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Kartoffelernte aus nachhaltiger Landwirtschaft in Bolivien, Gabriel Crispin mit seinem Sohn.
Sophia Evans/Greenpeace

WBCSD - mit dem Feind in einem Bett?

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In einer Veranstaltung am Rande des Weltgipfels in Johannesburg 2002 rief Greenpeace gemeinsam mit dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) alle Staaten und Länder dazu auf, das Kyoto Protokoll zu ratifizieren. Der Appell richtet sich besonders an die USA und Australien, die zu den Ländern mit den höchsten CO2-Werten gehören und sich bislang vehement gegen das Protokoll sträuben.

Diese Kooperation überrascht, wenn man bedenkt, dass sich Greenpeace seit Jahren in einer ständigen Auseinandersetzung mit den Mitgliedsfirmen des WBCSD befindet. Einigen seiner Mitglieder, insgesamt 160 internationale Großkonzerne wie Shell, Aventis, Nestlé oder Dow Chemical, wird Greenpeace auch weiterhin wegen ihrer Umweltsünden auf die Füße treten, ihre Schornsteine besteigen, Plattformen besetzen oder ihre illegalen Techniken aufdecken. Dennoch war es ein wichtiger Schritt, zumindest im Bereich des Klimaschutzes eine Einigung mit einem der wichtigsten Industrieverbände der Welt zu erzielen.

Greenpeace-Campaigner Andreas Bernstorff kommentiert die ungewöhnliche Zusammenarbeit: In Notlagen muss man auch mit dem Teufel essen. Man kann das tun, wenn man einen genügend langen Löffel mitbringt.

World Business Council on Sustainable Development

Das World Business Council on Sustainable Development ist ein Zusammenschluss von 160 internationalen Unternehmen aus dreißig Ländern und mehr als zwanzig Sparten. Zusammen mit der Internationalen Handelskammer (ICC) will es in der Business Action for Sustainable Development sicherstellen, dass "die Stimme der Wirtschaft" auf dem Gipfel in Johannesburg gehört wird und den Beitrag der Konzerne zur nachhaltigen Entwicklung in freiwilligen Initiativen darstellen.

Nur auf persönliche Einladung bekommen die Vorstandsvorsitzenden großer Konzerne Zutritt, wenn sie Vorreiter im Bereich nachhaltiger Entwicklung und Öko-Effizienz sind. Die Liste dieser Vorreiter nennt berüchtigte Atom-, Chemie- und Gentechnikfirmen (wie die COGEMA, Dow Chemicals und Monsanto) genauso wie große Auto- und Holzkonzernen. In diese illustre Reihe angeblich nachhaltiger Firmen reihen sich die deutschen Konzerne Volkswagen, DaimlerCrysler, Bayer, BASF, Hoechst/Aventis, die Allianz, Degussa, die Deutsche Bank, der Gerling-Konzern, Henkel, Heidelberger Zement und Adidas ein. Vorsitzender vom WBCSD ist Philipp Watts (Shell).

Nachhaltigkeit ist für das World Business Council vor allem ein Weg, um wirtschaftliches Wachstum mit sozialem Anspruch im ökologischen Gleichgewicht zu entwickeln. Wachstum bleibt für sie dabei der Schlüssel zu mehr Wohlstand. Der Umweltzerstörung soll mit dem Konzept der Öko-Effizienz begegnet werden. Dieses versucht, mit weniger Ressourceneinsatz zu mehr Wachstum (und somit zu mehr Wohlstand) zu kommen. Die entwickelten Werkzeuge und Leitlinien werden von vielen Firmen und Institutionen genutzt.

Schon in Rio konnte der Vorläufer des 1995 gegründeten WBCSD seine Deutung nachhaltiger Entwicklung in den Texten verankern. In Johannesburg ist er einer der stärksten Gegner verbindlicher Regelungen zur Unternehmensverantwortung und setzt stattdessen auf beispielhafte Projekte und freiwillige Partnerschaften.

Greenpeace kritisiert den Glauben, dass allein Effizienzgewinne in der Lage sind, die zusätzliche Umweltbelastung eines weiteren Wirtschaftswachstums zu kompensieren. Vielmehr fördere der WBCSD unter dem Deckmäntelchen der Nachhaltigkeit freien Handel und Deregulierung ­ und das nicht im Sinne einer ernstgenommenen nachhaltigen Entwicklung.

Obwohl Greenpeace in vielen Punkten das WBCSD und seine Mitgliedern scharf kritisiert und dies auch weiter tun wird, gibt es einen Punkt, indem sich einige Unternehmen und Umweltschützer einig sind: Das Kyoto-Protokoll muss möglichst bald in Kraft treten. Um das Klima zu retten, sagen die Einen, Damit die Unsicherheit aufhört und wir etwas haben, mit dem wir rechnen können, die Anderen.

Alle Mitglieder des WBCSD: 3M; ABB Ltd.; ABN AMRO Bank; Acindar; Adidas-Salomon; Alcan; Alcoa; Allianz; Amcor; Anglo American; AOL Time Warner Inc.; Aracruz Celulose; Arthur D. Little; Asahi Glass Co; AT&T; Aventis; BASF; Bayer; BC Hydro; BG Group; BHP Billiton; Borealis A/S; BP; British Standards Institution; Brødrene Hartmann; Cargill Incorporated; Caterpillar; CEMEX; CH2M HILL; ChevronTexaco Corporation; China Petrochemical Corporation (SINOPEC); CIMPOR; CLP Holdings Limited; Codelco; COGEMA; Companhia Vale do Rio Doce; Conoco; DaimlerChrysler; Danisco A/S; Degussa; Deloitte Touche Tohmatsu; DENSO Corporation; Det Norske Veritas; Deutsche Bank AG; Dow Corning Corporation; DuPont; Eastman Kodak Company; ENCE; Environmental Resources Management Group; Empresa Periodistica Nacional S.A.C. (EPENSA); ESKOM; Exelon Corporation; F. Hoffmann-La Roche; FALCK Group; Fiat Auto; Ford Motor Company; Fortum Corporation; General Motors Corporation; Gerling-Konzern Insurances; Grupo IMSA; GrupoNueva; Heidelberger Zement; Heineken; Henkel KGaA; Hitachi Chemical Co; Holcim Ltd.; Honda Motor; Imperial Chemical Industries; ING Group; Interface; International Herald Tribune; International Paper Company; Italcementi Group; John Laing; Johnson & Johnson; Kajima Corporation; Kikkoman Corporation; KPMG; L'Oréal; Lafarge; Leif Höegh; LG Group; MeadWestvaco Corporation; Michelin; Mitsubishi Corporation; Mitsui & Co.; Mitsui Chemicals; Monsanto Company; Nestlé; Newmont Mining Corporation; Nexen; Nippon Telegraph & Telephone Corporation; Nissan Motor; Nokia; Noranda; Norsk Hydro; Norske Skogindustrier; Novartis; Novo Nordisk; Nutreco Holding; OAO Gazprom; Ontario Power Generation; Petro-Canada; PLIVA; Podravka; Powergen; PricewaterhouseCoopers; Procter & Gamble; Rabobank Group; Renault; Rio Tinto; RMC Group; Rohm and Haas Company; Royal Dutch/Shell Group of Companies; Royal Philips Electronics; S.C. Johnson & Son; Samsung Electronics; Seiko Group; Severn Trent; SGS Société Générale de Surveillance Holding; Siam Cement Public Company; Sibirsky Aluminium Group; Skandia Insurance Company; Skanska; Sonae; Sonatrach; Sony Corporation; SOPORCEL - Sociedade Portuguesa de Papel; Statoil; STMicroelectronics; Stora Enso; Storebrand; Suez; Suncor Energy; Swiss Re; Syngenta; Taiheiyo Cement Corporation; Teijin; Telenor; The Boston Consulting Group; The Coca-Cola Company; The Dow Chemical Company; The Kansai Electric Power; The RETEC Group; The Tokyo Electric Power Company; The Tokyo Electric Power Company; The Warehouse; The Yasuda Fire & Marine Insurance Company; Toray Industries; Toyota Motor Corporation; TransAlta Corporation; UBS; Unilever; Unocal Corporation; UPM-Kymmene Corporation; Visteon Corporation; Vivendi Environnement; Vodafone Group; Volkswagen; Western Power Corporation; Weyerhaeuser Company; WMC; Zurich Financial Services Group

Wiebke Herding, V.i.S.d.P.: Andreas Bernstorff, Stand: 08/2002

Petition

https://act.greenpeace.de/vw-klage

Kein Recht auf Verbrenner!

Greenpeace klagt gemeinsam mit mit dem Bio-Landwirt Ulf Allhoff-Cramer und Fridays for Future-Klimaaktivistin Clara Mayer mehr Klimaschutz bei Volkswagen ein. Unterstützen Sie die Kläger:innen mit Ihrer Unterschrift

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