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Fischrestaurant auf Sylt, 23. Mai 2011
Michael Löwa / Greenpeace

Feinkost statt Fast Food

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Schon im Mittelalter transportierte man Fisch von A nach B, solange er getrocknet, geräuchert oder gesalzen war, vor allem fässerweise salzigen Hering. Trotzdem, nur an Küsten und bei Insulanern spielte Fisch auf dem Speiseplan eine Rolle. Seit verderbliche Ware eisgekühlt um den Erdball reist, bekommt man selbst frisches Seafood (nicht fangfrisch, aber unverarbeitet) jederzeit und überall – und die Meere werden zunehmend geplündert. Die Globalisierung fördert zum Teil eine "verkehrte Welt": So wird in einem Luxushotel im südafrikanischen Busch norwegischer Lachs serviert – als Prestigeobjekt. Und in einem Imbiss im Fischereihafen von Bremerhaven bekommt man Pangasius, einen Süßwasserfisch aus Vietnam.

Deutsche mögen's tiefgekühlt

Unsere bevorzugten Fischprodukte charakterisieren unsere Wertschätzung für Fisch: Unter den hierzulande konsumierten Meerestieren sind nur acht Prozent Frischfisch, 26 Prozent sind in Dosen gepresst, und 34 Prozent stammen aus der Tiefkühltruhe: "Schlemmerfilets", Fischstäbchen usw. Wer erkennt in einem panierten Rechteck noch das Tier, das sein Leben gab? Und wer schmeckt unter der dicken Kruste noch den Fisch heraus?

Island - "Weltmeister" im Fischessen

Ein Europäer verzehrt im Jahr durchschnittlich 22 kg Fisch. Zwischen den Nationen gibt es aber große Unterschiede: Portugiesen und Norweger zum Beispiel sind mit über 50 kg pro Nase/Jahr fischbegeistert; Ungarn und Slowenen mit unter 10 kg weniger. Am meisten Fisch essen die Isländer: jeder im Schnitt 90 kg pro Jahr. Mit 15,7 kg liegen wir Deutschen nahe am Weltdurchschnitt von 16,4 kg. 15,7 kg im Jahr, das macht 300 Gramm die Woche, entspricht ungefähr einer großen Scholle mit Gräten, drei Stück Matjesfilet oder acht Fischstäbchen. Ist das zu viel?

Gesund für uns, nicht für die Meere

Aus Sicht des Menschen nicht: Fisch pur hat wenig Cholesterin, dafür viel Eiweiß und Vitamine wie A, B, D und K sowie Mineralien wie Kalzium, Kupfer, Jod, Eisen, Zink und Selen. In fetten Arten wie Makrele und Hering finden sich außerdem Omega-3-Fettsäuren, essenzielle Stoffe für den Menschen.

Doch den Meeren bekommt unser aller Fischhunger überhaupt nicht. Wir sind schließlich 80 Millionen Deutsche – macht rund 1,28 Millionen Tonnen Fisch im Jahr. Und wir sind 6,9 Milliarden Menschen insgesamt – ergibt rund 118 Millionen Tonnen Fisch. Seit 1960 hat sich die Weltbevölkerung fast verdoppelt und dabei ihren Pro-Kopf-Konsum an Fisch um sieben Kilo gesteigert. Nach Schätzungen der UN werden im Jahr 2050 über neun Milliarden Menschen auf der Erde leben.

Fischressourcen fair verteilen

Ohne Fisch kann die Welt nicht ernährt werden – daher kommt es auf eine gerechte Verteilung an. Für uns westliche Industrienationen ist Fisch eher ein Genuss als notwendiges Lebensmittel. Wir haben genug Alternativen. Dagegen ist die Bevölkerung vieler ärmerer Länder, zum Beispiel in Afrika und den pazifischen Inselstaaten, auf Fisch als Eiweißquelle angewiesen. Dies betrifft weltweit ungefähr eine Milliarde Menschen, schätzt die FAO.

Fisch, wieder ein Fest!

Verbraucher haben Macht, denn die Nachfrage bestimmt das Angebot. Tipp: Betrachten Sie Ihren Lieblingsfisch oder die leckere Pizza Frutti di Mare als Delikatesse und gönnen Sie sich diese nur zu besonderen Anlässen. Kaufen Sie bewusst nur nachhaltig gefangene Meerestiere oder welche aus Öko-Aquakultur. Der Greenpeace-Einkaufsratgeber für Fisch ist Ihr praktischer Begleiter für den Markt und Restaurantbesuch. Er listet die beliebtesten Speisefischarten auf, kennzeichnet zerstörerische Fischereien und Aquakulturen und bietet Alternativen.

Wussten Sie, wo sich der größte Fischmarkt Deutschlands befindet? Nicht etwa in Hamburg, sondern am Frankfurter Flughafen: Im 9.000 Quadratmeter großen Luftfrachtzentrum für verderbliche Waren, "Perishable Center Frankfurt", werden jährlich bis zu 30.000 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte aus aller Welt umgeschlagen.

(Autorin: Nicoline Haas)

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