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Amazon deforestation
Greenpeace/ Rodrigo Baleia

Die Zerstörung der letzten Urwälder heizt das Klima auf

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Obwohl Urwälder nur sechs Prozent der Erdoberfläche einnehmen, beheimaten sie zwei Drittel aller an Land lebenden Pflanzen und Tiere. Sie sind Lebensgrundlage indigener Völker, die dort Wasser, Nahrung und Medizin finden. Um die Erderwärmung zu bremsen, müssen Urwälder unter Schutz gestellt werden.

Ein Fünftel aller weltweit freigesetzten Treibhausgase stammt aus der Zerstörung der letzten Urwälder.[2] Indonesien ist durch seine hohen Entwaldungsraten bereits der drittgrößte, Brasilien der viertgrößte Kohlendioxid-Emittent weltweit.[3] In Brasilien wurden allein in den letzten drei Jahren sechs Millionen Hektar Wald vernichtet[4] - alle zehn Sekunden ein Waldstück von der Größe eines Fußballfeldes.

Urwaldzerstörung in den Tropen

In Indonesien werden zurzeit riesige Flächen durch die Forst-, und Palmölindustrie abgeholzt. Ungefähr zwei Millionen Hektar Wald gehen dabei pro Jahr verloren.[5] Allein durch die Entwässerung und Brandrodung wertvoller Torfwälder in Südostasien werden jährlich etwa zwei Milliarden Tonnen Kohlendioxid freigesetzt.

{image_r}Die weltweite Nachfrage nach Palmöl wird sich bis zum Jahr 2020 voraussichtlich verdoppeln. Ein Großteil der neuen Palmölplantagen wird in Feuchtgebieten entstehen, da die Trockengebiete anderweitig genutzt werden. Pro Hektar entwässertem Torfboden (unverbrannt!) werden im Jahr rund 100 Tonnen Kohlendioxid freigesetzt.[6]

Auch die Abholzung des Regenwalds im Kongo nimmt weiter zu. Über 50 Millionen Hektar Regenwald in Zentralafrika sind in der Hand von Holzfirmen. Dies entspricht einer Waldfläche von der Größe Spaniens. Die geplanten Abholzungen sind großteils illegal.

Bis 2006 wurden bereits 17 Prozent des Amazonas-Urwaldes, eine Fläche die Frankreich entspricht, zerstört. Weitere 17 Prozent sind bereits aufgelichtet. Die sehr hohe Entwaldungsrate führt zu einem rapiden Verlust an Artenvielfalt.

Drei Viertel der brasilianischen Treibhausgase stammen aus Entwaldung.[7] Die anhaltende Urwaldzerstörung kann zu ausgeprägteren Dürren in anderen Regionen Brasiliens führen, zu einer verminderten landwirtschaftlichen Produktionskraft mit den entsprechenden sozialen und ökonomischen Folgen.

Klimaschutz ist Urwaldschutz

Die Zerstörung der Urwälder heizt den Klimawandel an. Durch den Klimawandel trocknen die Urwälder aus. Wissenschaftler schätzen, dass bei einem Temperaturanstieg von nur zwei Grad Celsius bis 30 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten aussterben könnten.[8] Der Amazonas-Urwald könnte großflächig versteppen.

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Nichts tun ist teuer

Die Urwaldzerstörung schadet nicht nur den Menschen, Tieren und Pflanzen, die in diesen Wäldern leben. Sie ist auch aus wirtschaftlicher Sicht eine Katastrophe. Der Weltbank-Ökonom Sir Nicolas Stern hat berechnet, dass der Klimawandel die Wirtschaft weltweit um 20 Prozent schwächen könnte.

Stern bezeichnet insbesondere die Drosselung der Entwaldung als einen sehr kosteneffektiven Weg zur Reduzierung von Treibhausgasen. Er schätzt, dass durch Investitionen von zehn bis fünfzehn Milliarden US-Dollar pro Jahr die Hälfte der Treibhausgas-Emissionen durch Entwaldung eingespart werden könnten.[9] Insgesamt würden jährlich bis zu 30 Mrd. US-Dollar für den Erhalt der Biodiversität gebraucht.

Ein internationaler Fonds für den Urwaldschutz

Bisher kommt der Erhalt der Urwälder als kostengünstiger Weg zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen im Kyoto-Protokoll zu kurz. Denn die Auswirkungen der Landnutzungsänderungen, vorwiegend der Abholzung von Primärwäldern, sind fünf Mal so hoch, wie im Kyoto-Protokoll als Ziel angegeben.[10]

Greenpeace fordert daher, dass die Reduzierung der durch Entwaldung zustande kommenden Emissionen (REDD) in der nächsten Phase des Kyoto-Protokolls (ab 2013) ein essenzieller Bestandteil wird. Dafür wird folgendes benötigt:

  • Ein rechtlich verbindliches Abkommen, das Ziele und Zeithorizonte enthält. Freiwillige Systeme reichen nicht aus.
  • Daran muss ein globaler Finanzierungsmechanismus gekoppelt sein, der das Geld von den Industriestaaten zu Urwaldländern transferiert.

Eine erfolgreiche Implementierung erfordert:

  • Einen nationalen Ansatz, um REDD zu kontrollieren, da ein Projektansatz zu viele Schlupflöcher eröffnet.
  • Kein Handel von REDD Krediten in einem internationalen Kohlenstoffmarkt, um sicher zu stellen, dass die vermiedenen Emissionen nicht als Vorwand gebraucht werden, um ungebremst fossile Emissionen in den Industriestaaten zu erzeugen.
  • Volle Beteiligung der Indigenen sowie der lokalen Gemeinschaften um sicher zu stellen, dass deren Rechte und Lebensweise respektiert werden, sowie der ökonomische Nutzen aus dem Walderhalt mit ihnen geteilt wird.

Nach Auffassung von Greenpeace sollten die Annex I - Staaten[11] des Kyoto-Protokolls verpflichtet werden, einen bestimmten Prozentsatz ihrer Reduktionsverpflichtungen in einen Urwaldschutz-Fonds einzuzahlen. Das würde bedeuten, die Reduzierung der Emissionen aus Entwaldung aus dem Kyoto-Markt heraus in Milliarden-Höhe zu finanzieren. Guthaben durch vermiedene Entwaldung wären aber nicht frei handelbar.

Greenpeace fordert:

  • Einen internationalen Finanzierungsmechanismus, der den Entwicklungsländern hilft, die Entwaldung und Degradierung in den letzten intakten Urwäldern zu stoppen.
  • Die Reduzierung der durch Entwaldung zustande kommenden Emissionen (REDD) muss essenzieller Bestandteil der nächsten Phase des Kyoto-Protokolls (ab 2013) werden.
  • Sofortige Moratorien für Entwaldung durch industrielle Aktivitäten in allen Urwaldgebieten, bis Landnutzungspläne entwickelt und umgesetzt sind, die ein globales Netzwerk von Schutzgebieten einschließen.
  • Die Unterstützung und Finanzierung ökonomischer Alternativen zur Abholzung.
  • Das Verbrauchsniveau von Holz und Papier sowie Bioenergien aus den letzten Urwäldern drastisch zu reduzieren. Agrosprit gehört nicht in den Tank. Die hohe Beimischungsquote muss weg.
  • Ein europäisches Urwaldschutzgesetz, das den Handel von Holzprodukten aus illegalem und nicht-nachhaltigen Holzeinschlag verbietet.

Fussnoten:

[1] Houghton, R.A. (2005): Tropical deforestation as a source of greenhouse emissions. In: Tropical deforestation and climate change. Moutinho, P. & Schwartzmann, S. (eds.), IPAM, Belém Brazil & Environmental Defense, Washington CD, USA.

[2] IPCC (2007): Climate Change 2007: Mitigation of Climate Change, Beitrag der Arbeitsgruppe III zum Vierten Bewertungs- bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses über Klimaänderungen, Cambridge, Cambridge University Press.

[3] Indonesia and Climate Change (2007), Bericht, veröffentlicht von der Weltbank und der britischen Regierung, Juni 2007.

[4] PRODES/ INPE, Brazilian Institute of Space Research.

[5] FAO (2005): Forest Resources Assessment.

[6] Cooking the Climate (2007): Greenpeace Report.

[7] Brazilian First Inventory on Greenhouse Gases Emissions (2004), Ministry of Science and Technology.

[8] IPCC (2007), 4th Assassment Report Climate Change 2007: Impacts, Adaption and Vulnerabiliity. Available at http://www.ipcc.ch/SPM13apr07.pdf

[9] London School of Economics and Political Science (LSE), Press and Information Office (29 November 2007): Achieving low-carbon growth for the world - Sir Nicholas Stern on the key elements of a global deal on climate change. www.lse.ac.uk/collections/pressAndInformationOffice/newsAndEvents/archi…

[10] WBCU, 2003 (Sondergutachten): Über Kyoto hinaus denken - Klimaschutzstrategien für das 21. Jahrhundert, S. 54.

[11] Annex I Staaten sind die Länder, die sich zur Emissionsreduzierung verpflichtet haben, hauptsächlich die Industrienationen.

Ende der Gallerie

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