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Christoph Then, Patentexperte bei Greenpeace, nennt das Votum des Rates einen großenteils unausgereiften Schnellschuss: Es wäre wesentlich besser gewesen, wenn der Ethikrat sich mehr Zeit genommen hätte, sich grundlegend mit der Materie zu befassen. Das Votum mag vielleicht der Bundesregierung gefallen. In der Diskussion bestehen und überzeugen kann es aber kaum.
Auch aus der hohen Anzahl von Experten, die das so genannte "weiter gehende Votum" unterstützen, schließt Then, dass der Ethikrat kein Papier von überzeugender Qualität vorgelegt hat. Then kritisiert etliche Versäumnisse:
Zentrale Problembereiche wie die Patentierung von Tieren und Pflanzen wurden gar nicht untersucht. Fragen, die den Menschen betreffen, wurden zum Teil nur sehr oberflächlich behandelt. Patente auf menschliche Organe und menschliche Keimzellen, wie Sperma und Eizellen, blieben ganz ausgespart. Patente auf menschliche Embryonen sieht der Nationale Ethikrat auf europäischer Ebene sogar als zulässig an.
Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Greenpeace hat am 3. Oktober aufgedeckt, dass das Europäische Patentamt (EPA) im November 2003 ein Patent auf menschliches Sperma erteilt hat. Dieses Patent EP 1196153 bezieht sich auf ein technisches Verfahren, eine Behandlung des Samens mit chemischen Substanzen, um die Erfolgsrate bei der künstlichen Befruchtung zu erhöhen. Patentiert wurde aber auch das Sperma selbst. Die Einspruchsfrist ist mittlerweile verstrichen, das Patent rechtskräftig erteilt. Es gilt in 25 Staaten einschließlich Deutschlands. So werden Fakten geschaffen.
Ein weiterer Kritikpunkt: Die Debatte um die Reichweite von Patenten auf menschliche Gene wurde weitgehend auf der Basis falscher Annahmen geführt. Der Ethikrat geht davon aus, dass Patente auf menschliche Gene, die alle Anwendungen der Gen-Sequenz umfassen, kaum noch erteilt werden. Das hält Then aufgrund seiner Nachforschungen für einen Fehler. Greenpeace hat allein im Jahr 2003 einhundert Fälle von Patenten auf menschliche Gene dokumentiert.
In diesem Zusammenhang kritisiert Then auch, dass die Probleme von Patienten, die Träger von patentierten Genen sind, ausgespart wurden. Diese Patienten, sagt er, können für 20 Jahre in eine forschungspolitische Abhängigkeit von den Patentinhabern geraten, die Forschung und Entwicklung an den Genen maßgeblich bestimmen können.