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Karsten Smid (Greenpeace) und Burkhard Roemhild (Vattenfall) debattieren in der St. Petri Kirche in Hamburg über den Klimawandel und das geplante Kohlekraftwerk Moorburg.
© Achim Multhaupt/Greenpeace

Vattenfall und Greenpeace - ein Briefwechsel und eine Podiumsdiskussion

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Warum der Klimaschutz zum Konfliktfall wird - unter diesem Motto hat am 6. November 2007 eine Podiumsdiskussion zwischen Vattenfall und Greenpeace stattgefunden. Herr Römhild von Vattenfall, Projektleiter des Kraftwerks Moorburg, und Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace debattierten über den geplanten Bau des Kraftwerks Moorburg. Wir haben mit Karsten Smid über seinen persönlichen Eindruck von der Debatte gesprochen.

Online-Redaktion: Karsten, wie war ganz generell dein Eindruck von dem Gespräch?

Karsten Smid: Es war eine sehr sachliche Debatte, bei der zuallererst Informationen ausgetauscht wurden. Dabei musste Herr Römhild Greenpeace in vielen Aussagen Recht geben. Aber natürlich hatten wir auch kontroverse Meinungen.

Online-Redaktion:: Welche zum Beispiel?

Karsten Smid: Es gab einen erheblichen Widerspruch zwischen Römhilds Aussage, das Kraftwerk Moorburg würde 2,3 Millionen CO2 einsparen und der Tatsache, dass das alte Kraftwerk Wedel als Heizkraftwerk wesentlich effizienter arbeitet als das neue geplante angeblich so hoch moderne Kraftwerk Moorburg. Es wurde deutlich: Vattenfall wendet ein rein theoretisches Rechenmodell an und rechnet Klimaschutzerfolge schön, indem sie davon ausgehen, das Kraftwerk würde schon irgendwelche uralten anderen Kraftwerke verdrängen. Diese Annahme ist aus der Luft gegriffen.

Online-Redaktion: Was heißt das genau?

Karsten Smid: Fakt ist, Vattenfall schaltet Wedel ab. Dann stehen spezifische CO2-Emissionen von 550 Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde (KWh) in Wedel weitaus höheren CO2-Emissionen von 660-720 Gramm pro erzeugter KWh in Moorburg gegenüber.

Online-Redaktion: Also baut Vattenfall mit Moorburg ein ineffizienteres Kraftwerk als das 45 Jahre alte Kraftwerk Wedel?

Karsten Smid: Ja. Hier musste Herr Römhild Greenpeace zustimmen. Und diese Tatsache ist letztendlich der Anfang der Problematik. Das in Moorburg geplante Kraftwerk koppelt zu wenig Wärme aus und ist von der Stromleistung total überdimensioniert. Dadurch muss ein Großteil der Wärme in die Süderelbe abgelassen werden. Das heizt die Elbe zusätzlich auf und wird im ganzjährigen Betrieb immer wieder Probleme verursachen.

Online-Redaktion: Welche Probleme?

Karsten Smid: Im Winter ist das schon problematisch, weil die Elbe dadurch für die Jahreszeit zu warm wird. Aber insbesondere im Sommer, wenn der Fluss ohnehin schon aufgeheizt ist, wird das Kraftwerk an vielen Tagen stillstehen müssen. Überschüssige Wärme wird nicht mehr abgeführt werden können. Deshalb ist dieses Kraftwerk auch nicht genehmigungsfähig

Online-Redaktion: Gab es sonst noch etwas, was dir im Gespräch mit Herrn Römhild besonders aufgefallen ist?

Karsten Smid: Als interessanten Aspekt empfand ich: Herr Römhild war extra für das Gespräch aus Cottbus angereist. Von Vattenfall Hamburg war keine Unterstüzung für ihn da. Die haben ihn fast alleingelassen. Das kann man verschiedent interpretieren. Entweder so, dass sie vielleicht gar nicht mehr an das Kraftwerk glauben. Oder sie waren zumindest nicht bereit, sich den Hamburgern - hier von Vattenfall Hamburg aus - der Debatte zu stellen. Oder aber ihnen ist die Meinug der Hamburger egal. Denn es war klar, dass das Publikum das Kraftwerk nicht will.

Online-Redaktion: Drehte sich die gesamte Diskussion nur um das geplante Kraftwerk Moorburg?

Karsten Smid: Ein längerer Teil der Debatte ging auch um CO2-Abtrennung und -Speicherung. Herr Römhild hat zugegeben, dass viele technische Fragen bei der CO2-Abscheidung noch nicht geklärt wurden. Er hat sogar selbst darauf hingewiesen, dass diese Technik noch gar nicht zur Verfügung steht, noch viele Forschungsaufgaben zur CO2-Speicherung offen sind. Wie auch eine Menge rechtlicher Fragen dazu noch geklärt werden müssen.

Online-Redaktion: Sind auch Antworten offen geblieben?

Karsten Smid: Ich habe ihn gefragt, ob Vattenfall überhaupt in der Lage ist, dauerhaft die Verantwortung für die unterirdische CO2-Lagerung zu übernehmen. Hierauf hat Herr Römhild keine Antwort gegeben. Er ist ausgewichen. Die gleiche Frage haben wir dem Vattenfall-Chef, Herrn Josefsson, schon wiederholt gestellt - sie wurde wiederholt nicht beantwortet. Das kann man in unserem Briefwechsel nachlesen.

Online-Redaktion: Aber du wirst bald Gelgenheit bekommen, ihm diese Frage persönlich zu stellen, nicht wahr?

Karsten Smid: Ja, am 18. Dezember wird es in Berlin ein Gespräch zwischen Herrn Josefsson und Greenpeace geben. Die Diskussion wurde von beiden Seiten gewünscht. Wir von Greenpeace freuen uns darauf, wie Herr Josefsson hier Rede und Antwort stehen wird. Wobei es wundert, dass Vattenfall bisher Antworten auf konkrete Fragen schuldig bleibt.

Online-Redaktion: Danke, Karsten!

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