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Verbraucherinformationsgesetz

Kein Durchblick für Verbraucher

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Das Gesetz trägt seinen Namen zu Unrecht. Der Verbraucher wird mit dem Titel Verbraucherinformationsgesetz hinters Licht geführt und bleibt buchstäblich im Dunkeln sitzen. Das Gesetz zementiert die Einstellung von Behörden, dass Informationen über Untersuchungen und Kontrollen in erster Linie für die Amtsschubladen bestimmt sind. Nur in Ausnahmefällen gelangen sie, dann meist zeitlich verzögert, an die Öffentlichkeit. Es gelten zudem zu lange Antragsfristen und eine Auskunftspflicht der Unternehmen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Ein VIG muss jedoch Transparenz zum Regelfall machen und nur in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen.

Trotz geplantem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) werden Lebensmittelskandale auch künftig unter der Decke bleiben. Das befürchten das Greenpeace-EinkaufsNetz, der BUND und die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Sie fordern grundlegende Nachbesserungen des Gesetzentwurfs, der morgen zur abschließenden Beratung in den Verbraucherausschuss kommt und danach in zweiter und dritter Lesung im Deutschen Bundestag verabschiedet werden soll.

Das von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) vorgelegte Gesetz kann Verbraucherinnen und Verbrauchern in keiner Weise bei einer bewussten Kaufentscheidung helfen. Es sorgt nicht dafür, dass Behörden und Unternehmen zeitnah Informationen bereit stellen müssen. Firmen können außerdem zahlreiche Ausschlussgründe anführen, um eine Veröffentlichung zu verhindern oder hinauszuzögern.

Beispiel Pestizidrückstände. Seit Jahren beweisen Greenpeace-Untersuchungen, dass in Deutschland verkauftes Obst und Gemüse zum Teil stark mit Pestiziden belastet ist. Findet man nun, wie im letzten Jahr geschehen, illegale Pestizide beispielsweise in Stachelbeeren, müssen die Ergebnisse nicht zwangsläufig öffentlich gemacht werden. Ein Ermittlungsverfahren, das wahrscheinlich eingeleitet wird, kann als Grund genommen werden, um eine Veröffentlichung zu verhindern. Ein Verbraucherinformationsgesetz, das in diesen Fällen nicht greift, hat seinen Namen nicht verdient, meint Corinna Hölzel vom Greenpeace-EinkaufNetz.

Die BUND-Referentin für Landnutzung, Reinhild Benning, findet es skandalös, dass Horst Seehofer den jetzigen Entwurf als Konsequenz aus den jüngsten Gammelfeischskandalen präsentiert. Denn die seien auch mit dem jetzt geplanten Gesetz möglich. Durch eine Einstufung als Geschäftsgeheimnis könne die Lebensmittelindustrie auch künftig jede Auskunft verhindern.

Auch Cornelia Ziehm, die Leiterin für Verbraucherschutz und Recht bei der DUH befürchtet, dass das jetzt eingebrachte Gesetz keinen wirksamen Hebel bietet, das Kartell der Geheimnistuer zu durchbrechen. Seit Monaten versucht die Deutsche Umwelthilfe vergeblich, Auskunft über das Ausmaß der Belastung von Obst- und Gemüsesäften durch die Druckerchemikalie ITX zu erhalten.

Die Umweltorganisationen fordern deshalb eindringlich von den Mitgliedern des Verbraucherausschusses und des Bundestages:

  • Ein gesetzlicher Informationsanspruch muss auch gegenüber privaten Unternehmen eingeräumt werden.
  • Der Anwendungsbereich des Gesetzes soll auf Produkte jenseits des Lebensmittelbereichs und auf Dienstleistungen ausgeweitet werden.
  • Es muss restriktiv definiert werden, was ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ist.

 

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