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Das Rondel des Brüsselers Robert-Schuman-Platzes war heute Mittag gut gefüllt: In Sichtweite zum Gebäude der Europäischen Kommission brachten mehr als 200 Menschen Jean-Claude Juncker, dem Chef der EU-Kommission, ein Geburtstagsständchen und ein ganz besonderes Geschenk: die Unterschriften von genau 1.101.539 Bürgerinnen und Bürgern der EU.
Mit der Übergabe fordern die Menschen Juncker auf, die Verhandlungen zwischen der EU und den USA zum Freihandels- und Investitionsabkommen TTIP zu stoppen. Außerdem soll die EU CETA, das vergleichbare Abkommen mit Kanada, nicht ratifizieren. Juncker erschien allerdings nicht persönlich; ein Double nahm die Unterschriften und einen Geburtstagskuchen entgegen.
Mehr als eine Million Stimmen in Rekordzeit
Die Unterschriften waren seit Anfang Oktober im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) gesammelt worden. Die selbstorganisierte EBI ist die Antwort der europäischen Zivilgesellschaft auf die Ablehnung einer offiziellen Initiative durch die Brüsseler EU-Kommission. Auch Greenpeace unterstützt die EBI und sammelt Unterschriften. Sie hält sich an offizielle EBI-Rahmenbedingungen und konnte in Rekordzeit die dadurch vorgegebene Zahl von mehr als einer Millionen Stimmen erreichen. In Deutschland, Großbritannien, Slowenien, Finnland, Österreich, Luxemburg und Frankreich stimmte außerdem in nur zwei Monaten der notwendige prozentuale Anteil der Bevölkerung gegen die geplanten Abkommen.
„Dass in kurzer Zeit mehr als eine Millionen Menschen in Europa ihre Stimme erhoben haben gegen Freihandelsabkommen, die zu Lasten von Transparenz und Demokratie, der Umwelt, des Verbraucherschutzes und von Arbeitsplätzen gehen, ist ein großer Erfolg“, sagt Jürgen Knirsch, Greenpeace-Experte für Handel. „Dieser Erfolg wiegt umso mehr, weil die Stimmen aus mehreren EU-Staaten kamen. Das ist eine Ermutigung, weiterzumachen und nun gestärkt die nächste Millionen Unterschriften zu sammeln“.
Versprechen über mehr Transparenz
Bei der Geburtstagsparty in Brüssel fehlte nicht nur Juncker selbst; auch Handelskommissarin Cecilia Malmström war nicht anwesend. Sie ist noch in Washington bei einem Treffen mit dem US-Handelsbeauftragen Michael Froman; mit ihm bespricht sie dort den weiteren Fortgang der derzeit stockenden TTIP-Verhandlungen. Dabei war ursprünglich noch für dieses Jahr das achte Treffen für die beiden vollständigen Verhandlungsteams vorgesehen. Doch die sollen nun erst im Februar zusammenkommen. Handelskommissarin Malström, seit gut einem Monat im Amt, hat kürzlich die Bezeichnung „frischer Start für TTIP“ in die Debatte eingeführt. Damit will sie sich von ihrem Vorgänger de Gucht und dessen Stil absetzen. So kündigte sie etwa mehr Transparenz gegenüber der Zivilgesellschaft, dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten an. Auch dieses Versprechen Malströms zeigt, wie stark die EU-Kommission unter Druck geraten ist.
Während die TTIP-Verhandlungen der zuständigen EU-Kommission offiziell erst im Februar fortgesetzt werden, holt das Europäische Parlament auf. Dessen Handelsausschuss hat jüngst einen ambitionierten Zeitplan vorgelegt, der bereits für den Mai 2015 eine Resolution des Parlamentes zu den Verhandlungen vorsieht. Zu erwarten ist, dass dieser Beschluss sich kritisch mit TTIP auseinandersetzen wird. Auch deshalb ist es notwendig, dass die selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative ihren Druck aufrechterhält.
Unterstützen auch Sie die EBI mit Ihrer Unterschrift und machen Sie auf die Initiative aufmerksam: www.ttip-unfairhandelbar.de