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Land und Leute
Abweichend von anderen lateinamerikanischen Staaten dominieren in Argentinien nicht die spanischstämmigen Einwanderer oder die Nachkommen der Ureinwohner. Den größten Anteil an den Immigranten stellen die Italiener, die auch den Tango nach Südamerika gebracht haben. Der laszive Tanz mit den melancholischen Melodien wurde in den Hafenspelunken getanzt, in denen die Einwanderer nach der Überfahrt strandeten - voll von Heimweh, Sehnsucht und Hoffnung. Die Einwanderer bzw. deren Nachfahren stellen heute fast die gesamte Bevölkerung des Landes.
Etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung lebt im Einzugsgebiet der Hauptstadt Buenos Aires, die entsprechend von der Guten Luft nur noch den Namen hat. Der 13 Millionen Einwohner zählende Moloch beherbergt allein elf der 20 Mannschaften in der ersten Fußballliga. Weil es mit Cordoba und Rosario noch zwei weitere Millionenstädte gibt, ist der Rest des Landes, das immerhin achtmal so groß ist wie Deutschland, entsprechend dünn besiedelt. Was nicht heißt, dass dort niemand lebt: Die Pampa ist bestens geeignet für Landwirtschaft: Neben Ackerbau wird vor allem Viehzucht betrieben. Rund 60 Millionen Rinder stehen auf den Weiden in Herden von nicht selten mehreren tausend Tieren pro Estancia. Sie liefern das in aller Welt begehrte argentinische Rindfleisch.
Ein besonders dunkles Kapitel der Geschichte Argentiniens ist die letzte Militärdiktatur von 1976 bis 1983. Rund 30.000 Menschen verschwanden während dieser Zeit. Noch immer sind die Mütter und Großmütter der Vermissten aktiv und fordern die Bestrafung der Schuldigen, Folterer und Mörder. Diese waren in den 1990ern von Präsident Menem begnadigt worden. Unter Präsident Néstor Kirchner und der aktuellen Präsidentin, seiner Frau Cristina, wurden jedoch einige Fälle neu aufgerollt - etliche weitere sind vor den Gerichten anhängig.
Politisch wird das Land von dem Partido Justicialista (PJ) dominiert. Die Partei wurde von Juan Domingo Perón in den 1940er Jahren gegründet. Sie schafft das Kunststück, mit ihren politischen Flügeln Regierung und Opposition gleichermaßen zu stellen und gerät deswegen selten ins politische Abseits. Falls das doch passieren sollte, sorgt die gut vernetzte Parteibasis durch Streiks und Demonstrationen dafür, dass das Land praktisch unregierbar wird. Unter den Gegnern des PJ kursiert der Scherz, die Partei könne auch eine Kuh zum Präsidenten wählen lassen.
Land und Leute
Abweichend von anderen lateinamerikanischen Staaten dominieren in Argentinien nicht die spanischstämmigen Einwanderer oder die Nachkommen der Ureinwohner. Den größten Anteil an den Immigranten stellen die Italiener, die auch den Tango nach Südamerika gebracht haben. Der laszive Tanz mit den melancholischen Melodien wurde in den Hafenspelunken getanzt, in denen die Einwanderer nach der Überfahrt strandeten - voll von Heimweh, Sehnsucht und Hoffnung. Die Einwanderer bzw. deren Nachfahren stellen heute fast die gesamte Bevölkerung des Landes.
Etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung lebt im Einzugsgebiet der Hauptstadt Buenos Aires, die entsprechend von der Guten Luft nur noch den Namen hat. Der 13 Millionen Einwohner zählende Moloch beherbergt allein elf der 20 Mannschaften in der ersten Fußballliga. Weil es mit Cordoba und Rosario noch zwei weitere Millionenstädte gibt, ist der Rest des Landes, das immerhin achtmal so groß ist wie Deutschland, entsprechend dünn besiedelt. Was nicht heißt, dass dort niemand lebt: Die Pampa ist bestens geeignet für Landwirtschaft: Neben Ackerbau wird vor allem Viehzucht betrieben. Rund 60 Millionen Rinder stehen auf den Weiden in Herden von nicht selten mehreren tausend Tieren pro Estancia. Sie liefern das in aller Welt begehrte argentinische Rindfleisch.
Ein besonders dunkles Kapitel der Geschichte Argentiniens ist die letzte Militärdiktatur von 1976 bis 1983. Rund 30.000 Menschen verschwanden während dieser Zeit. Noch immer sind die Mütter und Großmütter der Vermissten aktiv und fordern die Bestrafung der Schuldigen, Folterer und Mörder. Diese waren in den 1990ern von Präsident Menem begnadigt worden. Unter Präsident Néstor Kirchner und der aktuellen Präsidentin, seiner Frau Cristina, wurden jedoch einige Fälle neu aufgerollt - etliche weitere sind vor den Gerichten anhängig.
Politisch wird das Land von dem Partido Justicialista (PJ) dominiert. Die Partei wurde von Juan Domingo Perón in den 1940er Jahren gegründet. Sie schafft das Kunststück, mit ihren politischen Flügeln Regierung und Opposition gleichermaßen zu stellen und gerät deswegen selten ins politische Abseits. Falls das doch passieren sollte, sorgt die gut vernetzte Parteibasis durch Streiks und Demonstrationen dafür, dass das Land praktisch unregierbar wird. Unter den Gegnern des PJ kursiert der Scherz, die Partei könne auch eine Kuh zum Präsidenten wählen lassen.
Geografie, Politik und Fußball
- Fläche: 2.780.400 km2
- Einwohnerzahl: 40,1 Millionen
- Hauptstadt: Buenos Aires
- Amtssprache: Spanisch
- Staatsform: Präsidialrepublik
- Fußball: Argentinien nimmt dieses Jahr zum 20. Mal an einem WM-Turnier teil, war seit 1974 bei jeder WM dabei und durfte zweimal den Pokal mit nach Hause nehmen (1978 und 1986).
Wirtschaft
Nach einer gravierenden Wirtschaftskrise 2001/2002 erholte sich das Land vor allem durch die Abwertung seiner Währung und die dadurch gestiegene Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Allerdings machen Bergbau und Landwirtschaft noch immer über die Hälfte der Exporterlöse Argentiniens aus. Insbesondere der Anbau von Soja, die auf der Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche des Landes wächst, und deren Verarbeitung zu Sojaöl, -mehl oder auch Biodiesel, ist ein wichtiger Devisenbringer.
Natur und Umwelt
Die Landwirtschaft hat als wichtigster Industriezweig auch einen großen Anteil an der Umweltzerstörung: Die riesigen Monokulturen der Soja sorgen dafür, dass die Farmer immer mehr Gift auf ihre Felder spritzen müssen. Immerhin wurde durch ein Waldschutzgesetz dafür gesorgt, dass nicht immer mehr Urwälder für immer neue Sojaplantagen gerodet werden.
Auch der Bergbau hat seine Schattenseiten. Besonders kontrovers ist das Pascua Lama-Projekt des kanadischen Konzerns Barrick Gold. Im Grenzgebiet von Argentinien und Chile will das Unternehmen in mehr als 4.000 Metern Höhe Gold, Silber und Kupfer im Tagebau gewinnen. Problem Nr. 1: Ein Teil der vermuteten Metallvorräte liegt unter Gletschern. Diese sollten nach ersten Plänen des Bergbaugiganten verlagert werden. Das wurde jedoch von den zuständigen Behörden in Chile und Argentinien untersagt. Problem Nr. 2: Zur Goldgewinnung soll Cyanid zum Einsatz kommen, das hochgiftig ist und bereits bei anderen Bergbauunfällen zu schweren Vergiftungen von anliegenden Gewässern geführt hat. 70.000 Kleinbauern im chilenischen Huasco-Tal fürchten um ihre Existenz.
Abgesehen von Landwirtschaft und Bergbau schneidet besonders die Region Buenos Aires unter Umweltgesichtspunkten schlecht ab: Millionen Fahrzeuge, die die Luft verpesten, chemische und pharmazeutische Industriebetriebe, die ihre Abwässer zum Teil ungeklärt in die Flüsse leiten, einer von nur drei AKW-Standorten in ganz Lateinamerika.
Dafür ist Argentinien in einer anderen Disziplin weltmeisterlich: In keinem anderen Land fahren mehr Fahrzeuge mit umweltfreundlichem und kostengünstigem Erdgas als in der Andenrepublik. Insgesamt sind es 1,7 Millionen und monatlich werden rund 5.000 Altfahrzeuge von Benzin auf Erdgas umgerüstet - wenn auch mit abnehmender Tendenz, denn Benzin und Diesel werden stark subventioniert.
Korruption und Menschenrechte
Transparency International (TI) weist Argentinien auf Platz 106 von 180 des Korruptionsindexes aus. Insbesondere die politischen Parteien macht TI als korrupt aus.
Die Menschenrechtssituation im Land ist befriedigend. Es kam zu einzelnen Übergriffen von Polizeikräften bei Demonstrationen und Protesten, die Behandlung von Insassen der überfüllten Gefängnisse ist mangelhaft. Argentinien hat aber nach den dunklen Jahren der Militärdiktatur inzwischen eine sehr lebendige Szene von Nichtregierungsorganisationen, die dem öffentlichen Sektor Paroli bieten. Ein wichtiges Mitglied in dieser Szene ist nicht zuletzt das lokale Greenpeace-Büro.
Aktivitäten von Greenpeace
Seit Ende der 1980er Jahre ist Greenpeace bereits in Buenos Aires aktiv. Gemeinsam mit vier anderen NGOs wurde die Organisation im Jahr 2008 höchstrichterlich als Garant für die seit Jahrzehnten überfällige Säuberung des Riachuelo-Flusses eingesetzt. Greenpeace gehört damit einem Gremium an, das über die staatlichen Institutionen wachen soll, damit die endlich ihre Arbeit tun. Der Riachuelo gilt als einer der schmutzigsten Flüsse der Welt. Auf Druck von Greenpeace und der Öffentlichkeit bewegen sich inzwischen die Behörden - wenn auch schwerfällig.
Aktueller Schwerpunkt der Arbeit ist jedoch der Kampf gegen den Neubau von Kohlekraftwerken, vor allem in Patagonien. Dort existieren wahrlich ökologisch sinnvollere Möglichkeiten der Stromerzeugung. Argentinien hat es gar nicht nötig, auf Kohle oder Atomkraft zu setzen. Patagonien ist mit seinem permanent starken Wind ideal für die Errichtung von Windkraftanlagen - die installierte Kapazität im Land liegt aber bei lediglich 26 Megawatt. Zum Vergleich: Das viel kleinere Deutschland hat eine rund tausendfach höhere Windstromkapazität.
(Autor: Helge Holler)