Jetzt spenden
Erdgaspalttform im Sonnenuntergang
Marten van Dijl / Greenpeace

Klimakiller Erdgas

Vielen gilt Erdgas als der “klimafreundlichste” der fossilen Brennstoffe - schließlich ist der Kohlendioxidaussstoß bei der Gas-Verbrennung geringer als bei Kohle oder Erdöl. Die Bundesregierung sieht Erdgas daher als Übergangstechnologie: Sie fördert neue Gas-Heizungen, unterstützt neue Import-Pipelines und Flüssiggas-Terminals. Doch die Idee vom sauberen Gas ist falsch - Erdgas ist keine geeignete Brückentechnologie für den Übergang zu Erneuerbaren Energien.

Denn zum einen ist auch Gas ein fossiler Brennstoff und setzt beim Verbrennen klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) frei. Jede zusätzliche Tonne davon heizt die Erde weiter auf. Um die Klimakrise zu bekämpfen, müssen wir ganz auf fossile Energien verzichten.

Hinzu kommt, dass durch undichte Stellen an Öl- und Gas-Förderanlagen und Pipelines große Mengen Methan in die Atmosphäre entweichen. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas und  extrem klimaschädlich. Jede Tonne davon heizt die Erde über 20 Jahre betrachtet 84 mal so stark auf wie die gleiche Menge Kohlendioxid. 2020 beispielsweise gelangten weltweit rund siebzig Millionen Tonnen Methan in die Umwelt. 

Wärmewende ist der Schlüssel zum Erdgas-Ausstieg

Um die Ziele des Pariser Klima-Abkommens zu erreichen, muss Deutschland auch aus  Erdgas aussteigen, und zwar bis 2035. Der Schlüssel dafür ist eine schnelle Wärmewende - schließlich werden rund 80 Prozent des Gases für die Wärmeerzeugung in Haushalten und Industrie eingesetzt. Jede zweite Wohnung in Deutschland wird derzeit mit Gas beheizt, und die Bundesregierung fördert den Einbau neuer Gasheizungen sogar noch. Das ist nicht mehr zeitgemäß und muss sofort gestoppt werden. Stattdessen brauchen wir schnellstmöglich - spätestens 2024 - ein Verbot für neue Gasheizungen. Staatliche Fördergelder dürfen nur noch für erneuerbare Wärme fließen, sodass Wärmepumpen, Solarthermieanlagen, Abwärmenutzung und Power-to-Heat-Anlagen ausgebaut werden. Zudem müssen Wärmenetze vermehrt genutzt und auf erneuerbare Energien umgestellt werden. 

Gaskraftwerke werden zum Lückenfüller

Auch zur Stromerzeugung wird Gas verwendet, wenn auch in geringerem Umfang als zur Wärmeerzeugung. 2020 wurden 12 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms in Gaskraftwerken erzeugt. Zur Absicherung des Atom- und Kohleausstiegs werden Gaskraftwerke auch noch eine Weile gebraucht. Doch muss und kann der Gasverbrauch trotzdem sinken. Denn je schneller wir Solar- und Windkraftanlagen zubauen, umso seltener werden die Gaskraftwerke laufen. Sie werden zu reinen Lückenfüllern für die Zeiten, an denen kaum Wind weht und die Sonne nicht scheint. Und schließlich können die verbleibenden Gaskraftwerke durch moderne Energiespeicher ersetzt oder auf erneuerbaren Wasserstoff umgestellt werden.

Erneuerbarer Wasserstoff ist kostbar

Apropos Wasserstoff: Könnten wir das fossile Gas nicht einfach damit ersetzen, schließlich verbrennt dieses Gas komplett ohne CO2-Emissionen? Kurz: Von der Funktion her ja, aber von den Mengen her auf keinen Fall. Wasserstoff wird hauptsächlich durch die Elektrolyse von Wasser gewonnen. Grün nennt man ihn dann, wenn der Strom für die Aufspaltung des Wassers in Wasserstoff und Sauerstoff aus erneuerbaren Energien kommt. In einem zweiten Schritt kann aus Wasserstoff synthetisches Methan produziert werden. Beide grünen Gase werden auf jeden Fall für die Energiewende gebraucht, aber weil sie teuer und rar sind, nur an ganz bestimmten, neuralgischen Punkten.

Denn bei den Umwandlungen geht enorm viel Energie verloren. Grüne Gase - Wasserstoff ebenso wie synthetisches Methan - sollten deshalb nur dort eingesetzt werden, wo es keine anderen Alternativen gibt. In der Stahlindustrie zum Beispiel, oder im Flugverkehr. Zum Heizen von Gebäuden hingegen sind grüne Gase viel zu kostbar. Dort gibt es effizientere Alternativen wie zum Beispiel Wärmepumpen, Solarthermie oder erneuerbare Wärmenetze.

Biogas ist keine Lösung 

Auch Biogas ist keine Alternative zum Erdgas. Denn der Anbau von Energiepflanzen verdrängt die Nahrungsmittelproduktion und jeder weitere Druck auf natürliche Ökosysteme gefährdet die Artenvielfalt. Allenfalls Biogas aus Reststoffen ist ökologisch vertretbar - aber davon gibt es nur geringe Mengen.

Es ist wie in vielen Bereichen der Energieversorgung: ein reines Ersetzen des einen durch den anderen Energieträger ist nicht die Lösung. Es muss auch eingespart und klug und effizient genutzt werden. Nur dann kann der Ausstieg aus Gas gelingen.

Keine neuen Gas-Terminals und Gas-Pipelines

Klar ist: aus Gründen des Klimaschutzes muss der Gasverbrauch schnell sinken. Dennoch setzt die Bundesregierung auf weitere Gasimporte aus Russland und Übersee. So baut der russische Energieriese Gazprom in der Ostsee die Pipeline Nordstream 2. Die gigantische Röhre ist fast fertig gestellt, doch der Bau stockt wegen Sanktionen der USA. Und an der Nordseeküste planen Unternehmen den Bau von drei LNG-Terminals. 

LNG, das ist durch Abkühlung auf minus 160 Grad verflüssigtes Gas (Liquified Natural Gas). Wenn die Terminal fertiggestellt werden, könnten in Deutschland Tanker mit Flüssiggas aus Nahost oder den USA anlegen. Doch LNG hat eine äußerst schlechte Klimabilanz - denn der Energieaufwand für das Abkühlen ist extrem hoch. Zudem würden die LNG-Terminals den Import von Fracking-Gas aus den USA ermöglichen, das ganz besonders klima- und umweltschädlich ist.

Jede neue Pipeline, jedes neue LNG-Terminal lenkt unser Energiesystem in falsche Bahnen. Diese Projekte sind nicht mehr zeitgemäß und müssen so schnell wie möglich gestoppt werden. 

Fahrplan für den Gas-Ausstieg

Wir brauchen dringend einen Fahrplan für den Erdgas-Ausstieg. Wichtige Eckpunkte dafür sind: 

  • Vollständiger Ausstieg bis 2035
  • Verbot neuer Gas-Heizungen bis spätestens 2024, verbunden mit einer verstärkten Förderung erneuerbarer Wärmequellen
  • Umrüstung von Wärmenetzen auf erneuerbare Energien 
  • Keine Investitionen in neue LNG-Terminals und Gas-Pipelines
  • Schneller Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen zum schrittweisen Ersatz von Gaskraftwerken im Stromsektor.  

So könnte Deutschland auch beim Energieträger Gas seinen Beitrag zum Erreichen der Pariser Klimaziele schaffen.

Stand: Februar 2021Autorin: Ortrun Sadik

Factsheet Fossiles Gas

Factsheet Fossiles Gas

Die voranschreitende Klimakrise macht den Gas-Ausstieg bis 2035 unabdingbar

5 | DIN A4

198.22 KB

Herunterladen

Jetzt mitmachen

Du willst Teil der Energiewende sein?

Menschen stellen die Energiewende dar - von der Atomkraft zur Windkraft 15.04.2011

Dann besuche in unserer Mitmach-Community Greenwire die Energiewende-Themengruppe und tausche dich mit Anderen aus, finde weitere Mitmachangebote und erfahre mehr über unsere Kampagnen.

Hier lang zur Themengruppe-Energiewende

Themengruppe auf

Menschen stellen die Energiewende dar - von der Atomkraft zur Windkraft 15.04.2011

Mehr zum Thema

Berlin, vor dem Brandenburger Tor: Protest mit einer riesigen CO2-Zeitbombe und einem Transparent mit Unterschriften gegen die CO2-Speicherung (CCS).
  • 30.01.2024

Die Stromkonzerne wollen das Treibhausgas Kohlendioxid mittels CCS in die Erde verpressen. Die weitgehend unerprobte Technik ist teuer, energieintensiv und riskant.

mehr erfahren
Martin Kaiser auf der Demo in Lützerath
  • 18.01.2023

Das Dorf Lützerath ist nun dem Erdboden gleichgemacht. Wie geht es jetzt weiter mit dem Klimaschutz, der Klimapolitik und der Klimabewegung? Fragen an Greenpeace-Chef Martin Kaiser.

mehr erfahren
35.000 Menschen demonstrieren gegen die Räumung von Lützerath
  • 16.01.2023

Trotz des Protests zehntausender Menschen, trotz tagelanger mutiger Aktionen ist Lützerath nun geräumt. Der Abriss schreitet schnell voran. Doch fürs 1,5 Gradziel darf die Kohle nicht verheizt werden.

mehr erfahren
Auszug aus den NRE-Papieren
  • 22.09.2022

Interne Papiere des NRW-Bauministeriums verstärken den Verdacht auf Zweckentfremdung von Fördermitteln. Laut Greenpeace-Recherche sollen belastete Industrieflächen mit Steuergeldern saniert werden.

mehr erfahren
Mit einer roten Linie zwischen Lützerath und dem Braunkohletagebau Garzweiler  protestieren Greenpeace-Aktivist:innen gegen die Zerstörung des Dorfes durch den Kohlekonzern RWE. Auf  einer Feuerlinie steht "1,5°C LIMIT", auf Bannern ist zu lesen "1,5°C bedeutet: Lützerath bleibt".
  • 20.12.2021

Ganz Deutschland macht Weihnachtsferien. Ganz Deutschland? Nein! Ein kleines Dorf am Rande des Tagesbaus Garzweiler hört nicht auf, der Kohle-Lobby Widerstand zu leisten. Ein Bericht aus Lützerath.

mehr erfahren
  • 10.11.2021

Zum Endspurt der Koalitionsverhandlungen demonstrieren Greenpeace-Aktive mit Katastrophen-Schutt für eine stärkere Rolle der SPD im Klimaschutz

mehr erfahren