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Greenpeace kennzeichnet genmanipulierten Mais der Firma Syngenta auf einem Testacker in Hessen
Ute Schmidt / Greenpeace

Neuer Report: Greenpeace widerlegt vermeintliche Vorteile der Gentechnik

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Siebzehn EU-Staaten haben den Anbau mehrerer Gen-Mais-Sorten auf ihrem Gebiet verhindert. Eine gute Entscheidung, wie der Greenpeace-Report „Zwei Jahrzehnte des Versagens“ zeigt.

Zahlreiche Gen-Mais-Pflanzen der Firmen Monsanto, DuPont und Syngenta stehen in der EU vor der Zulassung. Doch Europa hat den Gewächsen bereits jetzt eine Absage erteilt: Deutschland sowie 16 weitere Länder und vier Regionen haben die Aussaat von sechs Gen-Maislinien verhindert. „Ein erster wichtiger Schritt“, findet Dirk Zimmermann, Experte für Gentechnik bei Greenpeace. Doch er fordert mehr: „Einzelne Sorten abzulehnen, reicht nicht. Agrarminister Christian Schmidt muss nun ein generelles Anbauverbot für Gen-Pflanzen in Deutschland vorbereiten und verhängen.“

Das würde auch dem Willen der Bevölkerung entsprechen: Sie traut der Gentechnik nicht – eine Technologie, die viel verspricht, in der Praxis aber riskant und unberechenbar ist. Vor knapp 20 Jahren säten Landwirte in den USA die erste kommerziell genutzte Gen-Soja. Die Gentechnik-Industrie investierte seitdem Millionen in die Vermarktung ihrer Prestigeprojekte. Regelmäßig wirft sie neue Verheißungen auf den Markt – und ist dabei mit Versprechungen nicht bescheiden: Hochertragssorten, die den Welthunger stillen oder Pflanzen, die klimabedingte Trockenheit vertragen sollen. Es gibt noch mehr Versprechen; ein neuer Greenpeace-Report unterzieht sie einem Faktencheck. Am Ende bleiben nur noch Mythen übrig – und Risiken.

Kein Modell gegen Hunger

Das wohl populärste Versprechen ist, dass nur die Gentechnik die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sicherstellen könne, da sie höhere Erträge erziele. Fakt ist aber, dass die Erträge in der Vergangenheit immer mit dem Ausgangsmaterial zusammenhingen. Denn die Gentechnik schafft keine komplett neue Pflanze, sondern manipuliert in bestehende Sorten zusätzliche Eigenschaften hinein. Die konventionellen Pflanzen brachten eine mindestens ebenso große Ernte hervor wie ihre genmanipulierten Artgenossen. Europa produziert beispielsweise pro Hektar mehr Mais als die USA auf ihren Gen-Äckern. Aus der Traum vom Exklusivanspruch, die Welt zu ernähren.

Auch die für Afrika versprochenen klima- und schädlingsresistenten Gen-Pflanzen mit hohem Nährstoffgehalt floppten. Die konventionelle Pflanzenzüchtung hingegen hat in 13 afrikanischen Ländern mehr als 150 neue Sorten auf den Markt gebracht, die Dürre besser vertragen. Gentechnik ist für den Hunger keine Lösung: Sie setzt auf wenige Hochertragssorten. Gefragt ist aber eine Vielzahl an Pflanzen, die an die unterschiedlichsten regionalen Bedürfnisse angepasst sind.

Gift für Pflanzen und Tiere

So ist es kein Wunder, dass sich die vermeintlichen Errungenschaften der Gentechnik immer noch auf zwei Eigenschaften reduzieren lassen. Genpflanzen sind entweder herbizidtolerant (85 Prozent aller Gen-Pflanzen) oder pestizidproduzierend – oder beides (28 Prozent der herbizidtoleranten Pflanzen). Die erste Pflanzenart überlebt die Pestizidduschen auf dem Acker, die zweite produziert das Gift gegen Insektenfraß gleich selbst: 24 Stunden am Tag in jeder Zelle.

Auch hier ist die Liste der Pleiten, Pech und Pannen lang: Untersuchungen ergaben, dass sich durch den Anbau von pestizidresistenten Gen-Pflanzen der Einsatz von Spritzmitteln erhöht hat. Herbizidtolerante Gen-Pflanzen können beliebig mit dem passenden Unkrautvernichter gespritzt werden, da sie daran nicht eingehen können. Dadurch entwickeln mit der Zeit immer mehr Wildpflanzen ebenfalls Resistenzen gegen das Gift. Die Folge: mehr sogenannte Unkräuter auf dem Feld. Das führt wiederum zu höheren Dosen Gift oder zu neuen Gen-Pflanzen, die anderen Pestiziden widerstehen. Ein Teufelskreis, der sich auch auf die Artenvielfalt auswirkt. Denn mit den Unkräutern sterben auch Insekten und andere Tiere, die auf Wildpflanzen als Nahrungsquelle angewiesen sind.

Bei den pestizidproduzierenden Pflanzen sieht es nicht besser aus: Die permanente Giftabgabe fördert Resistenzen bei sogenannten Schädlingen und greift auch Nützlinge an. Der Mechanismus ist der gleiche: Anstatt das System in Frage zu stellen, kommen mit anderen Giften ausgestattete Gen-Pflanzen auf den Markt – oder es werden resistente Schädlinge mit der Giftspritze bekämpft.

„Die Agro-Gentechnik hat ihre großen Ziele verfehlt“, sagt Zimmermann. „Ökologische Anbaumethoden und moderne Pflanzenzüchtung sind die längst verfügbaren Innovationen für die Landwirtschaft der Zukunft.“ So brachten konventionelle und Präzisions-Züchtungsverfahren („Smart Breeding“) zahlreiche Pflanzen hervor, die die Gentechnik nicht liefern kann – etwa Sorten, die widerstandsfähig sind gegen Dürren, Salz oder Krankheiten.

Die gebrochenen Versprechen der Agro-Gentechnik

Die gebrochenen Versprechen der Agro-Gentechnik

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