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Probenahme am Strand
Björn Jettka / Greenpeace

Paraffinfunde an der Nordseeküste

Wer in Norddeutschland am Strand spazieren geht, findet dort so einiges: Treibholz, Muscheln, viel zu viel Plastikmüll – und in letzter Zeit auch vermehrt Paraffinklumpen. In den vergangenen Wochen wurden zum Teil melonengroße Kugeln am Strand angeschwemmt: Einige der weißlichen Brocken stammen wahrscheinlich aus Tankauswaschungen von Schiffen. Nachdem die ihre Ladung im Hafen gelöscht haben, werden die Tanks erst auf See gründlich gereinigt, durch die Strömung gelangen die Stoffe bis ins Wattenmeer. Andere Funde mit scharfen Abbruchkanten stammen wohl von zerbrochenen Paraffinplatten, die in Containern transportiert werden – immer wieder verlieren Schiffe bei Seegang Teile ihrer Ladung in der Nordsee.

Tankwaschungen außerhalb der 12 Seemeilen-Zone sind unter bestimmten Voraussetzungen noch immer erlaubt – und dennoch riskant. Warum eigentlich? Paraffine werden in der EU-Chemikalienverordnung als ungefährlich für Mensch und Umwelt eingestuft. Die meisten kennen den Stoff im Alltag als Kerzenwachs, er wird allerdings auch in Pflegemitteln und Kosmetika eingesetzt. Das Problem ist meistens ein anderes. “Wenn es an den Küsten rumliegt, bröseln sich diese kleine Stücke auf und Tiere nehmen diese dann zu sich”, sagt Daniela Herrmann, Umweltwissenschaftlerin bei Greenpeace. “Dadurch entsteht zum Beispiel bei Vögeln ein Sättigungsgefühl im Magen, was wiederum gefährlich sein kann.” Das Phänomen ist ähnlich wie beim Plastikmüll: Tiere verwechseln die unverdaulichen Stoffe mit Nahrung und verhungern dann letztlich mit vollem Magen. 

Schutz fürs Wattenmeer

Paraffinfunde an deutschen Küsten sind nicht unbedingt selten. Nach Medienberichten, dass auf den ostfriesischen Inseln Langeoog, Spiekeroog und Borkum eine ungewöhnlich große Menge weißer Klumpen angespült wurde, hat ein Greenpeace-Team an der Nordseeküste eigene Proben genommen: am 30. April in Butjadingen, wenige Tage nach den ersten Meldungen über Funde auf den Ostfriesischen Inseln, und am 14. Mai bei St. Peter-Ording und Friedrichskoog. Laboruntersuchungen der Umweltschutzorganisation bestätigen, dass es sich bei den Funden tatsächlich überwiegend um Paraffine handelt.

Nun muss geklärt werden, woher diese Einleitungen in die Nordsee stammen. Handelt es sich bei dem gefundenen Paraffin tatsächlich um Rückstände aus Tankreinigungen? Die genaue Bestimmung der chemischen Zusammensetzung kann dabei helfen, potenzielle Quellen einzugrenzen – und Bilder wie auf den ostfriesischen Inseln in Zukunft zu verhindern. “Das Wattenmeer ist ein weltweit einzigartiges Ökosystem und es sollte nicht durch Industrieprodukte verschmutzt werden”, sagt Daniela Herrmann. Die bestehenden Regelungen müssen aus ihrer Sicht deutlich nachgeschärft werden: “Solche Tankwaschungen, die unter bestimmten Voraussetzungen noch möglich sind, sollten nicht mehr auf See gemacht werden dürfen. Die Paraffinreste müssen kontrolliert bereits in den Häfen entsorgt werden.” 

Greenpeace recherchiert unter anderem mit chemischen und physikalischen Laboranalysen weiter zum Ursprung der Verschmutzung – damit sie in Zukunft vermieden werden kann.

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