Finanzrisiko Atomenergie
- Ein Artikel von Michael Weiland
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Atomenergie ist ein volkswirtschaftliches Risiko, so eine aktuelle Greenpeace-Studie. Die Rechnung für unkontrollierte Kostensteigerungen und massive Verzögerungen begleichen die Steuerzahlenden.
Atomkraftwerke lohnen sich eigentlich nur, wenn der Staat Sicherheiten gibt und bei Finanzierungslücken mit Steuergeld einspringt - das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die Greenpeace in Auftrag gegeben hat. Die Verfasser der Studie haben dabei unterschiedliche Finanzierungsmodelle miteinander verglichen und kommen zum Schluss, dass bei jeder Variante letztlich die Steuerzahlenden für unrentable Atomkraftmeiler haften. Deren Geld fließt damit nicht in den Ausbau erneuerbarer Energien oder soziale Projekte.
Die ohnehin hohen Kosten vervielfachen sich nicht selten durch Bauverzögerungen und andere Budgetüberschreitungen: Der Reaktor Flamanville 3 in Frankreich etwa kostete mit 13,2 Milliarden viermal so viel wie erwartet, und der Bau dauerte 17 Jahre statt der geplanten fünf. Hinkley Point C in Großbritannien ist bis heute nicht fertig gebaut, liegt weit über Zeitplan und um das Doppelte über dem geplanten Budget. Zu den offenkundigen finanziellen Problemen treten die schwankende Akzeptanz in der Bevölkerung und geopolitische Faktoren: So sind viele EU-Länder beim Betrieb ihrer Atomkraftwerke abhängig von russischen Brennelementen.
Die wichtigsten Punkte der Studie:
- Äußerst unzuverlässige Atomkraftwerksprojekte führen zu schwindendem Interesse bei Investoren.
- Atomkraft ist nur dann rentabel, wenn Regierungen es wollen - und finanziell einspringen.
- Die finanziellen Risiken liegen beim Steuerzahler.
- Kleine modulare Reaktoren sind keine Lösung, sondern reproduzieren dieselben alten Probleme - sie sind unwirtschaftlich und produzieren ebenfalls radioaktiven Müll.
- Das Geld ist in kostengünstigen Alternativen, den Erneuerbaren, weit besser angelegt.
- Finanzielle Abhängigkeit schafft geopolitische Risiken - etwa durch die Beteiligung von Rosatom an europäischen AKW.
EU plant weitere Investitionen in Atomenergie
Greenpeace veröffentlicht den Report bevor die Europäische Investitionsbank am Freitag zu ihrer jährlichen Generalversammlung zusammentritt. Die Teilnehmenden, darunter auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), legen dort den strategischen Investitionsfahrplan für die Jahre 2024 bis 2027 fest, dabei geht es auch um neue Atomenergieprojekte. Interessanterweise nahm Lindner bereits 2022 eine der Kern-Schlussfolgerungen des Reports vorweg: „Eine Energiequelle, die nur etabliert werden kann, wenn der Staat in die Haftung geht, die zeigt schon marktwirtschaftlich an, dass es sich nicht um eine nachhaltig verantwortbare Energiequelle handeln kann.“ Dennoch halten Länder wie Großbritannien, Frankreich oder die Niederlande an der unwirtschaftlichen Atomkraft fest - vorgeblich, um ihre Emissionsziele zu erreichen, dabei ist der Ausbau erneuerbarer Energien zu diesem Zweck weit einfacher und kostengünstiger.
Erstmals plant die EIB, auch die Entwicklung sogenannter kleiner modularer Reaktoren (“small module reactors”, kurz SMRs) zu unterstützen.
Der Stimmenzuwachs für rechtspopulistische Parteien bei der EU-Wahl am 9. Juni bedeutet auch mehr Gewicht für die Atomkraftbefürworter:innen im Parlament. “Der Rechtsruck im EU-Parlament kann die Gefahren der Atomkraft zusätzlich erhöhen. Sie ist sogar dann schädlich, wenn kein Unfall passiert und wir die Ewigkeitslasten der Hochrisikotechnologie ausklammern”, sagt Heinz Smital. “Das hohe finanzielle Risiko tragen die Steuerzahlenden mit Geld, das dann beim Ausbau nachhaltiger Energiequellen oder sozialen Projekten fehlt.”