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Müll in der Bucht von Manila

Müllteppich im Uhrzeigersinn

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Müll im Meer ist kein neues Phänomen. Das Problem bekommt jedoch eine neue Dimension, wenn man sich die gigantischen Mengen des im Meer treibenden Mülls vor Augen führt. Zivilisationsmüll in Form von Plastikprodukten gilt als besonders gefährlich: Seine Langlebigkeit von bis zu 450 Jahren, die verheerenden Konsequenzen für die Tierwelt und seine Eigenschaft, als Giftschwamm Chemiegifte zu speichern, machen Plastikmüll zu einer akuten und anwachsenden Bedrohung für die Ozeane. 

Seit Jahrtausenden werfen die Menschen ihren Dreck ins Meer. Solange dieser Dreck mengenmäßig überschaubar und aus biologisch abbaubaren Substanzen bestand, war diese Tatsache sicherlich oftmals nicht schön, allerdings sorgten Bakterien, Wellenschlag und UV-Licht für eine schnelle Eingliederung der Einzelbestandteile in den endlosen Kreislauf des Lebens.

Dies änderte sich schlagartig mit der Einführung langlebiger Plastikprodukte wie Flaschen, Verpackungen, Feuerzeuge schlicht allem, was sich aus den leicht formbaren Erdölprodukten herstellen ließ. Weltweit werden jährlich 125 Millionen Tonnen Kunststoff produziert. Auch der daraus entstehende Müll landet schließlich zu einem großen Teil im Meer.

Plastik löst sich nach der Nutzung als Zivilisationsprodukt jedoch nicht einfach in seine Bestandteile auf. Im Gegenteil: Manche Plastikkomponenten brauchen bis zu 450 Jahre für eine Zersetzung. Laut einer Studie des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP) treiben derzeit bis zu 18.000 Plastikteile in jedem Quadratkilometer der Weltozeane.

Der Müll, der sich im immer gleichen Kreise dreht

Obwohl Plastikmüll weltweit in den Ozeanen schwimmt, gibt es Regionen, in denen sich der Müll besonders stark konzentriert. Ein solcher Brennpunkt liegt im Nordost-Pazifik zwischen den Inseln Hawaiis und dem amerikanischen Festland. Dort erzeugt ein riesiges Hochdruckgebiet einen gigantischen Meeresstrudel, der sich im Uhrzeigersinn dreht und sich aus dem Kreislauf aufsteigender warmer subtropischer Luftmassen und absinkender kühlerer Luftmassen speist.

Anders als an den Küsten, wo die Meeresströmung stark vom Küstenverlauf beeinflusst wird, ist die Strömung im freien Ozean abhängig von den direkt darüber liegenden Luftmassen. Auf diese Weise entsteht - tausende Seemeilen vom Festland entfernt - ein gigantischer Meereswirbel. Wird der im Meer treibende Müll von der Strömung erfasst, bleibt er nach Angaben der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) bis zu 16 Jahre in diesem Gebiet.

Die Folge ist ein gigantischer, nahezu geschlossener Müllteppich, der mittlerweile die Größe Zentraleuropas erreicht hat. Japanische Wissenschaftler sagen voraus, dass jedes in den Nordpazifik eingebrachte Plastikteil über kurz oder lang in diesem Müllstrudel endet.

Plastik als Giftschwamm

Wasserunlösliche, giftige Substanzen wie DDT oder PCB docken im Wasser an die Oberfläche des treibenden Plastikmülls an. Wissenschaftler wiesen eine millionenfach erhöhte Konzentration dieser Dauergifte (Persistent Organic Pollutants, POPs) an Plastikpartikeln im Vergleich zum umgebenden Meerwasser nach.

Meerestiere, die dieses Plastik mit Nahrung verwechseln und fressen, speichern die Gifte in ihrem Körper. Über Beuteorganismen erreicht die Giftbelastung auch ihre Jäger. Menschen und Tiere am Ende der Nahrungskette erhalten die höchste Dosis dieser Gifte.

Folgen für die Tierwelt

Der Plastikmüll stellt für viele Meerestiere eine elementare Bedrohung dar. Meeressäuger verstricken sich in abgerissenen Fischernetzen, Seevögel ersticken in den Plastikringen von Sechserpackträgern. Plastik im Meer wird zudem von Hochseevögeln wie Albatross und Eissturmvogel mit Nahrung verwechselt. Die Tiere verhungern und verdursten, da die Plastikteile ihre Mägen verstopfen und keinen Platz mehr für Flüssigkeit und echte Nahrung lassen. Zudem wird der Plastikmüll an die Nachkommen verfüttert, denen das gleiche Schicksal droht.

Mittelbar trägt das Plastik so zum Tod der Vögel bei, da deren Kondition massiv geschwächt wird. Europäische Wissenschaftler fanden während einer Studie in 97 Prozent der untersuchten Nordsee-Eissturmvögel Plastikteile in den Mägen. Zwei von fünf Layson-Albatross-Küken sterben auf einer der hawaiianischen Inseln innerhalb der ersten sechs Lebensmonate, da ihr Magen zwar gefüllt und ihr Hunger gestillt ist, ihre Hauptnahrung aber aus Plastik besteht und keinerlei Nährstoffe enthält.

Greenpeace vor Ort

Auf seiner 15 monatigen SOS-Weltmeer-Tour fährt das Greenpeace-Schiff Esperanza im Oktober 2006 zur Dokumentation der Müllbelastung in jene Region im Nordost-Pazifik, in der der gigantische Müll-Mahlstrom im offenen Meer treibt. In unmittelbarer Nähe des Müllstrudels wird das größte Meeresschutzgebiet der Welt, das Seegebiet der Nordwestlichen Inseln Hawaiis, mit den dazu gehörigen Inseln akut durch den im Wasser treibenden Müll bedroht. Diesem über 250.000 Quadratkilometer großen Unterwasserparadies hat die Bush-Administration im Sommer 2006 höchste Schutzkategorie gegeben.

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