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15. Juli 2013: Greenpeace-Aktivisten weisen auf die Gefahr eines Materialbruchs im französischen AKW Tricastin hin
Micha Patault / Greenpeace

Frankreich will abgeschaltete AKW trotz Sicherheitsrisiken wieder hochfahren

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Dieser Winter hat es für Frankreich in sich. Nicht dass er ungewöhnlich streng wäre – aber in unserem Nachbarland wird exzessiv elektrisch geheizt, was den Stromverbrauch in entsprechende Höhen treibt. Und der Strom kommt überwiegend aus Atomkraftwerken. Seit 18 Reaktoren wegen mangelhafter Stahlbauteile vorübergehend stillgelegt werden mussten, drohen Engpässe – und Gewinneinbußen. 

Der Skandal um mangelhaften Stahl im Kernbereich vieler Atomkraftwerke hatte über die französische Grenze hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Als Lieferanten des Fehlermaterials gerieten zwei Unternehmen in den Fokus: die französische Stahlschmiede Le Creusot Forge und das japanische Stahlwerk Japan Casting and Forging Company (JCFC). Betroffen sind zentrale Bauelemente wie beispielsweise Dampferzeuger. 

Damit Weihnachten das Licht nicht ausgeht 

Um die Versorgung zu sichern, hat die französische Atomaufsicht ASN dem Betreiber EdF nun unter Auflagen  erlaubt, nach und nach sieben Reaktoren wieder hochzufahren. Als erstes ging der Meiler Dampierre 3 am 20. Dezember ans Netz, die zwei Reaktoren Gravelines 2 und Tricastin 3 sollen am 23. Dezember folgen. 

EdF hatte in einem ersten Schritt mit einem Ultraschallverfahren untersucht, wie viel Kohlenstoff der mangelhafte Stahl in den Dampferzeugern der sieben AKW enthält. Das ist auch im laufenden Betrieb möglich. Innerhalb der nächsten sechs Monate muss das Unternehmen der Atomaufsicht nachweisen, dass die beanstandeten Stahlteile auch einem thermischen Schock standhalten können. Da eine solche Prüfung nur am ausgebauten Teil möglich ist, soll sie an baugleichen Elementen derselben Firma, in diesem Fall JCFC, durchgeführt werden. 

Thermischer Schock durch Notkühlung

Alle Reaktoren mit dem Kohlenstoffproblem verstoßen gegen die französischen und europäischen Vorschriften für sogenannte Druckkomponenten der Klasse 1. Das heißt, ihre Stahlelemente enthalten zu viel Kohlenstoff, das Material ist versprödungsanfällig.

Unter den extremen Bedingungen in einem AKW kann das katastrophale Folgen haben, zum Beispiel wenn bei einer Notkühlung kaltes Wasser in den extrem erhitzten Kreislauf geleitet wird. Hält der Stahl einem solchen thermischen Schock nicht stand, kommt es schlimmstenfalls zur Kernschmelze.

Für die AKW, die jetzt wieder ans Netz gehen, steht dieser Sicherheitsnachweis aus. Die Inbetriebnahme ist deshalb hoch riskant. „In Frankreich läuft es derzeit nach dem Motto: Wenn AKW den Sicherheitsstandards nicht entsprechen, dann werden eben die Standards heruntergeschraubt“, sagt Susanne Neubronner, Greenpeace-Expertin für Atomkraft. „Hier wird die Angst vor Stromengpässen über die Sicherheit der Menschen gestellt.“ 

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