Norwegischer Walfang - 8 Fragen und Antworten
- Hintergrund
Norwegische Walfangende töten jedes Jahr Hunderte Minkewale, auch Zwergwale genannt, zu kommerziellen Zwecken. Mit einer Quote von 1406 Zwergwalen gab das norwegische Fischereiministerium für die Saison 2025 sogar mehr Tiere zur Tötung frei als im Jahr zuvor. Der Anstieg liegt allerdings daran, dass die Quote im Vorjahr zum wiederholten Mal gar nicht ausgeschöpft worden ist: 2024 nahmen elf Schiffe am Walfang teil, doch die Crew erlegte nur 415 Tiere und brauchte damit mehr Boote, um weniger Tiere zu erlegen. Das zeigt, dass die Jagd auch wirtschaftlich immer sinnloser wird. Und doch hält die Regierung bisher daran fest. Zehn Fragen und Antworten.
1. Ist Walfang nicht inzwischen illegal?
Zwar wurden die Wale 1982 von der Internationalen Walfang-Kommission (IWC) mit einer Dreiviertel-Mehrheit unter Schutz gestellt. Aber Norwegen hat gegen diesen Beschluss als einzige Nation ein Veto eingelegt – und fühlt sich deshalb formal-juristisch an den Beschluss nicht gebunden. Allerdings verlangt das internationale Seerecht (UNCLOS), dass Länder in Fragen des Walfangs mit der IWC kooperieren. Doch da Norwegen jedes Jahr die Aufforderung der IWC ignoriert, den Walfang unverzüglich einzustellen, kann hier nicht wirklich von einer Zusammenarbeit gesprochen werden. Dies würde bedeuten: Der norwegische Walfang bricht das internationale Seerecht, er ist illegal.
2. Gibt es Proteste anderer Länder gegen Norwegens kommerziellen Walfang?
Ja. Als Norwegen 1992 die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs ankündigte, unterzeichneten 17 IWC-Mitgliedsstaaten eine eindeutige Stellungnahme gegen das Vorhaben. Seitdem hat die Mehrheit der IWC-Mitgliedsländer fast jedes Jahr die Jagd verurteilt und Norwegen aufgefordert, alle Walfang-Aktivitäten zu stoppen. Auch das Europäische Parlament, das britische Unterhaus, die US- und mehrfach auch die deutsche Regierung protestierten bereits gegen den Walfang Norwegens.
3. Gefährdet Norwegens Walfang den Bestand der Minkewale?
Es hängt nicht nur von der Gesamtzahl der Tiere ab, ob Wale durch den Abschuss gefährdet sind, sondern auch vom Bestandszustand und der Fortpflanzungsrate. Wale sind Säugetiere und vermehren sich sehr viel langsamer als Fische. Beispiel: ein Orcaweibchen bekommt im Durchschnitt lediglich fünf Junge während ihres Lebens. Zwergwalweibchen bringen höchstens ein Jungtier pro Jahr zur Welt.
Außerdem sind Minkewale mittlerweile auch durch die hohe Belastung mit Giftstoffen, Klimaveränderungen, Eintrag von Lärm in die Meere und vor allem die Überfischung (Verringerung ihrer Nahrungsgrundlage und Beifang) gefährdet. Im Zeitraum von 1930 bis 1980 töteten norwegische Walfangende etwa 2.000 Tiere pro Jahr – und das reichte bereits aus, um den Nordost-Atlantischen Ursprungsbestand zu halbieren. Norwegische Walfangende wollen die durch die Norwegische Regierung eigenmächtig gesetzten Quoten in den nächsten Jahren deutlich erhöht sehen. Nur so ließe sich tatsächlich ein Gewinn erwirtschaften.
Dem gegenüber stehen die nicht erfüllten Quoten und die Tatsache, dass die Nachfrage nach Walfleisch in Norwegen rückläufig ist, nur rund 5 Prozent der Menschen (meist ältere) geben an, es regelmäßig zu essen. Da sich das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES an den Beschlüssen der IWC orientiert, dürfen Walprodukte nicht exportiert werden. Daher werfen die Walfangenden vor allem nicht genutztes Walblubber oft einfach wieder zurück ins Meer - nur um die Quote weiterhin zu rechtfertigen. Viele Wale sterben so einen völlig sinnlosen Tod.
Der kommerzielle Walfang Norwegens gibt darüber hinaus ein sehr schlechtes Vorbild: Auch andere Länder denken dadurch immer wieder über die Wiederaufnahme der Waljagd nach, wie zum Beispiel Russland.
4. Werden auch trächtige Walkühe erlegt?
Ja. Die Fangquote basiert auf der Zahl der erlegten Tiere. Es werden bevorzugt große Tiere geschossen, darunter auch die größeren trächtigen weiblichen Minkewale, denn diese sind langsam und damit eine leichtere Beute. Dabei werden dann gleich zwei Tiere getötet: das Muttertier und das Walkalb. Auf die Quote wird dabei aber nur ein Tier angerechnet.
5. Beendet Norwegen den Walfang, wenn die Nachfrage weiter sinkt?
Wenn es gelänge, in der IWC ein internationales Handelsverbot für die Zukunft fest zu verankern, würden die Walfangenden ihr angeblich traditionelles Interesse an einer Fortführung der kommerziellen Waljagd vermutlich verlieren. Denn ein Interesse der Walfangenden lag lange im Export des Walfleisches nach Japan. Doch auch in Japan schwächelt der Absatz und lässt sich Walfleisch gar nicht mehr kostendeckend verkaufen. Immer wieder landete dort deswegen Walfleisch sogar im Hundefutter. Nach Protesten gab ein Hundefutterhersteller 2013 bekannt, davon abzusehen. Doch auch in Norwegen wird inzwischen Walfleisch mangels Kundschaft an Hunde verfüttert.
Ungeachtet dessen, das der Handel mit Walfleisch über das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) untersagt ist, hat Japan auch kein Interesse an norwegischem Walfleisch und -speck bekundet, da diese Produkte eine zu hohe Gift-Belastung aufweisen. Daher lagern Unmengen Fleisch und Blubber in norwegischen Kühlhäusern. Mit großangelegten Verkaufsaktionen von Walburgern oder auch Walschinken soll die Bevölkerung wieder auf den Geschmack gebracht werden, mit mäßigem Erfolg.
Inzwischen wird daher ein anderer Grund für die Jagd verstärkt angeführt: Die Wale fräßen viel Fisch, und Walfang trage somit zum ökologischen Gleichgewicht im Meer bei. In Wahrheit ist das Gegenteil richtig: Wale sind unverzichtbar für das ökologische Gleichgewicht und, wie man inzwischen weiß, schützen sie sogar das Klima. Aber durch diese Begründung ist schwer zu sagen, an welchem Punkt die norwegische Regierung ihre Meinung ändert - denn eine hohe Nachfrage nach dem Fleisch gibt es eigentlich schon lange nicht mehr.
6. Fressen die Wale den Fischenden den Fisch weg?
Nein. Anfang des Jahrhunderts gab es weit mehr Wale, deutlich weniger Fischfangschiffe – und viel mehr Fische. Das Grundproblem ist die industrielle Überfischung durch die Menschen, durch die die Fischbestände zusammenbrechen. Die norwegische Regierung gibt jedoch weiter den Meeressäugern (Walen und Robben) die Schuld dafür. Dabei galten knapp 40 Prozent der weltweiten Fischbestände 2024 als überfischt, weitere 50,5 Prozent als maximal genutzt.
Wissenschaftliche Studien lassen darauf schließen, dass die starke Dezimierung der großen Säugetiere in der Vergangenheit und heute die Balance der Meere empfindlich stören. Es wurden bereits 84 Bodenlebenwesen identifiziert, die sich vom Detritus der Wale (Verwesungssubstanz durch tote Wale) ernähren.
7. Was tut Greenpeace gegen den norwegischen Walfang?
Mit zahlreichen Aktionen, auch auf hoher See, haben Greenpeace-Aktivist:innen viele Jahre gegen norwegische Walfangende friedlich protestiert. Obwohl unsere Aktionen immer gewaltfrei sind, hat die norwegische Küstenwache beispielsweise 1999 eines unserer Schlauchboote überfahren und einen britischen Aktivisten schwer verletzt. Vor einigen Jahren erließ die norwegische Regierung ein Gesetz gegen jede Art von Antiwalfangaktionen. Seitdem dürfen Schiffe direkt konfiziert werden.
Greenpeace schützt weiter Wale, legt inzwischen aber einen Schwerpunkt auf andere Themen, um den riesigen Meeressäugern zu helfen, darunter das Thema Tiefseebergbau.
8. Was können wir als Einzelpersonen tun?
Viele Menschen können gemeinsam politischen Druck auf die norwegische Regierung ausüben. Es ist wichtig zu zeigen, dass die breite Öffentlichkeit das Verhalten Norwegens in der Walfangfrage nicht hinnimmt. Protestbriefe oder E-Mails können den Druck aufrecht erhalten. Wenn hochrangige deutsche Politiker:innen Auslandsbesuche in Norwegen machen muss das Thema so lange auf der Tagesordnung bleiben, bis endlich auch Norwegen keine Wale mehr jagt.
Schreiben Sie Ihren Protest an die norwegische Botschaft:
Botschaft des Königreichs Norwegen
Rauchstraße 1
10787 Berlin
Tel.: (030) 50 50 58 600
Fax: (030) 50 50 58 601
http://www.norwegen.no
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Außerdem können Sie Greenpeace helfen, die Meere als gesamtes Ökosystem zu schützen, zum Beispiel gegen Tiefseebergbau, denn auch der geplante Tiefseebergbau bedroht Wale – und auch hier ist Norwegen leider in einer unrühmlichen Vorreiterrolle.
Und schließlich: Manche Restaurants in Norwegen bieten trotz der sinkenden Nachfrage Walfleisch an – wenn wir alle im Urlaub solche Restaurants konsequent meiden, helfen, wir, dass das Angebot ebenfalls sinken wird.