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Kinder in Outdoor-Kleidung am Hafen in Hamburg.
Bente Stachowske / Greenpeace

Zu viel Chemie

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Das Umweltbundesamt (UBA) hat 15 Jacken getestet und festgestellt, dass aus der Kleidung polyfluorierte Chemikalien ausdünsten können. Zu ähnlichen Ergebnissen war auch Greenpeace in den Jahren 2012 und 2013 gekommen.

Neu an der vom UBA veröffentlichten Studie sind die durchgeführten Messungen im Waschwasser von Outdoorjacken. Poly- und perfluorierte Chemikalien (PFC), die nicht fest mit dem Stoff verbunden sind, werden offenbar nahezu vollständig in der Waschmaschine herausgelöst. Der Verbraucher allerdings weiß nicht, dass er mit seiner Haushaltswäsche zur Verunreinigung der Gewässer beiträgt. Die PFC, die mit dem Abwasser in die Kläranlagen gelangen, können dort nicht vollständig herausgefiltert werden. Dies betrifft in erster Linie Mensch und Umwelt in den asiatischen Produktionsländern. In China, Taiwan und anderen Ländern können erhebliche Mengen von PFC in die Luft entweichen, die Chemikalien werden in Flüsse, Bäche und Seen gespült.

Diese Chemikalien sorgen für die wasserabweisende Wirkung der Jacken, sind aber offenbar nicht zu 100 Prozent im Gewebe der Jacke verankert. Das hat zur Folge, dass PFC während der Lagerung und der Nutzung von Outdoor-Jacken ausdünsten können. Greenpeace hatte dies 2013 mit einem Prüfkammertest bewiesen. Auch das UBA kommt mit der neuen Studie, mit der die Hochschule Fresenius in Idstein und Köln beauftragt worden war, zu diesem Ergebnis. Untersuchungen anderer Insitute wie Messungen in Outdoor-Läden belegen, dass dies zu erhöhten PFC-Konzentrationen in der Raumluft führen kann.

Zweifelhafte Alternativen der Outdoor-Industrie

Die Bemühungen der Outdoor-Industrie, die für Umwelt und Gesundheit besonders gefährlichen langkettigen Chemikalien durch kurzkettige fluorierte Substanzen zu ersetzen, sind auch nach Ansicht des UBA kritisch zu betrachten. Denn bislang kann niemand die Wirkung dieser langlebigen Stoffe vorhersagen. Bewiesen ist aber, dass alle einmal in die Umwelt freigesetzten PFC sich nicht oder nur ausgesprochen langsam abbauen.Dabei erweisen sich die von der Outdoor-Branche derzeit als "Alternative" eingesetzten kurzkettigen PFC als besonders mobil. Sie gelangen besonders schnell über Böden, Grundwasser und Luft bis in entlegenste Gebiete der Erde und in die Nahrungskette von Tier und Mensch. PFC werden auf allen Kontinenten im menschlichen Blut, aber auch in Organen von Eisbären und  Pinguinen nachgewiesen.

Textil-Industrie gibt Selbstverpflichtung ab

Greenpeace fordert seit 2011, dass gefährliche Chemikalien wie die jetzt vom UBA untersuchten PFC aus der Textilproduktion verschwinden. Eine ganze Reihe bedeutender Unternehmen aus der Mode-Branche, aber auch aus dem Sportartikelsektor haben sich dem angeschlossen und Selbstverpflichtungen veröffentlicht. Darin versprechen sie, bis 2020 alle bedenklichen Chemikalien - darunter auch PFC - aus der Produktion verbannt zu haben.Zuletzt hat der Sportartikel-Hersteller Adidas einen glaubwürdigen Zeitplan für die Eliminierung von PFC aus allen seinen Produkten vorgelegt. Zuvor hatten Greenpeace-Aktivisten weltweit vor Adidas-Läden demonstriert.Auch im klassischen Outdoor-Sektor unternehmen einige Firmen mittlerweile große Anstrengungen, PFC durch umweltverträglichere Alternativen zu ersetzen. Der Verbraucher muss dabei in der Regel keine großen Abstriche in der Funktionalität seiner Outdoor-Jacken hinnehmen.Wir sollten allerdings darüber nachdenken, welchen Ansprüchen unsere Kleidung genügen muss. Wasserdichtigkeit und guter Tragekomfort sind auch mit PFC-freien Werkstoffen hinzubekommen. Vielleicht lässt sich nicht jeder Sonnencreme-Rest sofort rückstandslos entfernen und nicht jede Jacke ist für die Himalaya-Expedition geeignet. Das muss sie bei einem Spaziergang im hamburger Regen aber auch nicht sein.

Mehr über unsere Detox-Kampagne erfahren Sie hier: Zeit zu entgiften.

Autoren: Manfred Santen und Matthias Stelte

Datum
Müllhalde mit Kühen in Ghana

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