Das Urteil ist bei weitem nicht das Aus für handelsbeschränkende Maßnahmen von gentechnisch veränderten Organismen, so wie es die USA darstellen
, betont Jürgen Knirsch, Handelsexperte von Greenpeace. Aber es schafft bedrohliche Präzedenzen. In drei Punkten haben die WTO-Richter die Messlatte für zukünftige Gentechnikstreitfälle sehr hoch gesetzt. Sie interpretieren das WTO-Recht sehr weitreichend. Gravierender ist jedoch, dass sie weder das Vorsorgeprinzip noch das Biosafety-Protokoll, eine internationale Umweltvereinbarung vom Handel mit gentechnisch veränderten Produkten bei ihrer Entscheidung berücksichtigen.
Dabei fehlt der WTO jegliche Legitimation, über komplexe wissenschaftliche und ökologische Fragen grundsätzliche Entscheidungen zu treffen. Trotzdem entscheidet sie, welche Regeln Vorrang haben. Das ist so, als ob der Fuchs die Verantwortung für den Hühnerstall übernimmt. Die WTO maßt sich eineRolle an, die ihr nicht zusteht. Mit ihrer Entscheidung hebelt sie den Vorsorgegrundsatz aus. Er greift normalerweise dann, wenn Wissenslücken über gentechnisch veränderte Produkte bestehen oder die negativen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt nicht abschätzbar sind. Die WTO fordert, dass das Risiko erst bewiesen sein müsse, bevor das Vorsorgeprinzip überhaupt greift.
Auch auf das multilaterale Biosafety-Protokoll kann sich die EU laut WTO-Entscheidung nicht berufen: Obwohl weltweit von 134 Ländern unterschrieben, gilt es nach WTO-Logik in diesem Handelsstreit nicht, da es von den drei Klägern nicht unterschrieben wurde. Das Abkommen regelt normalerweise den Handel mit gentechnisch veränderten Produkten. Es ist bislang einzigartig auf globaler Ebene und erlaubt Ländern, etwa Einfuhrverbote beim Handel mit gentechnisch veränderten Organismen auszusprechen.
Greenpeace fordert von der WTO, in Streitfällen zur Gentechnik das Protokoll zur biologischen Sicherheit nicht zu unterlaufen sondern zu unterstützen. Auch das international anerkannte Vorsorgeprinzip muss durch die Handelsregeln respektiert werden.