Greenpeace-Klage zeigt: BMWi verletzt gesetzliche Pflichten
Wirtschaftsministerium hat Bundestag entscheidendes Gutachten zur Energiesicherheit vorenthalten
Wirtschaftsminister Brüderle hat den Bundestag vor der Abstimmung bewusst im Dunkeln gelassen. Mit dem Vorenthalten des brisanten Gutachtens hat der Minister eine Rechtschutzlücke, also ein Defizit bei der Durchsetzung von Recht, eiskalt ausgenutzt
, sagt Tobias Münchmeyer, Energieexperte von Greenpeace. Wäre der Bericht im Juli korrekt vorgelegt worden, hätte er der Laufzeitverlängerung die wichtigste Grundlage entzogen. Die Daten hätten somit entscheidenden Einfluss auf das Abstimmungsverhalten im Bundestag haben können.
Das Wirtschaftsministerium ist laut Energiewirtschaftsgesetz dazu verpflichtet, alle 24 Monate bis spätestens zum 31. Juli des entsprechenden Jahres den Bericht über die Versorgungssicherheit im Bereich der leitungsgebundenen Elektrizitätsversorgung zu veröffentlichen und diesen unverzüglich an die Europäische Kommission zu übermitteln. Aus diesem Monitoring-Bericht lässt sich ableiten, ob die zukünftige Stromversorgung Deutschlands auch ohne Laufzeitverlängerungen bei Atomkraftwerken gesichert ist. Da das Versäumnis des Ministeriums als Amtspflichtverletzung gilt, hatte Greenpeace am 23. August eine Verpflichtungsklage zum Gesetzesvollzug eingereicht. Der Klage wurde heute nur deshalb nicht stattgegeben, weil nicht anerkannt wurde, dass Greenpeace durch die Zurückhaltung des Berichts in eigenen Rechten verletzt sein könnte.
Laufzeitverlängerung auf mangelhafter Datenbasis beschlossen
Der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ist durch Manipulation, Täuschung und Geheimverträge der Weg bereitet worden. Eine derartige politische Kultur ist in einer modernen Demokratie nicht hinnehmbar. Die Menschen werden dadurch betrogen. Greenpeace wird solches Fehlverhalten von Politikern weiterhin anprangern und bekämpfen
, so Münchmeyer.
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hatte unter anderem das von den Energiekonzernen RWE und E.ON finanzierte Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln (EWI) damit beauftragt, die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung zu berechnen. Für diese Berechnungen konnte nicht auf die Ergebnisse des zurückgehaltenen Monitoring-Berichtes zurückgegriffen werden.