Jetzt spenden
Schlauchboote und die Beluga II 2008 bei einer Aktion zum Schutz des Wattenmeeres
Marcus Meyer / Greenpeace

Dea gefährdet das Wattenmeer

Im Wattenmeer leben rund 10.000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten, jedes Jahr rasten hier mehrere Millionen Zugvögel, um sich in der prall gefüllten "Speisekammer" mit Fisch, Würmern, Krebsen, Muscheln und Schnecken satt zu fressen. Auch Seehunde, Kegelrobben und Schweinswale sind im Wattenmeer zuhause, das ihnen reichlich Nahrung und Raum zur Aufzucht ihrer Jungen bietet. Als Nationalpark und UNESCO-Weltnaturerbe steht das Gebiet unter besonderem rechtlichem Schutz. Das bedeutet, dass dort nicht nach Erdöl gesucht und gebohrt werden darf. Eigentlich.

Griff in die Trickkiste

Schon seit 1987 betreibt Dea im schleswig-holsteinischen Teil des Nationalparks die Ölplattform Mittelplate. Jetzt will der Konzern vor der Küste Niedersachsens und Schleswig-Holsteins weitere Ölvorkommen erschließen und dazu vier Probebohrungen durchführen. Damit die Pläne nicht von vorne herein aussichtslos sind, hat man trickreich agiert: Als 2008 die Anerkennung des Wattenmeers als UNESCO-Weltnaturerbe im Gespräch war, wurden vorsorglich drei Exklaven ausgespart. Das heißt, bestimmte Teilgebiete sind für einen gewissen Zeitraum vom Status des Welterbes ausgeschlossen. So kann sich der Energiekonzern rechtfertigen, dass die geplanten Eingriffe nicht im Welterbegebiet erfolgen. Das ist richtig. Doch zum Teil liegen die Bohrungen in der sogenannten Schutzzone 1 des betroffenen Nationalparkes – so zum Beispiel nahe der Sandbank "Großer Knechtsand" im niedersächsischen Wattenmeer. Die Schutzzone 1 ist am strengsten geschützt und soll ohne menschliche Eingriffe bleiben.

Unfall nicht ausgeschlossen

"Das ist ein zu hohes Risiko", sagt Jörg Feddern, Ölexperte von Greenpeace: „Wir sind strikt gegen eine Ölsuche im Wattenmeer, weil es selbst bei bester Planung immer einen Unfall geben kann. Dieses einmalige Ökosystem darf der Ölindustrie nicht geopfert werden." Für die Probebohrungen will Dea eine pontonartige Bohranlage ins Watt schleppen. Sollten Ölvorkommen gefunden werden, würde anschließend von Land gefördert. Derzeit werden die Anträge des Energiekonzerns bei den Nationalparkverwaltungen und beim zuständigen Landesbergamt in Hannover geprüft. Dea ist zuversichtlich, dass es mit der Genehmigung klappt. Dazu muss man wissen, dass die Bohrinsel Mittelplate im Jahr 2011 rund 100 Millionen Euro in Schleswig-Holsteins Kassen gespült hat.

Kurzfristige Profitinteressen

Der Energiekonzern argumentiert, die Probebohrungen seien wirtschaftlich notwendig für Norddeutschland. Die Ölindustrie sichere in Schleswig-Holstein und Niedersachsen hunderte Arbeitsplätze. Zudem würde das "schwarze Gold" aus dem Wattenmeer die Versorgungssicherheit stärken und die Importabhängigkeit von Öl verringern. Zur besseren Einschätzung: 2011 wurden in Deutschland circa 93 Millionen Tonnen Rohöl benötigt, davon stammten 2,6 Millionen Tonnen aus heimischer Förderung – davon wiederum 1,4 Millionen Tonnen aus der Mittelplate-Förderung. Von einer Stärkung der Versorgungssicherheit zu sprechen, ist angesichts dieser Zahlen vorgeschoben. Bei einem Unfall wäre der einzigartige Lebensraum – und damit auch das Urlaubsparadies Wattenmeer zerstört. Wenn die Touristen wegbleiben, wäre das eine wirtschaftliche Katastrophe für Norddeutschland.

  • Protest mit Boje gegen RWEs Pläne im Nationalpark Wattenmeer nach Öl zu bohren. Januar 2008.

    Tierischer Besuch

    Überspringe die Bildergalerie
  • Protest gegen Probebohrungen von Statiol zwischen Norderny und dem Naturpark Wattenmeer. April 1991

    Unfreundlicher Empfang

    Überspringe die Bildergalerie
  • Am Leuchtturm Roter Sand in der Außenweser Aktion Weltnaturerbe Wattenmeer. Januar 2008

    Schlauchbootaktion in der Nordsee

    Überspringe die Bildergalerie
  • Bohrinsel Mittelplate der norwegischen Norpipe AS.Juli 2004

    Mittelplate, eine Bohrinsel im Wattenmeer

    Überspringe die Bildergalerie
  • Beluga II fällt im Wattenmeer vor Cuxhaven trocken.März 2011

    Trockenfallen bei Ebbe

    Überspringe die Bildergalerie
  • Junge Kegelrobbe im Wattenmeer der Nordsee. Dezember 2001

    In der Nordsee zuhause

    Überspringe die Bildergalerie
  • Nordseeinsel Amrum und Watten Meer. November 1998

    Bedrohte Naturparadiese

    Überspringe die Bildergalerie
Ende der Gallerie

Mehr zum Thema

Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise mit Banner auf dem Meer
  • 28.03.2024

Trotz beschlossenem UN-Hochseeschutzabkommen ist der Weg zu neuen Schutzgebieten noch weit. Im Einsatz für den Meeresschutz setzt Greenpeace erneut die Segel.

mehr erfahren
"No Deep Sea Mining" – Action in Rotterdam
  • 19.03.2024

Tiefseebergbau ist für den Umstieg auf Elektroautos nicht notwendig - und doch rückt die neue Meeresausbeutung näher. Zur Zeit tagt die zuständige UN-Behörde ISA.

mehr erfahren
Seelöwen in der Nähe der Hopkins-Insel vor Süd-Australien
  • 17.01.2024

Nach fast 20 Jahren hat sich die UN auf ein internationales Meeresschutzabkommen geeinigt. Am 20. September hat Deutschland es nun unterzeichnet.

mehr erfahren
Animation for the DSM Project - Still from Video
  • 09.01.2024

Norwegen will mit Tiefseebergbau in eigenen Gewässern beginnen – das betrifft auch die Arktis.

mehr erfahren
Night confrontation with a deep-sea mining ship in the at-risk Pacific region
  • 05.12.2023

Nach elf Tagen Protest gegen den Tiefseebergbau im Pazifik, gegen den das betroffene Unternehmen erfolglos geklagt hatte, haben die Aktivist:innen ihren friedlichen Protest beendet.

mehr erfahren
Walflosse ragt aus dem Ozean
  • 05.12.2023

Wale brauchen ihr Gehör um sich zu orientieren, Nahrung zu finden und um miteinander zu kommunizieren. Doch der Mensch verwandelt die Meere in ein lautes Industriegebiet.

mehr erfahren