die heute geltenden Testverfahren für Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen immer weniger mit der Realität zu tun. Sie müssen durch einen ehrlichen, realistischen und transparenten Teststandard ersetzt werden. Sonst sind nicht nur die Versprechen der Autoindustrie hinfällig, sondern auch die Klimaschutzanstrengungen des Verkehrssektors.

Jetzt mitmachen

Du willst Teil der Energiewende sein?

Menschen stellen die Energiewende dar - von der Atomkraft zur Windkraft 15.04.2011

Dann besuche in unserer Mitmach-Community Greenwire die Energiewende-Themengruppe und tausche dich mit Anderen aus, finde weitere Mitmachangebote und erfahre mehr über unsere Kampagnen.

Hier lang zur Themengruppe-Energiewende

Themengruppe auf

Menschen stellen die Energiewende dar - von der Atomkraft zur Windkraft 15.04.2011

Mehr zum Thema

Berlin, vor dem Brandenburger Tor: Protest mit einer riesigen CO2-Zeitbombe und einem Transparent mit Unterschriften gegen die CO2-Speicherung (CCS).
  • 30.01.2024

Die Stromkonzerne wollen das Treibhausgas Kohlendioxid mittels CCS in die Erde verpressen. Die weitgehend unerprobte Technik ist teuer, energieintensiv und riskant.

mehr erfahren
Martin Kaiser auf der Demo in Lützerath
  • 18.01.2023

Das Dorf Lützerath ist nun dem Erdboden gleichgemacht. Wie geht es jetzt weiter mit dem Klimaschutz, der Klimapolitik und der Klimabewegung? Fragen an Greenpeace-Chef Martin Kaiser.

mehr erfahren
35.000 Menschen demonstrieren gegen die Räumung von Lützerath
  • 16.01.2023

Trotz des Protests zehntausender Menschen, trotz tagelanger mutiger Aktionen ist Lützerath nun geräumt. Der Abriss schreitet schnell voran. Doch fürs 1,5 Gradziel darf die Kohle nicht verheizt werden.

mehr erfahren
Auszug aus den NRE-Papieren
  • 22.09.2022

Interne Papiere des NRW-Bauministeriums verstärken den Verdacht auf Zweckentfremdung von Fördermitteln. Laut Greenpeace-Recherche sollen belastete Industrieflächen mit Steuergeldern saniert werden.

mehr erfahren
Mit einer roten Linie zwischen Lützerath und dem Braunkohletagebau Garzweiler  protestieren Greenpeace-Aktivist:innen gegen die Zerstörung des Dorfes durch den Kohlekonzern RWE. Auf  einer Feuerlinie steht "1,5°C LIMIT", auf Bannern ist zu lesen "1,5°C bedeutet: Lützerath bleibt".
  • 20.12.2021

Ganz Deutschland macht Weihnachtsferien. Ganz Deutschland? Nein! Ein kleines Dorf am Rande des Tagesbaus Garzweiler hört nicht auf, der Kohle-Lobby Widerstand zu leisten. Ein Bericht aus Lützerath.

mehr erfahren
  • 10.11.2021

Zum Endspurt der Koalitionsverhandlungen demonstrieren Greenpeace-Aktive mit Katastrophen-Schutt für eine stärkere Rolle der SPD im Klimaschutz

mehr erfahren