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Hügellandschaft mit Rapsfeldern - der Raps blüht gelb.
Bernhard Nimtsch / Greenpeace

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Sie reagiert damit auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster. Aufgrund einer Klage von Greenpeace hatte das Gericht klargestellt, dass Informationen über Agrarsubventionen nicht mit dem Hinweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unter Verschluss gehalten werden dürfen.

Diese Daten seien nach dem Umweltinformationsgesetz öffentlich zugänglich. Soweit es sich bei den Empfängern um natürliche Personen handelt, also einzelne Landwirte, müssten sie vor einer Veröffentlichung angehört werden, um ihre Datenschutzrechte zu wahren. Dies sei bei Aktiengesellschaften und GmbHs als juristischen Personen nicht erforderlich, da sie nicht unter das Datenschutzgesetz fielen. Somit sind die Informationen über Firmen ohne Einschränkung freizugeben. Auch das Argument des Bundeslandwirtschaftsministeriums, die Daten fielen in die Kompetenz der Bundesländer und würden vom Bund nur treuhänderisch weitergeleitet, so dass der Bund hier gar keine Kompetenz besitze, ließ das Gericht nicht gelten. Ebenso scheiterte der Versuch der Behörde, die Freigabe mit dem Hinweis abzulehnen, dass die Daten für die beantragte Veröffentlichung extra bearbeitet werden müssten, da sie in der beantragten Form nicht vorlägen. Eine Revision hat das Gericht nicht zugelassen.

Dies ist eine wichtige Grundsatzentscheidung, denn damit wird eindeutig klargestellt, dass die Geheimniskrämerei bei den Subventionszahlungen ein Ende haben muss, begrüßt Manfred Redelfs das Urteil, der Leiter der Rechercheabteilung von Greenpeace. Außerdem werden einige Streitpunkte des Informationsrechts zugunsten der Transparenz entschieden: zum Beispiel können sich die Behörden jetzt nicht mehr darauf zurückziehen, sie würden die Daten ja nur im Auftrag anderer weiterleiten, hätten aber keine juristische Zugriffsmöglichkeit darauf. Von nun an gilt: Wenn solche Daten in Form einer CD-ROM bei einer Behörde vorliegen, kann die Information beantragt werden - unabhängig davon, wie die Zuständigkeit im deutschen föderalen System geregelt ist.

Auf Druck der Europäischen Union hatte Deutschland im Jahr 2009 die Zahlungsempfänger plus die überwiesenen Summen zunächst ins Netz gestellt und dafür eine eigene Datenbank eingerichtet. Gegen diese EU-weite Veröffentlichungspflicht haben zwei hessische Landwirte mit Unterstützung des Bauernverbandes geklagt. Der Europäische Gerichtshof sah Datenschutzinteressen verletzt und gab den Bauern recht. Obwohl das Gericht nur die pauschale Veröffentlichung von Zahlungen an Privatpersonen beanstandete, hatte Ministerin Aigner daraufhin entschieden, die gesamte Datenbank zu sperren. Dies schloss die politisch brisanten Zahlungen an juristische Personen ein, die oft branchenfremd sind und zudem besonders hohe Summen erhalten. So bezieht der Energiekonzern RWE Agrarsubventionen für die Rekultivierung von Braunkohletagebauen. Zu den teils skurrilen Subventionsfällen, die dank Transparenz bekannt wurden, gehörte ferner die Zahlung von Exportsubventionen für Zucker an einen Ableger von Coca Cola - für die Lieferung des zuckerhaltigen Getränks an amerikanische Militärbasen in Deutschland. Weil die Stützpunkte formell als "exterritoriales Gebiet" gelten, handelte es sich juristisch um einen subventionsberechtigten Export eines Zuckerprodukts jenseits der Außengrenzen der EU. Nach der gleichen merkwürdigen Konstruktion kassierten Fluggesellschaften und Schiffsausrüster Exportsubventionen für das Catering an Bord, denn deren Landwirtschaftsprodukte verlassen auf den Kreuzfahrtschiffen oder im Flieger gleichfalls häufig die EU. Auf diese Praxis hatte Greenpeace erstmals aufmerksam gemacht. Durch die Veröffentlichung der Zahlen, die allein in Deutschland einen Posten von 6 Milliarden Euro im Jahr ausmachen, konnte erstmals öffentlich anhand von konkreten Fällen diskutiert werden, wie reformbedürftig die europäische Landwirtschaftspolitik ist.

Die Agrarsubventionen sollten in erster Linie zur Förderung einer arbeitsintensiven und naturnahen kleinbäuerlichen Landwirtschaftschaft ausgegeben werden. Mitnahmeeffekte von branchenfremden Großkonzernen führen dazu, dass dieses Geld den Empfängern verloren geht, die es dringender benötigen, so Manfred Redelfs. Das Bestreben, die Daten über die Zahlungsempfänger möglichst unter Verschluss zu halten, hat nach meinem Eindruck schlicht damit zu tun, dass die Bundesregierung den Druck der Empfänger fürchtet, die lieber nicht öffentlich bekannt werden möchten.

Die aktuellen Zahlen zu den Firmen, die Agrarsubventionen beziehen finden Sie hier.

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