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Meerestiere, Kleinstlebewesen aus der Tiefsee, Juli 2004
Roger Grace / Greenpeace

Seamounts: Grundschleppnetz-Fischerei bedroht Artenvielfalt

Von Menschen weit entfernt existiert in den geheimnisvollen dunklen Tiefen der Ozeane eine unerforschte Welt. Seamounts (Seeberge) sind die Oasen der Tiefsee. Nährstoffreiches Wasser steigt mit der Meeresströmung auf und versorgt diese artenreichen und außergewöhnlichen Ökosysteme.

Auf einigen Seebergen ragen Korallenwälder in die Finsternis. Manche Korallen sind Tausende Jahre alt, mehrere Stockwerke hoch und haben Stämme so dick wie Laternenmaste. Die langsam wachsenden Korallenriffe sind die Urwälder der Tiefsee. Granatbarsche, Seespinnen, Wellhornschnecken, Kraken, Kalmare und andere Tiere durchstreifen sie, während Krebse und andere Krustentiere sich in den Felsspalten verstecken. In den Sedimenten wimmelt es von Würmern, Muscheln, Schnecken und kleinen Krustentieren.

Seamounts – Gebirge in den Meerestiefen

Tief unten auf dem Meeresgrund erheben sich gewaltige Gebirge, Bergkämme und Plateaus, die nicht an die Wasseroberfläche reichen. Die längste Bergkette der Welt liegt nicht an Land, sondern unter der Meeresoberfläche. Vom Nordpolarmeer bis zum Atlantik legt sich der Mittelozeanische Rücken um die Erde. Er ist viermal so lang wie die Anden, die Rocky Mountains und der Himalaya zusammen. Die höchsten Unterwassergebirge werden Seamounts genannt – Seeberge. Sie sind mehr als 1000 Meter hoch. Wissenschaftler: innen vermuten, dass zwischen 30.000 bis 100.000 Seamounts über die Weltmeere verteilt sind.

Seamounts – Seeberge Wissenschaftliche Sensation

Wissenschaftler: innen schätzen, dass weniger als ein Prozent aller Seamounts erforscht und dokumentiert sind. Aber selbst auf diesen wenigen Seebergen wurden zahlreiche, bislang unbekannte Arten entdeckt, die auf ihre genaue Erforschung warten. Viele dieser Arten sind vermutlich endemisch, d.h. sie kommen nur auf bestimmten Seamounts und sonst nirgendwo vor. In einem Gebiet halb so groß wie ein Tennisplatz wurden über 898 Arten entdeckt! Mehr als die Hälfte von ihnen waren der Wissenschaft bislang unbekannt.

Die Entdeckung neuer Meeresorganismen in der Tiefsee und die Erforschung ihres Lebens, auch in Zusammenhang mit der medizinischen Forschung, findet ein unwiederbringliches Ende, wenn die Zerstörung der Seeberge durch die Grundschleppnetzfischerei fortgesetzt wird. Über 1000 Wissenschaftler: innen haben deswegen eine gemeinsame Stellungnahme unterzeichnet, in der sie zum Schutz dieser Lebensräume aufrufen.

Grundschleppnetzfischerei – die größte Gefahr

Doch diese schönen und außergewöhnlichen Lebensgemeinschaften sind in Gefahr. Seamounts werden durch die Fischerei mit Grundschleppnetzen bedroht, eine der zerstörerischsten Fangmethoden weltweit. Weil die Fischbestände in den küstennahen Gewässern immer weiter schrumpfen, weichen die Fangflotten auf die hohe See aus. Um neue Fischarten für den Markt zu erschließen, dringen sie sogar in nie zuvor erreichte Tiefseeregionen vor. Der Einsatz von hoch entwickelter Sonartechnik und Satellitennavigation macht es möglich.

Manche Grundschleppnetze haben gigantische Öffnungen so groß wie ein Fußballplatz, einige der Netze sind mit schweren Eisenrollen ausgerüstet. Die Netze werden über den Boden gezogen und walzen dabei rücksichtslos auch Korallen nieder. Der riesige Netzschlund verschlingt alles, was ihm im Weg steht.

Ein einziges Fangschiff kann nahezu alles Leben eines Gebietes im Nu auslöschen. Niemand weiß, wie lange es dauert, bis sich diese Lebensgemeinschaften erholt haben, oder ob sie es überhaupt jemals können. Die dort lebenden Organismen wachsen sehr langsam, so wird der Granatbarsch bis zu 150 Jahre alt. Mit einer Erholung der betroffenen Seamounts ist zu unseren Lebzeiten nicht zu rechnen.

Zusammenbruch der Fischbestände

Aus den eingeholten Netzen ergießt sich eine Flut von Granatbarschen und Peterfischen über das Schiffsdeck. Aber die Fangmengen schwinden von Mal zu Mal – die Bestände sind überfischt. Wissenschaftler: innen schätzen, dass einige Granatbarsch-Populationen nur noch drei Prozent ihrer ursprünglichen Größe haben. Über die Biologie von Tiefseefischen ist bis heute nur wenig bekannt.

Es scheint offensichtlich, dass diese Fischbestände genau wie die Ökosysteme, in denen sie vorkommen, sehr leicht zusammenbrechen. Diese übermäßige Zerstörung ist das Werk einiger weniger Staaten und einer kleinen Anzahl von Fangschiffen: Elf Staaten setzen Grundschleppnetze auf hoher See ein, u.a. Spanien, Russland, Portugal, Neuseeland und Norwegen. Die EU-Staaten allein kommen auf 60 Prozent der gesamten Fangmenge!

Schützt das Herz der Tiefsee!

Während die Wissenschaft die Geheimnisse der Tiefsee noch enträtselt, ist die Grundschleppnetzfischerei bereits dabei, sie unwiederbringlich zu zerstören. Daher ist ein Stopp der Fischerei essenziell für die ausführliche Erforschung und Entwicklung nachhaltiger, rechtsverbindlicher Schutzmaßnahmen zur Rettung einer lebendigen Tiefsee.

Wissenschaftler: innen und Umweltschützer: innen sind sich einig: Ein von der UN-Vollversammlung beschlossenes sofortiges Verbot für den Einsatz von Grundschleppnetzen auf hoher See muss her. Die hohe See ist ein Gemeinschaftsgut, das allen gehört. Also müssen alle Länder sie gemeinsam retten. Zusammen mit zahlreichen Umweltschutzgruppen setzt sich Greenpeace dafür ein.

Langfristig ist ein globales Netzwerk von Meeresschutzgebieten unerlässlich, um Arten und Lebensräume zu erhalten, zu schützen und den Fischbeständen eine Möglichkeit zur Erholung zu geben. Auch Schutzgebiete auf hoher See, wie rund um die Seamounts, gehören dazu.

Greenpeace fordert:

  • Ein sofortiges Verbot für den Einsatz von Grundschleppnetzen auf hoher See.
  • Den Stopp, die Meere leer zu fischen: Die Bewirtschaftung muss stets nach dem Vorsorgeprinzip erfolgen.
  • Die Einrichtung eines globalen Netzwerks von Meeresschutzgebieten: Mindestens 40 Prozent der Meere weltweit müssen dauerhaft geschützt werden.

V.i.S.d.P.: Dr. Iris Menn

  • Aktion gegen den Bottom Trawler Ocean Reward, Juni 2005

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  • Greenpeace-Aktivisten klettern auf das Netz des Bottom-Trawlers,

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