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Protest gegen die Zerstörung der Umwelt und wirtschaftliche Ungerechtigkeit durch Globalisierung und Organisationen wie die WTO (World Trade Organisation).
Santiago Engelhardt / Greenpeace

Trotz Davos Festgefahrene WTO-Verhandlung

Archiviert | Inhalt wird nicht mehr aktualisiert

Transparenz bleibt auf der Strecke, wenn im Rahmen eines informellen Treffens ein weiteres informelles Treffen stattfindet. Das ließ sich jetzt wieder im schweizerischen Kurort Davos beobachten. Dort wird regelmäßig Ende Januar das Weltwirtschaftsforum (WEF) ausgetragen, ein informelles Treffen von Wirtschaftführern und Politikern.

Der Schweizer Bundespräsident und Wirtschaftsminister Joseph Deiss hielt das WEF in Davos für die Gelegenheit, um die bei der Welthandelsorganisation (WTO) festgefahrenen Verhandlungen zur Liberalisierung des Welthandels wieder flottzukriegen. Deshalb lud Deiss ausgewählte Handelsminister und -bürokraten zu einem so genannten WTO-Mini-Ministeral nach Davos ein.

Während WTO-Ministerials offizielle Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation sind, die allen 148 WTO-Mitgliedern und Beitrittswilligen offen stehen, handelt es sich bei den Mini-Ministerials um informelle Treffen ausgewählter Länder. Sie dienen dem Zweck, im kleinen Kreis - und unter Ausschluss der Mehrzahl der WTO-Mitglieder wie auch der Öffentlichkeit - Verhandlungspunkte im Vorwege zu klären.

Nicht alle der 30 eingeladenen Länder kamen zu dem halbtägigen Treffen am Freitagvormittag. Die Neue Züricher Zeitung zählte 19 Handels- und Wirtschaftsminister, das Konkurrenzblatt Basler Zeitung dagegen nur 15. Wie die Angabe der Zahl der Beteiligten fiel auch die Beurteilung der Ergebnisse unterschiedlich aus. Während die Schweizer Presse eine positive Bilanz des Treffen zog, erwecken die Berichte der internationalen Zeitungen den Eindruck, dass Mini-Ministerial hätte keinen neuen Impuls gebracht.

Überraschungsvorschlag aus den USA

Um was ging es in Davos? Seit dem Scheitern der letzten WTO-Ministerkonferenz im September letzten Jahres im mexikanischen Cancún treten die seit dem Jahre 2002 laufenden WTO-Verhandlungen zur weiteren Liberalisierung des Handels mit Gütern und Dienstleistungen auf der Stelle. Auch ein Treffen des Allgemeinen Rates der WTO, das Mitte Dezember 2003 stattfand, konnte keinen neuen Verhandlungsimpuls setzen.

Man verschob die weitere Entscheidung darüber, ob die laufende Verhandlungsrunde noch fristgerecht bis zum 1. Januar 2005 abgeschlossen werden könne, auf das nächste Treffen des Allgemeinen Rates im Februar 2004. Am 11. Januar überraschte der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick mit dem per Brief an alle WTO-Mitglieder mitgeteilten Vorschlag, noch in diesem Jahr und vor den USA-Wahlen ein neues WTO-Ministertreffen in Hongkong durchzuführen.

Hongkong hatte bereits vorher seine Bereitschaft erklärt, die nächste WTO-Ministerkonferenz durchzuführen. Allerdings sei dafür mindestens ein Jahr Vorlauf notwendig, außerdem sei das für das Treffen vorgesehene Convention and Exhibition Center in diesem Jahr nur noch zwischen Weihnachten und Neujahr frei.

Deiss' informelle Frühstücksrunde

Bundespräsident Deiss hatte neben dem Vertreter der EU und der USA bewusst jene Länder wie Ägypten, Brasilien, China und Indien eingeladen, die sich in Cancún den weiteren Liberalisierungsbestrebungen widersetzt hatten. Die WTO selbst war hochkarätig durch den Generaldirektor Panitchpakdi Supachai und dem Vorsitzenden des Allgemeinen Rates Carlos Perez del Castillo vertreten.

Deiss' informelle Frühstücksrunde (Schweizer Tagesanzeiger) habe sich auf den folgenden groben Fahrplan geeinigt: Bis Mitte 2004 soll der neue Verhandlungsrahmen stehen, dann soll sich zeigen, ob es unter den 148 WTO-Mitgliedern in den wichtigsten offenen Punkten - Landwirtschaft, Handelserleichterungen, Rechte des geistigen Eigentums (Patente) und Investitionsschutz - genügend Gemeinsamkeiten für eine neue Ministerkonferenz gibt. Wenn ja, so soll diese für die erste Hälfte des Jahres 2005, nach anderen Quellen bereits im Januar 2005, in Hongkong einberufen werden.

Generaldirektor Supachai ist dieser Fahrplan zu langsam. Er sieht weiterhin die Chance, doch noch in diesem Jahr mit einer WTO-Konferenz (dann wohl nicht in Hongkong) voranzukommen. Deshalb will er am 28. Januar in Genf mit zwanzig WTO-Mitglieder klären, ob die strittigen Agrarverhandlungen wieder aufgenommen werden können. Der nächsten Sitzung des Allgemeinen Rates am 11. und 12. Februar wäre damit einer von mehreren Stolpersteinen genommen.

 Informelle Treffen, gleichgültig ob sie als 'Frühstückrunde' abklassifiziert werden oder nicht, verstärken nur den Eindruck, dass Transparenz ein Fremdwort in der WTO-Sprache ist, kommentiert der Greenpeace Handelsexperte Jürgen Knirsch das Davoser Mini-Ministerial. Der globale Handel braucht Regeln. Zum Aushandeln dieser Handelsregeln ist ein transparenter und gerechter internationalen Rahmen notwendig. Die WTO hat bisher nur gezeigt, dass sie diesen Rahmen nicht liefern kann.

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