
Tiefseegasprojekt bedroht Wale
- Ein Artikel von Michael Weiland
- Hintergrund
RWE und Uniper wollen zusammen mit dem australischen Energiekonzern Woodside Gas fördern und damit Natur zerstören. Das ganze Ausmaß zeigt der aktuelle Report „Deep-sea Disaster“.
Seit dem Ukrainekrieg machen sich viele Menschen Sorgen um die Energieversorgung. In den Debatten geht das teilweise auf Kosten von Klima und Biodiversität - Konzerne wollen diese Lage nutzen, um Kasse zu machen. Doch die Klima- und die Biodiversitätskrise sind nicht verschwunden. Deshalb müssen wir den Fokus darauf legen, mit den vorhandenen Ressourcen sparsamer umzugehen, und dürfen nicht noch neue fossile Projekte starten. Die deutschen Konzerne RWE und Uniper hingegen kümmern sich nicht um diese Gedanken: Das beleuchtet der heute veröffentlichte Greenpeace Report „Deep-sea Disaster Why Woodside’s Burrup Hub project is too risky to proceed“ (Zur Zusammenfassung geht es hier: Tiefsee-Desaster – Weshalb Woodsides Burrup Hub Projekt zu risikoreich ist, um es fortzusetzen). Sie wollen Erdgasbohrungen im Meer vor Westaustralien mitfinanzieren, die für die Unterwasserwelt vor der Küste schwerwiegende Auswirkungen haben werden.
Worum geht es bei dem Woodside-Gasprojekt vor Australien?
Der größte australische Öl- und Gaskonzern Woodside will in einer ersten Phase 300 Kilometer vor der Küste von Westaustralien ein Erdgasfeld im Meer erschließen. Das bedeutet: acht bis 13 Gasbohrungen in mehr als 900 Metern Tiefe und eine schwimmende Offshore-Plattform. Das Projekt Scarborough, dem sich in einer zweiten Phase Browse mit zwei weiteren Bohrplattformen anschließen soll, ist in mehrerlei Hinsicht verantwortungslos: Die Erdgasförderung an diesem Ort zerstört den Lebensraum und die Migrationspfade von Walen und etlichen anderen Arten – und ist extrem klimaschädlich.
Bei der Erschließung von Scarborough müssen über Hunderte Kilometer Meeresböden gesprengt und ausgebaggert werden, riesige Betonpfähle würden in den Meeresboden gerammt und Millionen Tonnen zerkleinerter Korallen und Felsen im Dampier-Archipel verklappt – dem Gebiet mit der größten Artenvielfalt im Meer vor Westaustralien. Das Gebiet beherbergt Tausende von Wal-, Hai-, Fisch-, Schildkröten- und Korallenarten. Es liegt auf den Wanderwegen der Wale und ist Heimat vieler bedrohter Arten. Zudem müssen zum Transport des Rohstoffs hunderte Kilometer Pipeline unter Wasser verlegt werden; die Scarborough-Pipeline würde den Montebello Marine Park durchqueren, eine der bedeutendsten Brut- und Niststätten von Meeresschildkröten.

Deep-Sea Disaster: Why Woodside’s Burrup Hub project is too risky to proceed - Study.pdf
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Bedrohte Meere durch Gasförderung_deutsche Zusammenfassung.pdf
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HerunterladenErdgasbohrungen vor Westaustralien
Warum ist Erdgas schädlich?
Erdgas als Energieträger gilt vielen als Brückentechnologie, weil bei seiner Verbrennung weniger CO2 entsteht als bei der von Kohle. Doch beim genaueren Hinsehen ist auch Erdgas äußerst klimaschädlich. Zum einen sind die CO2-Emissionen immer noch viel zu hoch - um das Klima zu schützen brauchen wir Nullemissionen. Zum anderen besteht Erdgas fast vollständig aus Methan, ein sehr viel stärkeres Treibhausgas als CO2. Bei der Produktion, beim Transport und Verbrauch entweichende Methan-Emissionen sind extrem klimaschädlich.
Der Plan von Woodside ist, das Erdgas als Flüssiggas in alle Welt zu exportieren, kurz LNG (Liquified Natural Gas). In einem sehr energieintensiven Prozess wird dazu das Erdgas auf -160 Grad Celsius heruntergekühlt und so verflüssigt, das Volumen verringert sich dadurch um ein Vielfaches. Das macht den internationalen Handel einfacher: Transportschiffe können so große Mengen Erdgas transportieren, die im Ankunftsland in eigenen LNG-Terminals wieder aufgedampft werden. Die Klimabilanz dieser energiefressenden Infrastruktur ist allerdings verheerend.
Nach Schätzungen von Expert:innen ist Scarborough darum eine regelrechte CO2-Bombe: In einem Zeitraum von 2021 bis 2055 ist mit Emissionen von 1370 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten zu rechnen, die mit dem Projekt im Zusammenhang stehen. Zum Vergleich: Das ist rund die doppelte Menge, wie wenn der Tagebau Garzweiler 2 wie geplant bis zum Jahr 2038 ausgebaggert würde.
Was haben deutsche Unternehmen damit zu tun?

© Greenpeace
Die geplanten Bohrungen fänden im Migrationsgebiet von Walen und anderen Meerestieren statt.
Die Energieversorger RWE und die E.On-Abspaltung Uniper sind immens wichtige Partner für Woodside – ohne ihre Beteiligung hat das australische Unternehmen keine Kunden für sein Erdgas, bereits jetzt hat Woodside nur für die Hälfte seiner Kapazitäten Abnehmer gefunden. Springen die deutschen Vertragspartner ab, ist das Projekt nicht länger rentabel und zum Scheitern verurteilt.
Bislang hat RWE lediglich einen Abnahmevertrag bis 2031 unterzeichnet. Längerfristig kann der Konzern gar nicht in das australische Erdgasgeschäft einsteigen, wenn er seine eigenen Klimaziele ernst nimmt: Bis 2040 möchte RWE klimaneutral sein. So lange der Konzern allerdings umweltschädliche Gasbohrungen am anderen Ende der Welt ermöglicht (und Klimaverbrechen vor der eigenen Haustür begeht), sind solche Ankündigungen nichts wert. Die Zukunft gehört den Erneuerbaren Energien. Doch dazu braucht es eine mutige Transformation des Energiesektors, und kein “Weiter so”, das RWE allen Beteuerungen des Gegenteils nachweisbar betreibt.
Greenpeace und die Wale
Wale statt Woodside
Selbst im besten Fall ist das, was Woodside vor der Küste plant, eine unzumutbare Belastung für die australische Unterwasserwelt und das Klima weltweit. Kommt es zu einem Unfall, ist das eine Katastrophe für die dort lebenden Tiere. Scarborough und Burrup Hub drohen Lebensräume unwiederbringlich zu zerstören, und zwar für fossile Brennstoffe, deren Nutzung wir uns angesichts der Erderhitzung nicht länger leisten können. RWE und Uniper müssen aus dem Projekt aussteigen, auch zum Schutz der Meeressäuger. Eigentlich sollte der “Whale Day” ein Feiertag sein – kein Gedenktag.