Anbindehaltung: Kühe leiden für Bärenmarke-Milch
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Verdreckte Tiere, die so angebunden sind, dass sie sich kaum bewegen können. Dicht an dicht fristen sie ihr Dasein in düsteren Ställen. Kühe so zu halten, verstößt gegen das Tierschutzgesetz. Und doch zeigen Greenpeace zugespielte Bilder und Recherchen solch leidvolles Leben von Milchkühen in Anbindehaltung – und zwar von Höfen, die die Bärenmarke-Molkerei Hochwald beliefern.
Es sind erschreckende Bilder von 23 Milchviehbetrieben, die Greenpeace vorliegen – und Milchkühe in der sogenannten Anbindehaltung zeigen. Bei dieser Art der Haltung werden die Kühe mit Seilen, Ketten oder anderen Vorrichtungen am Hals fixiert. Sie stehen in engen Reihen nebeneinander und können sich gerade noch hinlegen, teils jedoch mit den Hinterbeinen in der Kotrinne, also auf glattem Vollspaltenboden. Wenn die Kühe sich ablegen wollen, liegen sie auf der Kante zur Kotrinne, weil die Ställe zu klein gebaut worden sind. Vor ihren Köpfen sind Futtertisch und Selbsttränke. Greenpeace-Recherchen und Tracking-Daten belegen, dass die Milch dieser Höfe an die zwei Bärenmarke-Werke in Mechernich (Nordrhein-Westfalen) und Hungen (Hessen) geliefert wird. “Tiere so zu halten ist in meinen Augen Tierquälerei", sagt Dr. med. vet. Claudia Preuß-Ueberschär, Vorsitzende von Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft.
Rechtsgutachten: Anbindehaltung verstößt gegen Tierschutzgesetz
Ein von Greenpeace im April 2023 veröffentlichtes Rechtsgutachten zur Haltung von Milchkühen kommt unter anderem zu dem Schluss, dass die Anbindehaltung gegen die zentrale Norm des § 2 des Tierschutzgesetzes verstößt und den Straftatbestand des § 17 TierSchG erfüllen kann. Darüber hinaus fehlen bislang jedoch konkrete Vorgaben, die die Haltung von Milchkühen gesetzlich regeln. Die gibt es bislang nur für Kälber, die jünger als sechs Monate alt sind. Das heißt also, dass die gängige Anbindehaltung bislang nicht gesetzlich verboten ist, aber laut Rechtsgutachten gegen den Tierschutz verstößt. Die Rechtsprechung teilt diese Auffassung weitgehend, etwa in einem Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom Februar 2022. Diesem Widerspruch will Deutschland nun begegnen. Die Ampel-Regierung will laut Koalitionsvertrag bestehende Lücken in der Tierschutznutztierhaltungsverordnung (Tier-SchNutztV) schließen und das Tierschutzgesetz (TierSchG) verbessern. Zwar soll im aktuellen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom Februar 2024 die ganzjährige Anbindehaltung verboten werden, allerdings erst nach einer fünfjährigen Übergangsfrist. Wie dringend Handlungsbedarf besteht, untermauern die Fotos, die Greenpeace zugespielt wurden.
Die meisten Kühe in Anbindehaltung in Deutschland sind nach Zahlen des Thünen-Instituts das ganze Jahr über angebunden. 30 Prozent der Tiere trifft es saisonal: also bis zu acht Monate durchgehend fixiert und den Rest der Zeit auf der Weide oder mit etwas Bewegungsraum im betonierten Laufhof. Auch das verstößt in der Regel gegen das Tierschutzgesetz. Im Jahr 2020 hielten mehr als ein Drittel aller knapp 50.000 Milcherzeuger:innen ihre Milchkühe in Anbindehaltung. In den vergangenen Jahren wurden zwar stetig weniger Kühe angebunden gehalten. Nichtsdestotrotz leiden weiterhin zu viele Kühe unter dieser qualvollen Art der Haltung.
Und Bärenmarke? Die Molkerei Hochwald verkauft Milch ihrer Premiummarke Bärenmarke zu einem überdurchschnittlich hohen Preis und wirbt mit “artgerechter Haltung” und angeblich besonders hoher Qualität. Hinter glanzvoller Werbung versteckt das Unternehmen jedoch, wie dreckig es den Kühen meist geht. „Das ist ein Hohn“, sagt Lasse van Aken, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace. „Wir sehen hier eine katastrophale Haltung mit strafrechtlicher Relevanz. Bärenmarke täuscht Verbraucher:innen, denn es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern den Alltag in den Ställen.“