Jetzt spenden
Greenpeace Aktivist:innen protestieren vor dem Umweltministerium in Berlin gegen die Vernichtung zurückgeschickter Neuwaren bei Amazon. Eine von 145.000 Menschen unterzeichnete Petition für eine neue Politik wird an den Staatssekretär Jochen Flasbarth übergeben.
© Daniel Müller / Greenpeace

Greenpeace-Recherchen belegen Überwachung von Amazon-Mitarbeitenden

In Zeiten der Corona-Krise hat der Online-Handel einen massiven Aufschwung erlebt: Marktführer Amazon verzeichnet Rekordumsätze mit einem Plus von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, weil viele Menschen den persönlichen Einkauf im Geschäft meiden. Doch der Siegeszug des Online-Handels belastet nicht nur die Umwelt durch viele Transportvorgänge und durch ein Befeuern des schnellen Konsums, bei dem einfach zurückgeschickt wird, was nicht gefällt.

Greenpeace hat bei bundesweiten Recherchen zu Amazon immer wieder Hinweise darauf erhalten, dass der Online-Riese die Überwachung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter perfektioniert hat und so einen erheblichen Druck auf die Beschäftigten ausübt. Betriebsräte, ausgeschiedene und aktuelle Mitarbeiter berichten, dass Amazon die Leistung seiner Beschäftigten minutengenau erfasst und so sehr detaillierte Profile erstellen kann. Unterlagen, die Greenpeace vorliegen, bestätigen das. Dies dürfte mit den Datenschutzbestimmungen in Deutschland nicht vereinbar sein, weshalb die Behörden auch schon Prüfverfahren gegen Amazon eingeleitet haben. 

Psychologischer Druck auf Angestellte

Die Scanner, mit denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Logistikzentren von Amazon hantieren, ermöglichen nicht nur eine genaue Erfassung der Ware, sondern auch der individuellen Arbeitsleistung der Person, die diese Geräte bedient. Nach Schilderungen, die Greenpeace von Beschäftigten erhalten hat, setzt der Online-Riese diese Daten ein, um psychologischen Druck auf die Angestellten auszuüben: Bei Leistungsabfall folgt eine Ansprache der betreffenden Person durch Vorgesetzte. So entsteht ein immenser Druck, ständig am Leistungslimit zu arbeiten. Auch haben uns Schilderungen erreicht, dass Amazon die Leistungsprofile heranzieht, um darüber zu entscheiden, welche Verträge verlängert werden und welche nicht. 

Greenpeace kümmert sich als Umweltschutzorganisation in erster Linie um Umweltfragen. So haben wir im Dezember 2019 aufgedeckt, dass Amazon völlig intakte Waren von Drittanbietern vernichtet, wenn sie nicht schnell genug verkauft werden – eine skandalöse Verschwendung. Diese Greenpeace-Recherchen haben auch den Druck erhöht, die gesetzlichen Vorgaben zum Ressourcenschutz zu verbessern. Doch wenn uns im Zuge unserer Recherchen Missstände bekannt werden, die außerhalb des Umweltschutzes liegen, können und wollen wir diese nicht ignorieren.

Bei Amazons Geschäftsmodell liegt vieles im Argen

Deshalb hat Greenpeace seine Rechercheergebnisse dem Norddeutschen Rundfunk zugänglich gemacht, unter striktem Schutz derjenigen, die diese Informationen preisgeben.  Das ARD-Magazin „Panorama“ berichtet über den Überwachungsskandal bei Amazon am 15. Oktober. Bleibt zu hoffen, dass solche Veröffentlichungen zu Verbesserungen bei Amazon selbst führen, aber auch zu einem Nachdenken bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern: Bei Amazons Geschäftsmodell ist vieles im Argen. So bequem die Online-Bestellung auch ist, Beschäftigte und Umwelt zahlen einen Preis!

Autor: Manfred Redelfs / Greenpeace Recherche

Datum
Müllhalde mit Kühen in Ghana

Mehr zum Thema

Aktivist:innen vorm Bundeskanzleramt
  • 15.03.2024

Das europäische Lieferkettengesetz wurde beschlossen, auch trotz der Enthaltung Deutschlands. Die EU hat damit gezeigt: Menschenrechte und Klimaschutz sind wichtiger als Profite von Unternehmen.

mehr erfahren
Aktive sitzen auf einem einem 3,5 Meter hohen und 12 Meter breiten Textilmüll-Berg  vor dem Brandenburger Tor, auf dem Banner steht "Fast Fashion: Kleider machen Müll".
  • 05.02.2024

Aussortierte Kleidung landet in großem Stil in Afrika – und wird dort zum Plastikmüllproblem. Eine Greenpeace-Recherche zeigt das Ausmaß, Aktive protestieren gegen Fast Fashion auf der Fashion Week.

mehr erfahren
Protest am Amazon-Logistikzentrum Winsen bei Hamburg
  • 11.12.2023

Fabrikneue Ware oder Retouren einfach zerstören? Exzess der Überproduktion und wahnsinnige Ressourcenvergeudung. Wir konnten ein Vernichtungsverbot für unverkaufte Kleidung erreichen.

mehr erfahren
Zwei Jugendliche halten ein Pappschild "Say no to plastic, save the ocean" .
  • 16.11.2023

Eine historische Chance: Die UN-Verhandlungen über ein verbindliches globales Abkommen gegen Plastikverschmutzung gehen weiter.

mehr erfahren
Greenpeace Aktive halten beim Make Something Day in Berlin Hände mit "Ressourcenschutz fürs Klima" hoch
  • 13.11.2023

Während der Handel in der Vorweihnachtszeit mit Rabattschlachten zum Massenkonsum ruft, treffen sich vom 19. bis 27. 11. Menschen, die auf Reparieren, Selbermachen, Tauschen setzen statt auf Kaufen.

mehr erfahren
Frau mit Kleid vor Spiegel bei Kleidertauschbörse
  • 30.08.2023

Wir ertrinken in Konsumprodukten, die wir nicht brauchen – weniger wäre oft mehr. Hier sind zehn Tipps, wie man im immer schnelleren Verwertungskreislauf auf die Bremse tritt.

mehr erfahren