Das Ergebnis der monatelangen Debatte ist mehr als mager. Die Vorschläge für Regeln, wie groß der Abstand zwischen Feldern mit Gen-Pflanzen und anderen Maisfeldern sein soll, reichen nicht aus und widersprechen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Auch die Lösung für die Haftung im Schadensfall ist ungenügend. Mit diesem windelweichen Entwurf werden sich Seehofer und Umweltminister Gabriel wenig Freunde bei Landwirten und Verbrauchern machen,
kommentiert die Greenpeace-Gentechniksprecherin Stephanie Töwe.
Gentechnikfreie Landwirtschaft in Gefahr
So hat man sich in dem neuen Eckpunktepapier auf einen Abstand von 150 Metern zwischen Feldern mit Gen-Mais und herkömmlich oder ökologisch bewirtschafteten Flächen geeinigt. Das reicht selbst Parteikollegen nicht aus. Noch Anfang Februar hatte der CSU-Generalsekretär Markus Söder gegenüber der Berliner Zeitung gesagt: Die geplanten 150 Meter sind eindeutig zu wenig. 300 Meter wäre das Beste. Das schlagen selbst die Hersteller von gentechnisch verändertem Saatgut vor.
Und nicht nur die eigenen Partei-Freunde schlagen Alarm. Gerade auch die ökologisch wirtschaftenden Bauern fürchten, dass ihnen mit den geplanten neuen Regelungen die Existenzgrundlage entzogen wird. So soll es beispielsweise erst bei einer Verunreinigung von mehr als 0,9 Prozent eine Entschädigung geben. Aber bereits ab einer Verunreinigung von mehr als 0,1 Prozent gilt das Produkt als nicht mehr als gentechnikfrei und die Bauern bleiben auf ihren Erzeugnissen sitzen. Außerdem müssen alle Bauern, die das Pech haben ihre Produkte neben Feldern mit Genpflanzen anzubauen, die Kosten für die teuren Labortests selbst tragen.
Seehofer fördert Gentechnik
Auch die Abkehr vom bestehenden öffentlichen Standortregister für Gen-Pflanzen zeigt, dass Horst Seehofer Transparenz, Verbraucherschutz und Wahlfreiheit zwar öffentlich im Munde führt, tatsächlich aber die Gentechnik massiv befördert. Anstelle eines für alle Menschen öffentlichen genauen Registers soll künftig öffentlich nur noch grob bekannt gegeben werden, wo Gen-Pflanzen stehen. Dafür haben die Gen-Bauern dann die Verpflichtung, ihre Nachbarn zu informieren. Um zu überprüfen, ob das wirklich geschieht, ist ein enormer bürokratischer Aufwand nötig.
Das eigentliche Problem für Seehofer ist aber, dass Gen-Mais dieses Jahr gar nicht angebaut werden dürfte, weil die EU-Zulassung grundsätzlich in Frage steht,
sagt Stephanie Töwe. Die EU-Kommission hat zugegeben, dass die Auswirkungen des Anbaus von Gen-Mais nicht ausreichend erforscht sind. Den Landwirten soll offensichtlich ein Saatgut verkauft werden, dessen Sicherheit nicht ausreichend geprüft ist. Wenn Seehofer bei Verbrauchern und Landwirten punkten will, müsste er tun, was seine Parteifreunde in Bayern längst fordern und andere Staaten schon umgesetzt haben: Er muss den Anbau von Gen-Mais stoppen.