
Wir fordern: Der Kellerwald muss zu einem Nationalpark werden!
- Hintergrund
Deutschland zählt zum Kerngebiet des nur in Europa vorkommenden Rotbuchen-Waldes. Obwohl den Bundesbürgern die Rotbuche als heimische Baumart vertraut ist, gibt es heutzutage in Deutschland nur noch wenige große und unzerschnittene Altbuchen-Wälder.
Ein solches Waldgebiet ist der Kellerwald, ein 5724 Hektar großer, ökologisch äußerst wertvoller Buchenwald, der sich in der nordhessischen Region Waldeck-Frankenberg am Eder-Stausee südwestlich von Kassel befindet. Das Waldgebiet mit seinen teilweise über 200 Jahre alten Baumbeständen zählt zu den letzten großen, unzerschnittenen Laubwaldgebieten Mitteleuropas.
Als Jagdrevier war der Kellerwald in den letzten zweihundert Jahren fast ganz von Forsteingriffen ausgenommen. So konnte sich ein einmaliges, urwaldartiges Ökosystem mit sehr altem Baumbestand entwickeln. Zahlreiche Kellerwald-Buchen wurden zum Teil noch zu Zeiten Napoleons angepflanzt. Der Buchenwald ist die Heimat von seltenen Tier- und Pflanzenarten: Die Artenvielfalt reicht vom Schwarzstorch bis zum Hirschkäfer, von der Wildkatze bis zum Rothirsch, von der Pfingstnelke bis zu seltenen Orchideen, vom Uhu bis zu zahllosen Insekten- und Pilzarten.
Nur 0,8 Prozent der Waldfläche in Deutschland ist noch frei von menschlicher Holznutzung. Obwohl der Rotbuchenwald der prägendste Waldtyp hierzulande ist, gibt es kein großräumiges Schutzgebiet für ihn. Der Kellerwald bietet ideale Voraussetzungen, diese Lücke in Form eines Nationalparks zu füllen: ein großes, nicht durch Straßen oder Siedlungen durchschnittenes Waldgebiet mit sehr altem Baumbestand, das zudem zu 99 Prozent in Staatsbesitz ist.
Nationalpark: Dauerhafter Prozess-Schutz ohne Eingriff des Menschen
Nationalparks umschließen großräumige natürliche oder naturnahe Landschaften, in die der Mensch weder lenkend noch nutzend eingreift. Die Lebensgemeinschaften und Ökosysteme sollen sich ausschließlich nach den natürlichen Gesetzmäßigkeiten entwickeln. In Nationalparks sind daher forstwirtschaftliche Eingriffe wie Einschlag, Pflanzung oder Waldpflege untersagt. Alte Bäume dürfen ungestört absterben, junge Bäume wachsen unter dem Schutz des Altbestandes, der Waldboden bleibt unverändert. An großen, abgestorbenen Altbäumen entwickeln sich spezielle Lebensgemeinschaften (Pilze, Insekten, Vögel u.a.), die nur dort zu finden sind.
Mindestens drei Viertel der Fläche müssen vollständig ungenutzt bleiben, wenn das Gebiet auch international als Nationalpark anerkannt werden soll. Je größer das Schutzgebiet ist, umso weniger beeinflussen störende Einflüsse aus Kultur-Randgebieten die Entwicklung des Waldes. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, stehen Nationalparks für naturnahe Erholung und die Begegnung mit ursprünglicher Natur offen. Sie dienen in einzigartiger Weise der naturkundlichen Bildung: Die Erfahrung eines vom Menschen unbeeinflussten, ursprünglichen Waldes fördert das Naturverständnis stärker als jede Kulturlandschaft. Für die Region bedeutet dies zugleich wirtschaftlichen Nutzen durch sanften Tourismus, Naturschutzveranstaltungen, wissenschaftliche Kongresse und ähnliches. Greenpeace setzt sich nachdrücklich für den konsequenten und langfristigen Schutz des Kellerwaldes ein.
Nationalpark Kellerwald - Greenpeace fordert konsequenten Schutz
Die Fläche eines Kellerwald-Nationalparks würde gerade einmal 0,05 Prozent der deutschen Waldfläche entsprechen. Von der Einführung eines Nationalparks wären praktisch keine Privateigentümer betroffen; innerhalb des Waldes liegen keine Dörfer. Das Gebiet war ursprünglich Wildschutzgebiet, heute ist es aufgrund seiner ökologischen Einzigartigkeit offiziell als Waldschutzgebiet von internationaler Bedeutung gemäß der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) vorgeschlagen.
Die CDU-Landesregierung - allen voran Ministerpräsident Koch und Umweltminister Dietzel - will den einzigartigen Buchenbestand des Kellerwaldes nicht unter den internationalen Schutz eines Nationalparks stellen. Hessen ist das mit 42 Prozent Waldanteil waldreichste Bundesland. Für Greenpeace ist es unverständlich und inakzeptabel, dass eine zusammenhängende Fläche von knapp 6000 Hektar nicht langfristig für Naturschutzzwecke aus der forstlichen Nutzung genommen und damit nationalen und internationalen Naturschutzforderungen nicht konsequent Rechnung getragen wird.