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© Mitja Kobal / Greenpeace

Amt bestätigt Patent auf Gen-Saaten

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Der Greenpeace-Gentechnik- und Patentexperte Christoph Then sagte nach der mehrstündigen Verhandlung vor der Beschwerdekammer der europäischen Behörde: Das Amt hat die Möglichkeit nicht zugelassen, die nächsthöhere Instanz anzurufen. Das wäre die große Beschwerdekammer. Damit bleibt die Situation derzeit rechtlich verfahren, weil die Rechtsgrundlage faktisch außer Kraft gesetzt ist.

Then weist auf die Gefahr hin, dass die Patentierungspraxis nicht nur auf Gen-Pflanzen beschränkt bleibe, sondern auch immer mehr herkömmlich gezüchtete Pflanzen betroffen sein werden. Wir lassen uns jedoch von dem Ausgang nicht entmutigen und werden weiter gegen Patente auf Leben kämpfen. Jetzt ist aber vor allem die Politik gefordert. Bundestag und Bundesrat müssen aktiv werden.

Bayer will Monopol auf Gen-Saaten ausweiten

Showdown in München: Am Europäischen Patentamt findet am Dienstag die entscheidende Verhandlung über ein Patent der Firma Bayer statt. Vor der Beschwerdekammer des Amtes wird der endgültige Beschluss über das schon 1993 erteilte Patent fallen. Fällt eine Grundsatzentscheidung, könnte dadurch auch die deutsche und europäische Gesetzgebung beeinflusst werden.

Diese Verhandlung gibt dem Amt die Chance, seine äußerst umstrittene Rechtsprechung noch einmal zu überdenken", sagt Christoph Then, Gentechnik-Experte von Greenpeace in München. "Inzwischen sind bereits etwa vierhundert Patente auf Saatgut in Europa erteilt worden. Derartige Patente sind eine Gefährdung der Welternährung und bringen Landwirte auch in Europa in direkte Abhängigkeit von den multinationalen Konzernen.

Das Bayer-Patent (EP 275957) erstreckt sich auf genmanipulierte Pflanzen wie Reis, Raps und Mais. Das Patent steht exemplarisch für die derzeitige Praxis des Amtes, das EU-Verbot zur Patentierung von Pflanzensorten zu unterlaufen. Denn das europäische Patentübereinkommen verbietet generell Patente auf Pflanzensorten (das heißt landwirtschaftliche Nutzpflanzen) und Tierarten.

Das Verbot ist allerdings nicht wirksam, da es durch einfache Formulierungstricks unterlaufen werden kann: Patente auf Pflanzensorten werden vom EPAt immer noch erteilt, solange nicht ausdrücklich Sorten, sondern - allgemein formuliert - Nutzpflanzen beansprucht werden.

Saatgutkonzerne kontrollieren den Markt

Seit über zehn Jahren sichern sich die großen Konzerne systematisch ihr Monopol auf Saatgut: Der Anteil der Firmen Bayer und BASF an den europäischen und internationalen Patentschriften im Bereich genmanipulierter Saaten betrug im Jahr 2002 zusammen rund 50 Prozent. Die traditionellen Pflanzenzüchter verfügen dagegen nur über einen Anteil von 9 Prozent.

International kontrollieren immer weniger Konzerne immer größere Anteile des Saatgutmarktes. Auch normale, nicht genmanipulierte Pflanzen sind davon betroffen. Nachdem Bayer im Jahr 2002 die Saatgutabteilung von Aventis gekauft hat, wurde der Konzern neben Monsanto, DuPont und Syngenta zu einem der größten Saatgutkonzerne weltweit.

Kassieren für den Artenschwund

Im Freilandversuch getestet, zeigten die patentierten Pflanzen von Bayer, insbesondere der Gen-Raps, deutliche negative Effekte für die Umwelt. Die biologische Vielfalt auf dem Acker nahm erkennbar ab.

Hier liegt auch die Geschäftsidee von Bayer: Gen-Pflanzen und Spritzmittel sollen im Doppelpack verkauft werden, nur die Gen-Pflanzen überleben die Spritzmittelattacke auf dem Acker, erklärt Then. Auch die Gen-Pflanzen, die sich derzeit in Deutschland im geheimen Anbau befinden, sind längst zum Patent angemeldet.

EU-Richtlinie muss neu verhandelt werden

Der Einspruch gegen das Bayer-Patent wurde 1993 von der Münchner Initiative Kein Patent auf Leben! eingereicht. Greenpeace unterstützt den Einspruch vor der Beschwerdekammer durch rechtliche Expertise. Der Ausgang des Verfahrens kann Einfluss auf das Patentgesetz in Deutschland haben, da der Bundestag noch dieses Jahr die Patentrichtlinie 98/44 der Europäischen Union umsetzen will.

Sollte sich in der Verhandlung zeigen, dass gemäß dieser Richtlinie Patente auf Pflanzensorten weiterhin erteilt werden, wird das die Forderung nach einer kompletten Neuverhandlung dieser Richtlinie noch lauter werden lassen. Schon jetzt fordern neben Greenpeace auch die Ärztekammer und der Deutsche Bauernverband ein vollständiges Verbot der Patentierung von Pflanzen.

Greenpeace fordert:

  • Gene, Pflanzen, Tiere, Menschen und Teile des menschlichen Körpers dürfen nicht patentiert werden.
  • Der Bundestag darf die EU-Patentrichtlinie 98/44 nicht in nationales Recht umsetzen.
  • Die Europäische Union muss eine neue europäische Patentgesetzgebung auf den Weg bringen, die Patente auf Lebewesen und deren Gene verbietet.

 

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