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#aussteigen Demonstration and Bike Ride in Frankfurt am Main
© Kevin McElvaney / Greenpeace

Verkehrswende - jetzt!

Verstopfte Straßen, stinkende Abgase, vollgeparkte Fuß- und Fahrradwege. Auch auf die Alternative ist nicht immer Verlass: Unpünktlichkeit und viel zu volle Bahnen gehören inzwischen ebenso zu unserem Alltag wie die immer weiter steigenden Preise für Tickets.

Die Rufe nach einer Verkehrswende werden lauter, doch der Anteil des Verkehrs an den gesamtdeutschen CO2-Emmissionen steigt weiter an. 1990 lag der Anteil noch bei „nur“ bei 13%. In 30 Jahren, bis zum Jahr 2020, machen die CO2-Emissionen im Straßenverkehr satte 19,9% der gesamtdeutschen CO2-Emissionen aus. Wo soll das hinführen? Wie sieht das nach den nächsten 30 Jahren aus?1 Wir fordern: Mobilität muss abgasfrei werden, der ÖPNV gestärkt und Fahrradwege ausgebaut werden. Das erfordert einiges an Veränderungen, muss es doch in naher Zukunft bequemer und einfacher sein, das Auto stehen zu lassen und stattdessen umwelt- und klimafreundlich zu reisen.

Tschüss Verbrennermotor!

Zwar sieht man auf deutschen Straßen immer mehr Elektro-Autos, doch die klare Mehrheit fährt noch immer Autos mit Verbrennermotoren. Anders als in einigen europäischen Ländern, etwa Norwegen oder den Niederlanden, gibt es in Deutschland zwar kein festgelegtes „Verfallsdatum“ für Verbrennermotoren, also einen Zeitpunkt, nach dem nur noch Neuwagen mit Elektroantrieb zugelassen werden. Immerhin einigte man sich am 28. März 2023 darauf, ab 2035 nur noch E-Autos oder CO2-emmissionsfreie Fahrzeuge zugelassen werden. Das heißt, dass es wahrscheinlich auch weiterhin neue Verbrennermotoren geben wird, diese aber mit einem klimaneutralen Kraftstoff, sogenannten eFuels betrieben werden, das wird die EU noch prüfen. Ein Kraftstoff ist dann klimaneutral, wenn dafür ausschließlich erneuerbare Energien eingesetzt werden. Für Verbrennermotoren, die vor diesem Datum zugelassen wurden, soll ein Bestandschutz gelten. Sie dürfen also weiterhin ohne Einschränkungen genutzt werden.2
Damit der Verkehr seinen Beitrag leistet, das 1,5 Grad-Limit zu erreichen, dürften aber schon ab Mitte dieses Jahrzehnts in Deutschland keine weiteren Diesel und Benziner mehr zugelassen werden. Deutschland ist also – mal wieder – zu spät.
Die Zahl der Autos müsste insgesamt sinken, die der Alternativen entsprechend steigen. Doch auch bei ebendiesen Alternativen gibt es durchaus noch Verbesserungsbedarf.

Hallo Fahrradstraßen

Wer sich, anstatt mit dem Auto von A nach B zu kommen, aufs Fahrrad schwingt, kommt meist nicht gut voran. Die Fahrradwege sind, gerade in den vielbefahrenen Städten, zu eng und ebenso wie Fußwege oft zugeparkt. Zudem kommt es häufig zu Konflikten zwischen Auto- und Radfahrer:innen. Oft gibt es gar keinen Fahrradweg.

Dabei können wir mit dem Fahrrad viel erreichen. Mindestens 30% aller PKW-Fahrten in Städten können aufs Fahrrad verlagert werden, denn etwa die Hälfte der mit dem Auto gefahrenen Wege ist kürzer als fünf Kilometer - auf so kurzen Strecken ist das Fahrrad sogar das schnellste Verkehrsmittel. Lastenfahrräder und E-Bikes bieten zudem ganz neue Möglichkeiten, mit denen auch deutlich längere Strecken und der Transport von schweren Dingen kein Problem mehr sind.

Guter ÖPNV überall für alle

Der öffentliche Nahverkehr muss in den kommenden Jahren gestärkt und weiter ausgebaut werden, denn Potential hat er auf jeden Fall. Nun gilt es nur, dieses Potential auch zu sehen und zu nutzen. Damit Bus und Bahn attraktiver werden, müssen sie in erster Linie so konzipiert sein, dass alle Menschen sie ohne Einschränkungen nutzen können. Das beinhaltet zum einen eine stetig gewährleistete Barrierefreiheit in allen Verkehrsmitteln sowie an allen Haltestellen, zum anderen bedeutet das ein bezahlbares, besser noch kostenloses Nutzen des ÖPNV.

Das 9€-Ticket im vergangenen Sommer hat gezeigt, dass die Bevölkerung durchaus Interesse an dauerhaft günstigen Fahrpreisen hat. Ideen gibt es auch in diesem Bereich bereits viele, doch eine endgültige, geschweige denn dauerhafte Lösung für einen bezahlbaren ÖPNV ist bislang nicht in Sicht. Das für Mai 2023 angesetzte 49€ Ticket, das wie das 9€-Ticket monatlich bundesweit gilt, ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, doch diesem ersten Schritt müssten zeitig die nächsten folgen. Der Schienenverkehr muss dringend ausgebaut werden, um mit der steigenden Nutzung mitzuhalten. Der ÖPNV öfter und auch in der Nacht fahren. Wo sind neue Strecken sinnvoll? Wer trägt die Kosten auf Dauer? Wann kommt das bundesweite Sozialticket? Denn für Menschen mit wenig Geld sind auch 49 Euro zu teuer – im Bürgergeld sind beispielsweise nur 45,02 Euro für Mobilität vorgesehen. 49€ sind immerhin immer noch eine Menge Geld und lohnen sich finanziell in erster Linie für alldiejenigen, die ausschließlich mit Bahn und Fahrrad unterwegs sind. Für Menschen, die normalerweise mit dem Auto fahren aber hin und wieder auch den ÖPNV nutzen wollen, würde sich erst ein 29€-Ticket finanziell rentieren und den Umstieg vom Auto weg einfacher machen. Und dieser Weg lohnt sich.

Denn ein funktionierender Bahnverkehr würde nicht nur das Leben in der Stadt vereinfachen, er würde auch Kleinstädte, Dörfer und ländlichere Regionen besser anbinden und zu einem größeren Miteinander verhelfen.

Infrastrukturen verändern, Städte lebenswerter machen

Städte sind für Menschen, nicht für Autos. Autofreie oder zumindest autofreiere Städte würden das Leben in der Stadt merklich verbessern. Die schrittweise Umstellung des Verkehrs auf Schiene und Rad und die Verknüpfung der unterschiedlichen Mobilitätsangebote würden dazu führen, dass wir immer unabhängiger vom eigenen Auto werden und es irgendwann vielleicht ganz aus unserem Leben verbannen können.
Radverkehr verbraucht außerdem, im Gegensatz zu Autostraßen, deutlich weniger Platz und verursacht weder Schadstoffe noch Lärm. Des Weiteren ist die fahrradbedingte Infrastruktur vergleichsweise billig und es gäbe es weniger Staus, was die Reisezeit zusätzlich verkürzt. Ein weiterer positiver Nebeneffekt des Fahrradfahrens ist, dass es unglaublich gut für die mentale bzw. psychische sowie die körperliche Gesundheit ist. Wer Fahrrad fährt, bewegt sich und ist an der frischen Luft – die ohne Abgase in der Tat frisch wäre – und hat Zeit, auf dem Weg zur Arbeit Energie für den Tag zu tanken. Auch hier aber nochmal der Hinweis, dass das nur dann der Fall ist, wenn Städte auf Radfahrer ausgelegt sind. Wenn wir ständig aufpassen müssen, dass wir nicht an- oder umgefahren werden, wenn andauernd Autos an uns vorbeirauschen und wir nicht dazu in der Lage sind, anderen Verkehrsteilnehmenden auszuweichen, einfach weil kein Platz ist, dann riskieren wir damit nicht nur unsere eigene Sicherheit, sondern auch die anderer.

Aber nicht nur in den Städten, auch im ländlichen Raum brauchen wir Infrastruktur, die ein gutes und klimafreundliches Leben möglich macht. Unser Straßennetz ist jetzt schon eines der dichtesten weltweit und gleichzeitig sind Menschen ohne Auto zu oft aufgeschmissen. Statt noch mehr Wälder, Moore und Äcker zu asphaltieren, sollten wir unsere Energie und unser Geld dafür verwenden, Bus, Bahn und Mobilität für alle voranzubringen.