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Zwei Menschen in Outdoor-Ausrüstung sitzen auf einem Felsen in den Bergen
Greenpeace / Christian Breitler

Outdoor-Ausrüstung enthält gefährliche Chemikalien, doch es gibt Alternativen

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Das Kind soll trockenen Fußes durch den Winter kommen, durchnässte Kleidung auf dem Weg zur Arbeit trotz Schneeregen ausbleiben. Outdoor-Produkte sind im alltäglichen Leben angekommen – und nicht nur mehr die Ausstattung für Expeditionen im Himalaya-Gebirge. Dafür zahlen Verbraucher – in der Annahme, gute Ware zu bekommen. Doch auch der dritte Greenpeace Produkttest zeigt: Die Outdoor-Branche hat nach wie vor ein Problem mit gefährlichen Chemikalien.

Greenpeace hat 40 Produkte aus 19 Ländern auf per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) testen lassen und das Ergebnis auf der internationalen Outdoor-Messe ISPO in München veröffentlicht. Denn dort treffen sich The North Face, Mammut, Jack Wolfskin und Co., um ihre aktuellen Kollektionen vorzustellen. Nur in vier Artikeln aller getesteten Marken wurden die schädlichen Chemikalien nicht nachgewiesen. PFC breiten sich in der Umwelt aus und sind biologisch schwer oder gar nicht abbaubar. Elf Produkte enthielten sogar die besonders gesundheitsgefährdende Perfluoroktansäure (PFOA) aus der Gruppe der PFC.

„Wir haben hohe Konzentrationen dieses Stoffs  unter anderem in Produkten der Marktführer The North Face und Mammut gefunden“, sagt Manfred Santen Santen, Diplom-Chemiker und Experte für Chemie bei Greenpeace. „Dies sind enttäuschende Ergebnisse für Outdoor-Liebhaber, die sich ihre Ausrüstung sauber und umweltfreundlich wünschen.“

Forderung nach Grenzwerten

So steckten in einem Schlafsack von The North Face 7,1 Mikrogramm pro Quadratmeter  (µg/m²) PFOA. Dieser Stoff gilt als besonders gefährlich, weil er in einigen Tierversuchen krebserregend war. Deshalb fordert Greenpeace von der EU, einen Grenzwert zu erlassen; für Norwegen gilt bereits einer von 1µg/m² – den hat der Schlafsack somit um das Siebenfache überschritten.

„PFOA hat nichts in Stoffen zu suchen, die Kinder zum Beispiel beim Campen in den Mund nehmen könnten“, warnt Santen. Aber auch der Rucksack von Mammut enthielt diese Chemikalie in vierfach höherer Dosis als in Norwegen erlaubt. Ebenso wurden in einer Hose von Jack Wolfskin und Schuhen von Haglöfs sehr hohe PFOA-Werte gefunden.

Da diese Chemikalie weder gut für die Gesundheit, noch fürs Image ist, haben einige Hersteller sie bereits verbannt. Anstatt aber generell auf PFC zu verzichten, ersetzten einige Marken die langkettigen PFOA durch kurzkettige Fluorchemikalien. Diese sind nach heutigen Erkenntnissen zwar nicht ganz so schädlich wie ihre langkettigen Verwandten, tauchen aber in den Produkten in deutlich höheren Konzentrationen auf. Zudem verteilen sie sich noch leichter in der Umwelt, sind ebenfalls langlebig  und einige können zu PFOA abgebaut werden. Doch warum kann sich die Branche nur so schwer von PFC lösen?

Versteckte Gifte aufgespürt

PFC lassen Wasser und Schmutz von Kleidung abperlen. Deshalb sind sie für die Herstellung von Outdoor-Ausrüstungen so begehrt; auch für die Produktion der innen liegenden Membranen (zum Beispiel Gore-Tex) werden sie eingesetzt. So trotzt das Kleidungsstück matschigen Wegen und tropfenden Bäumen im Wald. Soweit die Vorteile.

Doch Fluorverbindungen können in der Umwelt kaum abgebaut werden und verbreiten sich global über Luft und Wasser – selbst in entlegenen Gebieten wies Greenpeace in Schnee- und Wasserproben die Chemikalie nach. Über Nahrung, Luft und Trinkwasser gelangt sie schließlich wieder zum Menschen. Studien stellen für einige der PFC einen Zusammenhang mit Schilddrüsenerkrankungen und Immunstörungen her, manche werden sogar mit krebserregenden Eigenschaften assoziiert. Alle PFCs sind langlebig (persistent) und daher alles andere als umweltfreundlich.

Der Branche ist das Problem bekannt: Bereits mit dem ersten Test im Jahr 2012 hat Greenpeace gezeigt, dass die Produktion von Outdoor-Kleidung wenig naturnah ist – anders, als in der Werbung behauptet. Diese Untersuchung ist nun um Ausrüstung wie Zelte oder Rücksäcke erweitert worden – der PFC-Gehalt in Jacke, Schuh und Hose ist enttäuschend gleich geblieben. Greenpeace-Experte Santen weiß aber, dass sich was getan hat. So habe Jack Wolfskin eine Jacke auf den Markt gebracht, die als PFC-frei gekennzeichnet sei; auch Vaude arbeite an umweltfreundlichen Alternativen. „Und Marken wie Fjällräven, Paramo, Pyua, Rotauf und R’adys zeigen längst, dass Funktionskleidung auch für hohe Ansprüche frei von giftiger Chemie sein kann“, so der Chemiker. Wenig entwickelt haben sich hingegen die Firmen The North Face, Mammut, Columbia und Haglofs – das schlägt sich auch in den Testergebnissen nieder.

Alternativen ohne PFC wählen

Dabei will wohl kaum ein Verbraucher die Nacht im Zelt in einer PFOA-Hülle verbringen. Dass das Interesse an sauberen Produkten groß ist, zeigt auch die Vorbereitung des Tests. Verbraucher konnten aus über 100 Produkten 40 auswählen, die das Labor dann unter die Lupe nahm – 30.000 Stimmen sind abgegeben worden. Die Ergebnisse hat Greenpeace nun im aktuellen Report veröffentlicht.

Doch was bleibt einem beim Kauf der nächsten Regenjacke? Santen rät, im Geschäft nach PFC-freien Alternativen zu fragen. Doch sind diese auch genauso gut? „Sie halten warm und trocken“, sagt Santen. „Allerdings sind die Produkte nicht ganz so schmutzabweisend wie die PFC-Ware. Wenn ich aber die Wahl habe zwischen einer Jacke, die vielleicht mal einen Fleck hat, und einer, die zwar sauber, aber mit umwelt- und gesundheitsschädlichen Stoffen gespickt ist, weiß ich ganz klar, wofür ich mich entscheide.“

Und hier können Sie Hersteller von Outdoor-Produkten auffordern, PFC aus der Produktion zu verbannen: Schicken Sie The North Face und Mammut eine Protestmail.

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